Der erste Zeuge im Prozess gibt einen Einblick in das Innenleben des Schlecker-Konzerns. Als Geschäftsführer des für Schlecker tätigen Logistikdienstleisters LDG hatte dieser erstaunlich wenig zu sagen.

Stuttgart - Der 31-Jährige berichtet von einer steilen Karriere, als er am Montag als erster Zeuge im Schlecker-Prozess vor dem Stuttgarter Landgericht aussagt: Seine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann bei Schlecker absolvierte der gebürtige Schweriner noch in seiner mecklenburgischen Heimat. Danach führten ihn mehrere Stationen im In- und Ausland schließlich an den Stammsitz des Drogerieimperiums nach Ehingen.

 

Dort übernahm der Zeuge im Alter von gerade einmal 25 Jahren zum 1. November 2010 einen von zwei Geschäftsführer-Posten bei der Logistikfirma LDG, die für Schlecker tätig war und den Schlecker-Kindern Meike und Lars gehörte. Die Staatsanwaltschaft wirft Anton Schlecker unter anderem vor, Geld an diese Firma und damit an seine Kinder verschoben zu haben, indem er zu hohe Rechnungen bezahlte.

Dienstleister wurde von der Schlecker-Zentrale aus gesteuert

Der Zeuge konnte diesen Vorwurf am Montag zwar weder entkräften noch bestätigen, doch er gewährte durch seine Aussage einen Einblick ins Innenleben des Drogeriekonzerns. „Was konnten Sie denn entscheiden?“, fragte ihn der Richter Roderich Martis, nachdem der frühere Geschäftsführer wiederholt den Eindruck vermittelt hatte, die meisten Entscheidungen für die LDG wurden in der Schlecker-Zentrale getroffen. So gehörten weder die Gebäude des Logistikdienstleisters, noch dessen Maschinen und Anlagen dem Unternehmen selbst. Auch Investitionen im technischen Bereich und der Einsatz von Leiharbeitern mussten von der Anton Schlecker e. K. genehmigt werden. Über Fachabteilungen des Drogeriekonzerns wurden darüber hinaus sowohl die Buchhaltung abgewickelt als auch die LDG-Bilanzen erstellt.

LDG erwirtschaftete eine Umsatzrendite von 45 Prozent

Der Geschäftsführer sei vor allem für die Personalplanung der 120 im Bereich Versandhandel beschäftigten Mitarbeiter zuständig gewesen. Pro geleistete Arbeitsstunde habe die LDG Schlecker einen Betrag von 28,50 Euro berechnet. „Ob die Rechnungen tatsächlich bezahlt wurden, weiß ich nicht“, so der Zeuge. Die Höhe des Betrags dürfte im Prozess allerdings noch eine Rolle spielen. Immerhin erzielte die LDG noch ein Jahr vor der Schlecker-Pleite eine Umsatzrendite von 45 Prozent. Nach früheren Berechnungen des Zeugen hätte ein Stundensatz von knapp 14,50 Euro bereits ausgereicht, um kostendeckend zu arbeiten. Selbst nachdem der Satz nach der Insolvenz auf 20 Euro gesenkt wurde, erwirtschaftete das Logistikunternehmen noch mehrere Monate lang einen Gewinn.

Ebenfalls umstritten sind ein Millionenkredit, den die LDG dem Schlecker-Konzern gewährt hat, sowie Gewinnausschüttungen an die Gesellschafter in Millionenhöhe, nachdem es bei Schlecker längst bergab ging. „Das ganze Thema lief an mir vorbei“, sagte der Zeuge, angesprochen auf den Kreditvertrag. Kontakte mit den Gesellschaftern habe es vor der Schlecker-Insolvenz so gut wir gar nicht gegeben. Am 19. März 2012 habe er schließlich die Konsequenzen gezogen und gekündigt. „Weil ich es schade fand, nicht eingebunden zu sein“, begründete er diesen Schritt.