Gerhard Unger, der Abteilungsleiter der Tanzsportler des TSV Schmiden, bewältigt bei einem der härtesten Laufwettbewerbe, dem in den italienischen Alpen ausgetragenen Tor des Géants, 339 Kilometer und 31 000 Höhenmeter.

Schmiden - Der Zieleinlauf in Courmayeur war überwältigend. „Du bekommst einen total emotionalen Flash. Dir rennen da die Tränen runter“, sagt Gerhard Unger über die letzten Schritte beim Tor des Géants, einem der weltweit härtesten Ultra-Trailläufe. Wie bei Radrennen à la Tour de France stehen die Zuschauer im Ziel dicht gedrängt und sorgen für den einmaligen Empfang. Dass außerdem Gerhard Ungers Lebensgefährtin am Samstag 100 Meter vor dem Ziel den Ermatteten erwartete, machte dessen innerliche Aufwühlung perfekt.

 

31 000 Höhenmeter müssen die 763 Starter auf ihrem Rundkurs durch das Aostatal in den italienischen Alpen bewältigen

Dazu muss man wissen, dass jener Lauf, den der Abteilungsleiter der Tanzsportler des TSV Schmiden bewältigt hat, nicht irgendein Lauf ist. Auch die an sich schon unvorstellbare Länge von 339 Kilometer sagt für sich wenig aus. Es sind die Umstände, die den Lauf zu einem Erlebnis und einer Tortur extremster Art machen. 31 000 Höhenmeter hatten die 763 Starter auf ihrem Rundkurs durch das Aostatal in den italienischen Alpen zu bewältigen. Nicht etwa auf ordentlichen Waldwegen, sondern auf hochalpinem Geläuf über schmalste Pfade, Geröllfelder oder am Gletscher entlang. Steigeisen sind deswegen verpflichtender Teil des acht Kilogramm schweren Marschgepäcks.

Nach 150 Stunden ist Zielschluss, aber für Anspannung bei den Läufern sorgen die zehn Kontrollpunkte unterwegs. Wer die vorgegebenen Zwischenzeiten überschreitet, der wird gnadenlos aus dem Rennen genommen. Am fünften Tag meinte Gerhard Unger, auch ihm und seinem Kölner Mitläufer Stefan Scherzer würde der Ausschluss drohen. Bis zur nächsten Kontrolle waren knapp 40 Kilometer und mehrere 3000er-Berge zu bewältigen, aber scheinbar nur noch wenige Stunden Zeit. „Wir haben sechs Stunden Vollgas gegeben“, sagt Gerhard Unger. „Aufgeben kam nicht vor in meinem Wortschatz.“ Zehn Minuten vor elf Uhr erreichte das Duo sein Zwischenziel – um dort zu erfahren, dass ein Ankommen bis 23 Uhr gereicht hätte. Eine längere Pause gönnten sich der 51-Jährige und sein Laufgefährte, der selbst Ultratrails organisiert, danach aber nicht. „Ich habe insgesamt vier Stunden geschlafen“, sagt der ehemals als Turniertänzer in der höchsten Klasse aktive Mann vom TSV Schmiden.

Als 320. kam Gerhard Unger nach 144:40,46 Stunden ins Ziel. 317 Läufer mussten vorzeitig aufgeben

Als 320. kam er nach 144:40,46 Stunden ins Ziel. 317 Läufer mussten vorzeitig aufgeben; ein persönliches Drama, das manchen erst 15 Kilometer vor dem Ziel ereilte. Den Zielstrich hatten die Organisatoren übrigens kurzfristig nach hinten verlegt. Neun Kilometer, vor allem aber 7000 Höhenmeter kamen so zur ursprünglichen Planung hinzu. „Das war schon übel“, sagte Gerhard Unger, der sich dadurch aber nicht aus dem Konzept bringen ließ.

Immerhin wusste er engagierte Helfer vor Ort und im heimischen Backnang um sich. Sein angehender Schwiegervater Dieter Paschner hat den Extremsportler unterwegs versorgt und sich dabei ebenfalls ein Schlafdefizit eingehandelt. „Du brauchst Mineralien und Eiweiß“, weiß Gerhard Unger aus Erfahrung. „Ab und zu gab es auch Bier. Das war für den Magen sehr verträglich.“ Im Gegensatz zu anderen Häppchen, die unterwegs gereicht wurden, so dass die von Dieter Paschner vorbereitete Kraftnahrung genauso wertvoll war wie die Selbstmotivation unterwegs. „Ich bin froh und heiter, Glück ist mein Begleiter“, ist einer der Sprüche, mit denen Gerhard Unger sich und seinen noch mehr leidenden Laufpartner auf Trab hielt.

Von Blasen an den Füßen abgesehen, hat der Tanzsportler das Abenteuer gut überstanden

Erfreulicherweise hat Gerhard Unger das Laufabenteuer – von Blasen an den Füßen abgesehen – weitgehend unbeschadet überstanden. „Am Montag habe ich wieder Tanzen unterrichtet, dabei allerdings keine Tanzschuhe angehabt.“