Die Telekoms Baskets Bonn streben nach dem Titelgewinn in der Champions League nun die erste Meisterschaft der Clubgeschichte an. Ihr größter Trumpf ist 1,75 Meter klein: BBL-MVP TJ Shorts.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Läuft es mal nicht, wechselt TJ Shorts einfach die Schuhe. So war das beispielsweise Ende März, als er mit den Telekom Baskets Bonn in der Basketball-Bundesliga (BBL) die MHP Riesen Ludwigsburg empfing. In der ersten Spielhälfte brachte er es nur auf zwei Punkte und es stand unentschieden. Also wechselte der 25-jährige US-Amerikaner zur Pause kurzerhand die Sneakers, trat dann in blauem Leder an – und fortan lief es rund.

 

Shorts kam am Ende auf 16 Punkte und bescherte den Bonnern den Sieg. „Es ist ein bisschen Aberglaube“, sagt der herausragende Spieler dieser BBL-Saison dazu. „Manchmal brauche ich in einem Spiel eine frischen Start“, hat er dem Basketball-Magazin BIG verraten. Und hinzu gefügt: „Ich habe das Gefühl, es hat mir immer geholfen.“

Kein Geheimrezept

In den ersten zwei Halbfinalduellen mit den MHP Riesen am Montag und Mittwoch brauchte Shorts nicht zu seinem Geheimrezept greifen, es lief auch so. Die Bonner gewannen angeführt von dem starken Spielmacher zweimal (80:71 und 94:65) und können bereits in der dritten Partie der Best-of-five-Serie am Samstag (20.30 Uhr) in Ludwigsburg den Finaleinzug klarmachen.

Und noch in einem anderen Punkt haben sie gegenüber den MHP Riesen die Nase vorn: Die Mannschaft gewann Anfang Mai in Malaga die Champions League. Das blieb den Ludwigsburgern bei ihren beiden Final-Four-Teilnahmen (2018 und 2022) verwehrt. Dieser Meilenstein – es war erst der fünfte Titelgewinn eines Bundesligisten überhaupt in einem europäischen Wettbewerb – unterstreicht, welch grandiose Saison die Telekom Baskets spielen. Das nötigt Respekt ab, auch dem Ludwigsburger Vorsitzenden und Ligapräsidenten Alexander Reil: „Für mich sind sie Favorit auf den Titel, und das sage ich nicht, weil sie gegen uns spielen.“

Der große Wurf?

Es ist vielleicht die vorerst letzte Chance auf den ganz großen Wurf. Denn die Zukunft des Bonner Bundesligisten mit einem geschätzten Etat von 6,5 Millionen Euro ist ungewiss. Was vor allem damit zu tun hat, dass sich Namenspatron Telekom 2024 definitiv verabschieden will. Dabei war der Name so untrennbar mit den Basketballern verbunden wie der Big Mac mit McDonald’s, seit 30 Jahren.

Es ist ein Rückzug auf Raten, der schon 2021 begann. Er führte zur kuriosen Situation, dass der Verein vergangenen Sommer gleich zwei Sätze Trikots bestellte, weil lange unklar war, unter welchem Namen er in die Saison gehen würde. Das Telekommunikationsunternehmen blieb dann doch erst mal noch zu reduzierten Konditionen am Ball.

Hohe Siegprämie

Da traf es ich bestens, dass der Gewinn der Champions League mit einer Siegprämie von einer Million Euro verbunden ist, was hilft, den Sponsorenausfall zu kompensieren. „Ja und nein“, hat Trainer Tuomas Iisalo auf die Frage geantwortet, ob ihn die Probleme des Clubs tangieren. Der Finne sagt: „Ich versuche, mit dem Verein Lösungen zu finden.“

Das versucht sein verlängerter Arm TJ Shorts auf dem Parkett – mit Athletik, Antritt und Antizipation. Und er beweist, dass Körpergröße nicht alles ist: Mit 1,75 Meter ist er mit Yago Mateus dos Santos (Ratiopharm Ulm) der kleinste Spieler in der Basketball-Bundesliga. „Ich habe unglaublichen Respekt vor seinem Ehrgeiz und seiner Zähigkeit. Das gibt unserem Spiel sehr viel Charakter und Selbstbewusstsein“, sagt Iisalo, der zum Trainer des Jahres gewählt wurde. Shorts wurde zum wertvollsten Spieler der Saison (MVP) gekürt nach 18,3 Punkten im Schnitt. Und es gibt noch mehr Gemeinsamkeiten bei den zwei ehemaligen Crailsheimern: Beide sind heiß umworben.

Wirtschaftliche Kriterien

Und da fällt immer wieder ein Name: Paris Basketball, ein junger Club, der von der privat organisierten Euroleague protegiert wird, um in die Königsklasse des Basketballs aufgenommen zu werden, wobei sportliche Kriterien weniger zählen als wirtschaftliche. Iisalo hat zuletzt betont: „Ich werde mich nach der Saison entscheiden.“ Ein Verbleib scheint aber eher unwahrscheinlich, genau wie bei Shorts. Das könnte für beide eine zusätzliche Motivation sein, den ersten Meistertitel nach Bonn zu holen.

Nach Informationen unserer Zeitung sollen auch die Ludwigsburger vor der Saison Interesse an Shorts gehabt haben, der ihnen dann aber wohl zu teuer war und nach Bonn wechselte. Das könnte sie nun teuer zu stehen kommen, auch wenn die MHP Riesen den Bonnern in dieser Saison eine ihrer nur zwei Niederlagen in der Hauptrunde zugefügt haben. Der Ludwigsburger Trainer Josh King betont: „Wir haben den Stolz, zu Hause zurückzuschlagen.“ Oder folgt die nächste Shorts-Show?