Doris und Eberhard Neubrand retten seit zehn Jahren immer wieder verwaiste Wildenten – mit der tatkräftigen Hilfe ihres erfahrenen Haustieres.

Schlat - Als sie Anfang Juni vom Dach der BW Bank gerettet wurden, waren sie gerade geschlüpft – die elf flaumigen Kerlchen waren so winzig, dass sie in den Händen der Tierschützer fast verschwanden. Inzwischen sind sie zu recht stattlichen jungen Wildenten herangewachsen und machen ihre ersten Probeflüge. Dass sie ihre ersten Stunden überhaupt überlebt haben, verdanken sie Doris und Eberhard Neubrand. Und dass sie sich in der Natur künftig auch alleine zurecht finden werden, das ist das Verdient Martins.

 

Seit zehn Jahren zieht Doris Neubrand junge Wildenten auf, die mitten in der Stadt aus ihren Eiern schlüpfen und kaum eine Chance haben, den Weg zum rettenden Wasser der Fils zu überleben. Das kommt daher, dass immer wieder Wildenten ihre Eier auf vermeintlich sicheren Hochhäuserdächern legen – sei es auf dem Flachdach der BW Bank oder der Kreissparkasse oder anderswo. Sobald die Küken geschlüpft sind, suchen sie den zur Fils.

Salat auf der Terrasse statt Todesmarsch durch die Innenstadt

„Die sind leicht wie Federn und überleben vielleicht den Sprung von den Dächern“, berichtet Doris Neubrand. Doch dann müssten die Küken noch mitten durch die Stadt watscheln, zahlreiche Straßen und Bahngleise überqueren und Mardern und Ratten entkommen. Ein Todesmarsch für die meisten von ihnen.

Deshalb sammeln die Tierschützer die jungen Enten mittlerweile ein, sobald sie geschlüpft sind. Die Entenmütter suchen angesichts der Menschen schnell das Weite. „Meistens können wir sie leider nicht mit einfangen“, berichtet Doris Neubrand. Deshalb päppeln sie und ihr Mann die kleinen Enten zunächst einige Wochen mit Kükenfutter und Salat in einem Käfig auf ihrer Terrasse in Göppingen auf. Zum Glück seien Enten Nestflüchter, berichtet Doris Neubrand. „Sie fressen schon von Anfang an selbstständig.“

Martin zeigt den Entenkindern, wie man in der Natur zurecht kommt

Sobald die Kleinen etwas kräftiger sind, geht es in den Garten in Schlat zu Martin. Der 20 Jahre alte Gänserich ist über die Jahre ein erfahrener Entenpapa geworden. Gelassen watschelt er zum Teich, die kleinen Enten folgen schnatternd in Reih und Glied, dann dreht die Patchwork-Familie im Wasser ihre Runden. Von Martin lernen die Entenkinder, sich ihr Futter zu suchen und sich im Freien zurecht zu finden. Eberhard Neubrand hat ihn vor Jahren zusammen mit zwei anderen Gänsen geschenkt bekommen, die inzwischen gestorben sind. Jetzt lebt Martin die meiste Zeit des Jahres mit Hühnern und Tauben alleine auf dem Gartengrundstück.

Eberhard Neubrand, der frühere Vorsitzende des Göppinger Tierschutzvereins, und seine Frau kommen täglich vorbei, sehen nach der bunten Schar und füttern sie auch. In wenigen Wochen heißt es für Martin und die Neubrands, Lebewohl zu sagen. Die Flüge der Enten in die Umgebung werden immer weiter, und irgendwann bleiben sie weg. „Die wildern sich praktisch selbst aus“, erzählt Neubrand aus Erfahrung.

Ab und zu allerdings kommt mal eines von Martins ehemaligen Adoptivkindern auf einen Kurzbesuch im Gartenteich vorbei. Dann dreht es mit dem Gänserich eine Runde durchs Wasser, bevor es sich wieder in den Himmel schwingt und davonfliegt – vielleicht, um irgendwo in der Nähe auf einem Hochhausdach zu brüten.

Erst fragen, dann helfen

Informationen
Wer ein Wildtier findet, sollte beim Tierheim Göppingen (Telefon: 0 71 61/7 89 69) oder der Tierschutzbeauftragten des Landkreises, Patricia Brandbeck, (Telefon: 0 71 61/20 24 60) nachfragen, ob es überhaupt Hilfe braucht und was zu tun ist.

Entenhilfe
Doris Neubrand erfährt meist über das Göppinger Tierheim, wenn irgendwo in der Stadt junge Enten gerettet werden müssen.