Roland Bernhard diskutiert mit Metzgern und Bauern im Kreis über den Gärtringer Schlachthof.

Kreis Böblingen - Mit gemischten Gefühlen gehen Metzger und Landwirte aus einem Gespräch mit dem Böblinger Landrat Roland Bernhard. Vertreter des Schlachthof-Betreibers, der Metzger-Innung und des Kreisbauernverbandes hatte Bernhard zu einem Runden Tisch eingeladen. „Es war beim Landrat eine wohlwollende Zustimmung zum Schlachthof erkennbar“, lautet das Fazit von Hans-Georg Schwarz, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Kreisbauernbauernverbands, der die Verhandlungen führt, weil der Bauernverbandschef Daniel Dengler als Sohn von Schlachthof-Geschäftsführer Wilhelm Dengler befangen ist.

 

Die sofortige Wiedereröffnung des Gärtringer Schlachtbetriebs unter Auflagen, wie von manchen erhofft und gefordert, bleibt freilich aus. „Erst mit einem schlüssigen Gesamtkonzept ist die Wiederinbetriebnahme möglich“, lässt Landrat Roland Bernhard in einer Pressemitteilung verlauten und erneuert damit seine Position vom vergangenen Donnerstag, als er den Schlachthof hat schließen lassen. „Das hat Metzger und Landwirte vor große, kurzfristige Herausforderungen gestellt“, gibt Bernhard zu, stellt aber zugleich klar: „Die Verantwortung dafür liegt beim Betreiber.“

Was wird gefordert?

Er wolle die Betroffenen aber nicht im Stich lassen, sondern einen Weg weisen, wie es weitergehen kann. Das vom Landrat und dessen zuständiger Veterinärbehörde geforderte Gesamtkonzept umfasst zehn Punkte, versehen mit kurzen Fristen, wenn diese umgesetzt werden. Einzelne Punkte, die das Tierwohl betreffen, müssen schon umgesetzt sein, wenn der Schlachthof wieder aufmachen will. Dazu gehört eine Arbeitsanweisung für die Mitarbeiter des Schlachthofes und ein Ersatz für die Betäubungsanlage.

„Wir müssen nun rasch und gründlich handeln, damit die Interimsphase für die Metzger kurz ist und eine schnelle Rückkehr nach Gärtringen möglich ist“, sagt der Renninger Metzger Matthias Scherer, der Obermeister der Metzgerinnung für den Kreis Böblingen ist. „Alle Teilnehmer bei dem Gespräch haben glaubhaft gemacht, wie wichtig der Weiterbetrieb ist.“

Wie schnell lässt sich das umsetzen?

Bleibt die Frage, wie schnell die geforderten Baumaßnahmen tatsächlich umzusetzen sind – und wer sich drum kümmert. Landrat Roland Bernhard hat zwar in der Pressekonferenz am Freitag gesagt, sich nicht in die Personalpolitik der Schlachthof-Genossenschaft einmischen zu wollen. Der bisherige Schlachthof-Geschäftsführer Wilhelm Dengler müsste sich nach all den Querelen erst einmal bereit erklären, weiterzumachen.

Klar ist, dass die Arbeit im Schlachthof nicht zu den begehrtesten Jobs gehört und die Bewerber nicht eben Schlange stehen. Hans-Georg Schwarz vom Bauernverband äußert sich deshalb vorsichtig, ob es überhaupt eine Zukunft für den Schlachthof in Gärtringen gibt. „Es hängt davon ab, wer sich zuständig fühlt – und in welcher Organisationsform das geht.“ Schwarz betont, dass Wilhelm Dengler seit 2018, seit es die ersten Maßregelungen des Landratsamts gegeben hatte, nicht untätig war. Er habe baulich einiges umgesetzt, aber alles müsse eben auch finanziert werden. „Als wir die Schlachtgebühren erhöht hatten, ist prompt ein großes Unternehmen ausgestiegen“, sagt er. „So etwas macht die finanzielle Ausstattung nicht besser.“

Mehr Transparenz

Solche Fragen will Landrat Roland Bernhard ebenfalls mit den Metzgern und Landwirten diskutieren, kündigt er an. Eine Strategie zur „Regionalvermarktung“ will er erarbeiten. „Ziel ist, mehr Transparenz der Verarbeitung von der Aufzucht der Tiere, über die Schlachtung, bis zur Theke herzustellen“, sagt Bernhard. Das soll die hohe Qualität der Produkte und das Tierwohl zum Ausdruck bringen.

In der vergangenen Woche hatte der Münchener Verein „Soko Tierschutz“ ein Video veröffentlicht, auf dem massive Tierquälereien im Gärtringer Schlachthof zu sehen sind. Das Veterinäramt des Landratsamts hatte zuerst die Kontrollen verstärkt und dann am Donnerstag den Betrieb vorläufig geschlossen.

Auch die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Unbekannt wegen möglicher Verstöße gegen das Tierschutzgesetz, wie eine Sprecherin sagte. Die Bilder seien inakzeptabel, die Schließung deshalb „kurzfristig vielleicht ein probates Mittel“, sagte Thomas Sprißler, der Chef der Freie Wählern im Kreistag. „Wir benötigen den Gärtringer Schlachthof, denn wir möchten weiterhin regionale Metzgereien für unsere Landwirtschaft“, sagt er.

Kooperation mit Kreis Tübingen?

Helmut Noë, der CDU-Fraktionsvorsitzende aus Leonberg, forderte ein gemeinsames Konzept mit dem Kreis Tübingen, wo der Rottenburger Schlachthof ebenfalls zur Disposition steht. „Allerdings muss der schonende Umgang mit den Tieren absoluten Vorrang haben“, sagte er. Die Grünen hatten die vorläufige Schließung des Schlachthofs als einzige Fraktion schon gefordert, bevor der Landrat sie umgesetzt hat.

Landwirte und Metzger hat die Schließung vor Probleme gestellt, da es in der näheren Umgebung kaum Schlachtkapazitäten gibt. Sie machten darauf aufmerksam, dass weitere Anfahrten oder die Anlieferung in den Großschlachthof Birkenfeld (Enzkreis) keinesfalls mehr Tierwohl bedeutet als der Betrieb des Gärtringer Hofes in seiner jetzigen Form.