Die elfte Auflage des Sommerfests im Schloss Rosenstein will die Besucher auf die nächste Sonderausstellung im Naturkundemuseum einstimmen. Von Oktober bis Mai 2013 dreht sich dort alles um Orchideen. Spektakuläre Bilder von den Gipfeln des Urwalds gab es beim Open-Air-Kino.

Stuttgart - Hoch konzentriert beugt sich Anna-Maria über den Tisch. Sie schneidet Blütenblätter aus buntem Tonkarton aus, verziert sie filigran mit einem dünnen Filzstift und klebt sie auf eine Postkarte. Zuerst sind die äußeren Blätter an der Reihe, zuletzt fügt sie die sogenannte Lippe dazu – Herzstück und Erkennungszeichen der Orchideenblüte. Wer die liebevoll gestaltete Glückwunschkarte später einmal bekommt, weiß die 13-Jährige noch nicht. Eins ist aber sicher: Sie wird ein schönes Erinnerungsstück an den Ausflug, den die Familie aus Göttingen am Wochenende nach Stuttgart gemacht hat. Das Sommerfest im Schloss Rosenstein war ausschlaggebend für das Ziel der Reise. „Mein Vater ist Biologe“, sagt Anna-Maria.

 

Wie viel die Schülerin schon von ihm gelernt hat, wird sie später zeigen: Beim Amazonas-Spiel gilt es, Fragen über Ameisen richtig zu beantworten, um den Fluss zu überqueren. Außerdem stehen die Dschungel-Rallye sowie das Museumsquiz an. Zum Open-Air-Kino kann Anna-Maria leider nicht bleiben – zu weit ist der Weg, den die Familie am Freitagabend noch bis zu ihrer Ferienwohnung zurücklegen muss.

Die meisten anderen Besucher des Sommerfests im Schloss Rosenstein haben zwar keine so weite Anreise hinter sich. Eine andere Welt haben sie dennoch gesehen: Spektakuläre Bilder von den Gipfeln des Urwalds gab es nach Sonnenuntergang im Film „The White Diamond“ zu sehen. Darin begeben sich Werner Herzog und der Luftfahrtingenieur Graham Dorrington mit einem eigens dafür konstruierten Luftschiff auf eine waghalsige Luftfahrt in die Baumwipfel des südamerikanischen Dschungels.

Ausstellung im Museum

Die elfte Auflage des Sommerfests will die Besucher auf die nächste Sonderausstellung im Naturkundemuseum einstimmen. Von Oktober bis Mai 2013 dreht sich dort alles um Orchideen. „Wir wollen Evolution erlebbar machen“, sagt der wissenschaftliche Leiter der Ausstellung, Mike Thiv. In sieben interaktiven Bereichen zeigt die Schau, wie die Orchideen zur artenreichsten Pflanzenfamilie der Welt wurden. Eine Rolle spielen dabei unter anderem spezifische Bestäubungsmechanismen, die Genduplikation und Wurzeln, die wie ein Schwamm Wasser aufsaugen und speichern können. Diese braucht die Orchidee, um sich auch auf Bäumen wohlzufühlen. „Im Dschungel wachsen die allermeisten Orchideen in der Höhe“, erklärt Mike Thiv.

Rund 24 000 verschiedene Arten gibt es, die weltweit fast jeden Lebensraum außer der Wüste besiedeln. Sie können wenige Millimeter klein oder auch bis zu mehrere Meter lang sein. „Diese Vielfalt ist nur durch die Innovationen möglich, die wir in der Sonderausstellung zeigen“, sagt Thiv. Ausgestellt werden von Oktober an Pflanzen, Modelle und Computeranimationen. Zusätzlich wird der Lebenszyklus der Pflanzen dargestellt. Das Augenmerk soll aber nicht ausschließlich auf den wild wachsenden Orchideen liegen. „Es werden auch heimische Pflanzen gezeigt“, so Thiv. Allein in Baden-Württemberg gibt es immerhin 55 verschiedene Orchideenarten.

Frauenschuhe im Gepäck

Einen kleinen Vorgeschmack hatte der Blumenproduzent und -großhändler Eberhard Dötterer am Freitagabend ins Schloss Rosenstein mitgebracht: Klassische weiße, rosafarben und violett blühende Orchideen waren ebenso dabei wie gesprenkelte, gelbe und grünlich blühende Exemplare. Und auch einige Frauenschuhe hatte Dötterer im Gepäck – auch sie gehören nämlich zur großen Orchideenfamilie.

Der Experte zeigte aber nicht nur seine schönen Pflanzen, sondern gab auch die passenden Tipps für Zuhause. Eigentlich, so Dötterer, seien Orchideen leicht zu haben: „Man sollte sie einmal pro Woche eine Viertelstunde lang im Wasserbad tauchen und regelmäßig düngen.“ Wer sich daran halte, habe lange Freude an seiner Pflanze. Das dürfte für viele Besucher interessant gewesen sein – immerhin hat die Orchidee inzwischen Klassiker wie den Weihnachtsstern und das Alpenveilchen abgehängt. „Was den Warenwert anbelangt ist die Orchidee inzwischen die meistverkaufte Pflanze in Deutschland“, sagt Dötterer.