Mit dem eigenen Lebensende beschäftigt man sich nicht gern. Das ist Teil eines erheblichen Problems, meint unsere Redakteurin Viola Volland.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Stuttgart - Notariatsreform – schon das Wort ist sperrig. Dass das Mammutvorhaben Zeit braucht, ist klar. Sinnvoll ist der Schritt aber gewesen, die Zuständigkeit für Betreuungen und Testamente an die Amtsgerichte zu geben. Baden-Württemberg stand mit der alten Regelung alleine da. Und vorher soll es, das hört man vor allem von Pflegeheimen, gar nicht rund gelaufen sein. Der Bearbeitungsstau ist auch deshalb so groß, weil so viele Altfälle unabgeschlossen von den Gerichten übernommen worden sind.

 

Auch in den nächsten Monaten ist von den betroffenen Bürgern Geduld gefragt. Wenn man ihnen nur zügig erklärte, warum sie mit einer längeren Wartezeit rechnen müssen, wären viele vielleicht sogar einigermaßen klaglos geduldig. An der Kommunikation mit den Bürgern hapert es jedoch. Die Leser, die sich wegen der Notariatsreform an unsere Zeitung gewandt haben, haben durchweg die mangelnde Erreichbarkeit der Amtsgerichte bemängelt. Dass auf ihre Briefe monatelang nicht geantwortet worden sei. Dass am Telefon keine Auskunft erfolgte – so etwas ärgert die Leute natürlich. Das muss sich bessern. Schließlich ist klar, dass sich die Einschränkungen noch länger hinziehen.

Rechtzeitig mit dem eigenen Lebensende auseinandersetzen

Dass die Amtsgerichte bei der Bewältigung der Übergangsphase Prioritäten setzen, ist absolut richtig. Es gibt Betreuungssachen, die keinerlei Aufschub zulassen. Eine neue Betreuerbestellung hat natürlich Vorrang gegenüber einer Änderung einer Betreuung, weil eine Familie vielleicht unzufrieden mit dem Einsatz ist. So tragisch das für diese einzelne Familie auch sein mag.

Recht hat aber auch die Geschäftsführerin des Eigenbetriebs Leben und Wohnen: Viel zu wenige Menschen sorgen ausreichend vor. Man verdrängt den Umstand, dass es jeden Moment soweit sein kann, dass man nicht mehr geschäftsfähig ist. Ein Unfall – und alles ist plötzlich anders. Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht sollte deshalb eigentlich jeder ausgefüllt haben. Will ich lebenserhaltende Maßnahmen? Wie weit sollen diese gehen? Wem würde ich im Fall der Fälle die Entscheidung über meine medizinische Versorgung und meine Finanzen anvertrauen? Und ist diese Person auch wirklich dafür geeignet oder bekommt sie schon ihr eigenes Leben nicht in den Griff? Das sind kritische Fragen. Doch es ist wichtig, dass man sich ihnen stellt – und zwar gerade dann, wenn es einem noch gut geht.

viola.volland@stzn.de