Reportage: Robin Szuttor (szu)


Als Zehnjähriger sagt ihm einer: trete doch mal auf. Er macht es. Die Haare nach hinten gestriegelt, mit Gitarre und Cowboymontur, schmettert er "Oh Susanna" im Vespaclub. Nach der Volksschule nimmt ihn sein Lehrer beiseite: mach doch das Abitur nach. Er macht es. An den Wochenenden ist er dann mit Rudi II, Ulli, Friedhelm und Friedemann auf Tour. Sie nennen sich "Hububs", dann "Plutos", später "Sirs", spielen Soul und Beat bei den Amis.

Ein folgenreicher Einfall


Nach seinem Abi meint ein Freund: studier doch an der PH. Er macht es. Abends steht er als Sänger mit der Band auf irgendwelchen Bühnen, vier Mal die Woche. Dann taucht ein Produzent auf, der auch schon das passende Lied - "Ramona" - für die fünf "Sirs" dabei hat: "Wollt ihr die Schallplatte machen?" Sie ergreifen die Chance. Und weil sie im Studio sind, nehmen sie auch gleich einen Song von Rudi Edelmann auf. Geschrieben für seine Brigitte: "Zuerst kam die Sonne ". Ein folgenreicher Einfall.

Wochen später ruft Edelmann bei Bellaphon an. Er wird gleich mit dem Chef verbunden: "Ich wollte eigentlich nur mal fragen, ob unsere Platte noch herauskommt?" - "Ja, aber ich hab da noch einen anderen Titel gehört" - "Ach der, das war nur ein Gag" - "Für mich ist das überhaupt kein Gag, den nehmen wir."



"Ramona" wird ein Flop. Aber Bellaphon will Rudi Edelmann als Solokünstler haben. Mit "Zuerst kam die Sonne". Bevor man ihn von Radio zu Radio reicht, muss ein neuer Name her. "Wie wäre Manfred Morgan? Das klingt ein bisschen Englisch und ist jetzt in", meinen die Marketing-Experten der Plattenfirma. "Mir war das doch piepsegal", sagt Rudi Edelmann. "Ich hab am Abend gleich die neue Unterschrift probiert."

Mit feuchten Händen vor dem Fernseher


Die Hitparade wird sein Raketenstart zum Erfolg. "Rudi nahm es lässig, ich saß mit feuchten Händen vor dem Fernseher", erzählt seine Frau. "Wir hatten abgemacht: wenn er beim Singen die Nase kräuselt, ist das ein Gruß an mich." Vor dem ZDF-Auftritt kamen eine Handvoll Fanbriefe am Tag, danach sind es Wäschekörbe voll. "Wir trafen uns im Nebenzimmer des Markgröninger Bären. Die anderen machten die Post auf, und ich schrieb Autogramme im Akkord", sagt Edelmann. Mädchen schicken mit Blümchen verzierte Liebesbriefe ("Ich find's so süß, wie du manchmal deine Nase kräuselst"), junge Männer packen aus ("Du gefällst mir sehr, aber erzähl bloß meinem Vater nicht, dass ich schwul bin"), ausgewachsene Frauen entfesseln ihre Fantasien ("Ich stell mir dich immer in knallengen Hosen vor"). "Die schärfsten Briefe lasen wir laut vor", sagt Brigitte Edelmann.