Mehr als 100 Werke deutscher Künstler und Künstlerinnen hat das Schauwerk Sindelfingen unter dem Titel „Heimvorteil“ versammelt. Der neue Blick in die Sammlung Schaufler versucht einen Überblick über das deutsche Kunstschaffen der vergangenen 60 Jahre.

Sindelfingen - Schwarz, Rot und Glitzerpaste zeigen, wo es lang geht. Die Deutschlandfahne, die Josephine Meckseper mit Bling-Bling im Goldstreifen umgemodelt hat, ist das Aufmacherbild zur neuen Sammlungspräsentation im Sindelfinger Schauwerk. Die Direktorin Barbara Bergmann setzt diesmal allein auf Künstler, deren Wurzeln in Deutschland liegen oder lagen. Doch den „Heimvorteil“, wie sich die Ausstellung nennt, wissen die rund hundertdreißig Arbeiten nicht zu nutzen, obwohl von der Nachkriegsavantgarde bis in die jüngste Vergangenheit große Namen aufgeboten werden. Ein monumentales Nagelrelief von Zero-Altmeister Günther Uecker trifft auf den morbiden Symbolismus eines Anselm Kiefer, ein hölzerner Allerweltskerl von Stephan Balkenhol wacht über Konkret-Konstruktivistisches wie Thomas Lenks räumlich gestaffelte Quadratplatten oder Manfred Mohrs animierte Geometrien.

 

Was all dem indes fehlt, ist der kuratorische Kitt, also die inhaltliche Perspektive, die im Spiegel der Kunst etwas aufzeigt. Seien es Wandlungen in Gesellschaft und Kultur, seien es stilistische Entwicklungslinien oder Materialfragen. Selbst auf die einfachste Ordnungsmöglichkeit, die Chronologie, hat man in Sindelfingen verzichtet. Als wäre es nur darum gegangen, die Ausstellungsräume vollzukriegen.

Wo bleibt die Beziehung zwischen den Werken

Gewiss ist die Frage nach nationalen Charakteristika in Zeiten globaler künstlerischer Austauschprozesse schwierig zu beantworten. Aber das buchhälterische Nebeneinander versucht nicht einmal, zwischen den Werken Beziehungen herzustellen. Dabei wäre das Potenzial zu einer kommunikativen Vernetzung durchaus dagewesen. Zum Beispiel bei den weißen Reinräumen des Stuttgarter Malers Ben Willikens. Greifen sie nicht unter dem Vorzeichen der neoklassizistischen Architekturfantasie jene verknappten Volumina auf, mit denen Minimalisten wie Christoph Freimann Raum und Fläche füllen? Und wenn Georg Baselitz in seinem imposanten Kopfstehgemälde „Die Arbeiter marschieren voran“ den sozialistischen Realismus aufs Korn nimmt, hätte das doch einen Anlass geboten, über die künstlerischen Echos der deutsch-deutschen Teilung nachzudenken.

Stattdessen langweilt man sich vor der endlosen Farbfeldserie Günther Förgs oder den flächigen Reduktionen Georg Karl Pfahlers, deren poppige Reize nicht mehr recht zum Leben erwachen.

Am Ende ist es eine rein tautologische Sammlungsauswahl. Sie spiegelt nur sich selbst und die subjektiven Vorlieben des 2015 verstorbenen Museumsgründers Peter Schaufler. Distanziertem Formalismus hat der Kunstfreund gegenüber emotionaler Welthaltigkeit zumeist den Vorzug gegeben. Blitzende Stelen von Heinz Mack, Plexiglaskreise von Klaus Staudt, konzentrierte Farbuntersuchungen von Ulrich Erben beherrschen die Szenerie. Helmut Middendorfs neuwilder „Feuerschlucker“, der eine rote Flamme über die Zweieinhalb-Meter-Leinwand faucht, bleibt demgegenüber expressiver Außenseiter. Und auch Walter Stöhrers schwarzbunte Farbgespenster tanzen auf verlorenem Posten.