Eine Initiative will auf der Schlotwiese einen „Erinnerungsort“ zu den dort zwischen 1942 und 1967 situierten Lagern realisieren. Mit dabei sind der Historiker Mathias Beer und Alt-Bezirksvorsteher Wolfgang Meyle.

Zuffenhausen - Um dies in die Wege zu leiten, und um „ein breites Bündnis in der Bevölkerung“ zur Umsetzung der Idee zu schmieden, hatten die Initiatoren am Freitag ins Restaurant Waldblick geladen, wo Alt-Bezirksvorsteher Wolfgang Meyle und der Historiker Mathias Beer die Versammlung mit gut 30 Teilnehmern leiteten. Meyle erinnerte daran, dass die Idee ins Jahr 1995 zurückreiche, als unter Federführung von Beer, Geschäftsführer des Landesinstituts für Donauschwäbische Geschichte und Landeskunde, die in der Zehntscheuer gezeigte Ausstellung „Fremde Heimat“ erarbeitet wurde: „Die Erinnerung an die Lager sollte in der Art von Kunst am Bau mit der von den Vereinen auf der Schlotwiese gewünschten Halle realisiert werden. Die Halle wurde aber nie gebaut und deshalb kam auch nie eine Gedenktafel oder etwas ähnliches zustande“, stellt Meyle fest. Nun sei klar, das die Halle nicht kommt. Und die Stadt habe „signalisiert, dass auf einer Teilfläche ein Gedenkstein aufgestellt werden könnte“. Zumal inzwischen auch die Pläne für Flüchtlingsunterkünfte auf dem Areal ad acta gelegt worden seien.

 

Die Geschichte der Lager setzt 1942 ein

Weshalb es angebracht wäre, einen „Erinnerungsort Lager auf der Schlotwiese“, so der Name des Projekts, zu gestalten, das skizzierte Beer in einem längeren Exkurs: „Diese Geschichte setzt 1942 ein, mit der Errichtung eines Lagers für etwa 3000 sowjetische Kriegsgefangene.“ Danach wurde das Lager links und rechts der Hirschsprungallee für „Tausende von Zwangsarbeiter“ erweitert. Belgier und Franzosen etwa, vor allem aber aus Osteuropa verschleppte Arbeitssklaven „mussten hier ihr Dasein fristen“, wie Beer feststellte. Diese Holz-Baracken, nach dem „Reichsarbeitsdienst“ RAD-Baracken genannt, wurden „nach der Befreiung der Zwangsarbeiter zur Unterbringung von Displaced Persons genutzt“. So nannte die US-Verwaltung Verschleppte, die in ihre Herkunftsländer zurückgeführt werden sollten, was dann aber aufgrund einer veränderten Lage in Ost-Europa unterblieb.

Und dies war dann der Beginn der Nachkriegsgeschichte des Lagergeländes auf der Schlotwiese. Denn nun wurden in den denselben Baracken, in denen zuvor Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter auf einem eingezäunten Gelände festgehalten wurden, Heimatvertriebene untergebracht. Laut Beer „zwischen 1600 und 1800 Menschen“. Schlesier, Sudetendeutsche, Donauschwaben vor allem, denen im Kern auch die Ausstellung „Fremde Heimat“ gegolten hatte. Das Gelände wurde Ende 1967 planiert, nachdem die letzten neun Familien ausgezogen waren.

Erst 1967 ziehen die letzten neun Familien weg

„Über diese Geschichte, die zwischen 8000 und 10 000 Menschen betrifft, sollte nicht hinweggegangen werden. Sie ist ein Teil der Geschichte Zuffenhausens, der Stadt und des Landes insgesamt“, stellte der Historiker fest. Mehrfach betonte er, dass der Erinnerungsort, in welcher Gestalt auch immer, „an alle Menschen erinnern soll, die hier ihr Dasein fristen mussten: Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter, Displaced Persons, Flüchtlinge und Vertriebene, denn Leid ist nicht teilbar.“

So fand die Idee in der Versammlung, an der neben zehn einstigen „Schlotwieslern“ rund ein Dutzend Vertreter verschiedener gesellschaftlicher Gruppierungen teilnahmen, breite Zustimmung. Ein „kleines Team“ will die Sache in die Hand nehmen und im Juli weitere Details und Ergebnisse von Gesprächen, nicht zuletzt mit der Stuttgarter Stadtverwaltung, vorstellen. Ein Zielpunkt für die Realisierung wurde bereits genannt: 2017, zum 40. Jahrestag des Endes von 25 Jahren „Lager-Geschichte auf der Schlotwiese“.