In der zweiten Reihe der Kanzlerinnenpartei CDU steht mit Schavans Rückzug erneut ein Umbruch bevor. Noch werden aber keine Kronprinzen gesucht. Aber hinter den Kulisse herrscht Unruhe, wer auf den vakanten Posten folgen wird.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Je länger Angela Merkel Kanzlerin bleibt, desto schneller scheint das Spitzenpersonal der CDU zu verschleißen. Beim nächsten Parteitag Anfang Dezember in Hannover werden wichtige Führungsämter neu besetzt. Zwei Vizeposten stehen zur Wahl: den einen räumt Bundesbildungsministerin Annette Schavan, auf dem anderen sitzt noch der geschasste Umweltminister Norbert Röttgen. Nach seiner Wahlpleite in Nordrhein-Westfalen und der Entlassung aus dem Kabinett soll er sich auch von der Parteispitze zurückziehen.

 

2010 dankten gleich drei Stellvertreter ab

Nach Schavans Ankündigung, sie werde nicht mehr kandidieren, hat ein Machtgerangel um die Plätze in Merkels Schatten begonnen. Ganz so dramatisch wie vor zwei Jahren ist das Revirement nicht. Damals dankten gleich drei Merkel-Stellvertreter an der CDU-Spitze ab: Christian Wulff wurde Bundespräsident, der hessische Ministerpräsident Roland Koch kehrte der Politik den Rücken und NRW-Wahlverlierer Jürgen Rüttgers gab auf. Für Wulff rückte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen nach, die ebenfalls aus dem Landesverband Niedersachsen kommt. Koch wurde von seinem Nachfolger Volker Bouffier beerbt und Rüttgers von Röttgen. Der Regionalproporz blieb auf diese Weise gewahrt.

Ob das so bleibt, ist nicht gewiss. Die Wiederwahl Bouffiers und von der Leyens scheint nicht infrage zu stehen. Allerdings hatte CSU-Chef Horst Seehofer unlängst den niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister als möglichen Merkel-Stellvertreter ins Gespräch gebracht. „Wenn er bei mir in der Partei wäre, dann würde ich McAllister in die absolute Spitze holen“, sagte er. McAllister, der im Januar eine Landtagswahl zu bestehen hat, sei schon heute ein politisches Schwergewicht. Seehofer meint: „Er hat das Zeug dazu, eines Tages auf einer Stufe mit Schmidt, Brandt, Kohl und Merkel zu stehen.“ Der so überschwänglich Gelobte hat jedoch zu erkennen gegeben, dass er für das Amt des Parteivize allenfalls dann antreten würde, wenn von der Leyen verzichtet. Damit ist aber nicht zu rechnen. Vielmehr darf sich die ehrgeizige Ministerin Hoffnungen machen, nach dem Parteitag als aussichtsreichste Aspirantin unter den Stellvertretern für die Zeit nach Merkel dazustehen.

Schlechtestes Wahlergebnis bei den letzten Präsidiumswahlen

Schavans Rückzug kommt keineswegs überraschend. Die Merkel-Vertraute hat in den vergangenen Jahren zusehends Rückhalt eingebüßt. Bei den letzten Präsidiumswahlen verbuchte sie die mit Abstand schlechtesten Ergebnisse. Und sie konnte nicht sicher sein, im Dezember vom eigenen Landesverband noch einmal unterstützt zu werden. Die Nachfolge ist offen.

In der Partei genießt die schlagfertige und populäre Julia Klöckner aus Rheinland -Pfalz große Sympathien. Zudem hat sie beste Chancen, den Posten des Ministerpräsidenten zurückzuerobern. Der Regionalproporz würde hingegen für einen Kandidaten aus Baden-Württemberg sprechen. Der Landesverband stellt die zweitstärkste Delegation beim Parteitag. Zudem kann der Kanzlerin nicht daran gelegen sein, die CDU im Südwesten zu schwächen. Sie ist auf deren erfolgreiches Abschneiden bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr angewiesen. In ihrer Partei gilt die Faustregel: wenn in Baden-Württemberg nicht annähernd 40 Prozent zu erreichen sind, ist die Wahl nicht zu gewinnen.