Die verlassenen Mauern im Wald sollen eine Gefahr darstellen und werden deshalb abgerissen. Dafür müssen auch Bäume gefällt werden. Naturschützer sehen den Lebensraum vieler Arten bedroht.
Versteckt neben den Bäumen im Osterholzwald, gelegen zwischen Asperg und Ludwigsburg, liegt eine Ruine: hohe Mauern aus Backstein, vollgesprüht mit Graffiti, teilweise überdacht. Laut dem Bürgermeister der Stadt Asperg, Christian Eiberger, ist das Bauwerk brandgefährlich. Nun sollen die Überreste der längst verlassenen Schießanlage abgerissen werden – sehr zum Ärger des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND).
Der BUND-Kreisvorsitzende Stefan Flaig meldet scharfe Kritik an den Plänen: Das Vorhaben sei nicht nur überteuert, sondern auch schädlich für die Tier- und Pflanzenwelt. In einem offenen Brief an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), äußert er seine Bedenken.
Ruine sei ein Sicherheitsrisiko
Die Bundesanstalt verwaltet Grundstücke, die im Besitz des Bundes sind. Darunter auch Flächen im Osterholzwald. Die Stadt Asperg habe aber ein Mitspracherecht, was Eingriffe in den Forst angeht, erklärt der Bürgermeister Christian Eiberger. Der Gemeinderat habe jedoch bereits im März zugestimmt, das Gebäude abzureißen.
„Immer wieder findet man dort Müll oder die Reste eines Lagerfeuers“, so Eiberger. Von den maroden Mauern könnten sich Backsteine lösen und Menschen verletzen. Zwar warnt ein Schild vor den Gefahren, dennoch bestehe ein Risiko. „Wir müssen davon ausgehen, dass irgendwann etwas passiert“, betont der Bürgermeister. Dass sich jemand verletzt habe, sei ihm bisher zwar nicht bekannt. Die BimA trage aber die Verantwortung, falls doch etwas passiert. Vor einiger Zeit bot die Behörde der Stadt Asperg an, das Gelände für einen symbolischen Euro zu kaufen. Doch Eiberger lehnte ab: „Dann hätten wir die Kosten für den Abriss tragen müssen.“
Die Kosten belaufen sich laut Schätzungen auf rund zwei Millionen Euro. Grund dafür sind aufwendige Vorbereitungen: Es müsste eine Zufahrtsstraße gebaut werden, damit Bagger zu der Ruine im Wald gelangen können, ein Zwischenlagerplatz für Schutt müsste errichtet und eine Reifenwaschanlage erbaut werden, damit der Dreck im Wald bleibt und nicht auf die Straßen kommt. 256 Bäume müssten deshalb im Wald gefällt werden, schreibt Flaig in dem offenen Brief.
„Steuerverschwendung zu Lasten des Artenschutzes“
Für den Naturschützer ist das „Steuerverschwendung zu Lasten des Artenschutzes“. Der Osterholzwald sei ein funktionierendes Biotop mit elf Fledermausarten, 34 besonders geschützten Vogelarten und vier Amphibienarten. Würde die Ruine abgerissen und die Bäume gefällt, bedrohe das auch den Lebensraum dieser Tiere.
Flaig kann die Begründungen für den Abriss nicht nachvollziehen. Er glaubt nicht, dass jemand die BImA erfolgreich verklagen könnte, falls es zu einem Unfall auf dem Gelände käme. Schließlich warne ein Schild vor dem Betreten. Stattdessen appelliert er an die Eigenverantwortung der Menschen und schlägt vor, das Areal mit einem Bauzaun abzusichern. „Die Vorschläge wurden geprüft“, entgegnet Eiberger. Ein Zaun könne jedoch überwunden werden und müsste regelmäßig kontrolliert werden. Zudem würde er nicht nur Menschen, sondern auch Tiere vom Gelände fernhalten und ihren Lebensraum beeinträchtigen.
Im Herbst 2025 sollen die ersten Bäume fallen. Bis zum Frühjahr 2026 sollen die Überreste der alten Schießanlage abgerissen werden. Dann soll der Wald auch wieder aufgeforstet werden und Mensch und Tier als Erholungsgebiet dienen, so Eiberger.
Die Schießanlage im Osterholzer Wald
Historie
Die Schießanlage wurde 1890 errichtet. Bis in die 1970er Jahre soll die Bundeswehr dort Übungen durchgeführt haben. In der NS-Zeit nutzten die Nazis die Anlage, später auch Amerikaner.
Zukunft
Ab Herbst sollen die ersten Bäume gefällt werden. Bis zum Frühjahr sollen 2026 die Abrissarbeiten abgeschlossen sein. Anschließend soll die Fläche wieder aufgeforstet werden. Die Kosten von zwei Millionen Euro übernimmt der Bund.