Seit drei Jahren klagen Anwohner im Cannstatter Stadtteil Espan über Schleichverkehr im Wohngebiet. Die Meinungen von Stadtverwaltung, Lokalpolitikern und Anwohnern, wie das Problem gelöst werden kann, gehen auseinander.

Bad Cannstatt - Seit 2013 herrscht dicke Luft in vielen Wohngebieten rund um die Waiblinger Straße. Sowohl im übertragenen Sinn als auch real. Denn seit der Fertigstellung des neuen Radwegs nutzen viele Autofahrer die Nebenstraßen anstatt der nur noch einspurig befahrbaren Hauptstraßen in und aus Richtung Fellbach. Ganz abgesehen von den Abgasen sind die Anwohner vor allem über rücksichtslose Autofahrer verärgert. Morgens ist es am schlimmsten: „Zwischen 7 und 9 Uhr schiebt sich eine Autoschlange durch die Theodor-Veiel-Straße und die Obere Waiblinger Straße“, erzählt der Anwohner Jochem Wölfle. Die schmale Straße sei eigentlich gänzlich ungeeignet, solche Verkehrsmengen zu fassen. „Bei Gegenverkehr fahren deshalb viele Autofahrer einfach über den Gehweg und gefährden Kinder und andere Fußgänger.“ Mehrfach haben sich die Anwohner bereits an die Stadt gewandt, bislang aus ihrer Sicht aber ohne Erfolg. „An der Situation hat sich nichts geändert, eher hat der Verkehr noch zugenommen“, sagt Wölfle.

 

Ein Vorschlag, den das Stadtplanungsamt im Februar im Bezirksbeirat Bad Cannstatt vorgestellt hatte, wurde im Gremium mehrheitlich abgelehnt. Es sei für Gastronomen und Einzelhändler nicht tragbar, die Durchfahrt von der Theodor-Veiel-Straße in die Obere Waiblinger Straße zu verbieten. Für Jochem Wölfle wäre stattdessen denkbar, die Rechtsabbiegespur von der Nürnberger in die Karpatenstraße und damit eine beliebte Zufahrt ins Wohngebiet zu sperren, noch besser fänden er und die Mitglieder des Bezirksbeirats eine Zuflussdosierung durch eine Pförtnerampel an der Beskidenstraße – wie sie auch von mehreren Fraktionen im Gemeinderat bereits gefordert wurde, allerdings von Fellbach abgelehnt wird.

Gemeinsamer Antrag von fünf Fraktionen

Zuletzt hatten sich SPD, CDU, Grüne, SÖS-Linke-Plus und FDP in einem gemeinsamen Antrag Anfang Mai erneut für die „schnellstmögliche Inbetriebnahme“ der Pförtnerampel Beskidenstraße ausgesprochen. Ziel sei, die Stadtbahn am Wilhelmsplatz zu beschleunigen, die Nürnberger, Waiblinger und Schmidener Straße durch Zuflussdosierungen vom Kfz-Verkehr zu entlasten und die Abgas- und Lärmimmissionen in diesen Straßenzügen zu verringern.

Vorerst plane die Verwaltung allerdings nicht, die Pförtnerampel an der Beskidenstraße zu aktivieren, schreiben die Lokalpolitiker in ihrem Antrag: „Zuerst soll für den kommenden Doppelhaushalt eine Korridoruntersuchung der Verkehrsbeziehungen im Stuttgarter Nord-Osten durchgeführt werden, um die Auswirkungen von Pförtnerampeln zu untersuchen. Maßnahmen zur Verkehrsentlastung könnten dann erst im Doppelhaushalt 2020/2021 realisiert werden.“ Dies widerspreche einer kurzfristigen Inbetriebnahme der Pförtnerampel Beskidenstraße und sei unnötig. „Nach wie vor staut sich der Verkehr in Bad Cannstatt in der Hauptverkehrszeit, weil an der Gemarkungsgrenze mehr Autos einfahren dürfen, als der Straßenzug bis zur König-Karl-Brücke verkraften kann.“ Gleichzeitig bleibe die rund einen Kilometer lange zweispurige Stuttgarter Straße in Fellbach weitgehend staufrei. „Die Aktivierung der Pförtnerampel Beskidenstraße ist daher auch heute schon ohne Verkehrsgutachten möglich.“

Bericht und Inbetriebnahme gefordert

Beantragt wird nun ein Bericht über die Pförtnerampel Beskidenstraße im Ausschuss für Umwelt und Technik. Außerdem wollen die Lokalpolitiker, dass die Stadtverwaltung mit der Stadt Fellbach klärt, ob eine Übereinkunft zur Zuflussdosierung entlang der alten Bundesstraße 14 möglich ist. „Ist keine Übereinkunft möglich, wird in Stuttgart die Pförtnerampel Beskidenstraße spätestens am 1. Oktober 2017 in Betrieb genommen“, heißt es im Antrag.

Das fände auch Wölfle gut. „Das Tragische ist doch, dass so eine Pförtnerampel eigentlich keine große Sache ist.“ Bedenke man allerdings, dass die Anwohner im Espan nun schon drei Jahre auf eine Lösung für ihr Verkehrsproblem warteten und jetzt eventuell nochmal vertröstet würden bis 2020/21, müsse man sich nicht wundern, wenn Politikverdrossenheit um sich greife.