Hausbesitzer bemängeln die Qualität der Gehwegreinigung durch die AWS. Die evangelische Gesamtkirchengemeinde, die besonders unter den Gebühren leidet, will die Regelung sogar vor Gericht kippen.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Stuttgart - Stuttgart - Begeistert war Matthias Hauber ohnehin nicht, als er von der Pflichtgebühr für Gehwegreinigungen erfahren hatte, die seit 2016 in Kraft ist. Jetzt ist der Unternehmer, dessen Firmennetzwerk in seiner Immobilie in der Gymnasiumsstraße im Hospitalviertel sitzt, aber ziemlich sauer: „Es ist ein wenig unbefriedigend, dass wir hier etwa von 8 bis 18 Uhr arbeiten und noch nie jemand einen städtischen Mitarbeiter gesehen hat, der den Gehweg reinigte.“ Und selbst wenn der städtische Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) zu früherer Stunde unterwegs sei: „Leergut liegt oft vier Tage hier rum – das kann bei den Versprochenen drei Reinigungen wöchentlich doch nicht sein.“ Hauber habe das mit Fotos dokumentiert.

 

Nachdem die Stadt vor drei Jahren verkündet hatte, dass Immobilienbesitzer in der City künftig meterweise für den Gehweg an ihren Hausfassaden zur Kasse gebeten werden, hat das hohe Wellen geschlagen. Proteste bewirkten, dass neue Gebührensätze ausgetüftelt wurden, die gerechter sein sollten. Doch bereits damals nahmen das die Hauseigentümer eher zähneknirschend denn begeistert hin.

Klage im November eingereicht

Deren Hoffnung könnte nun auf einer Klage ruhen, die von der evangelischen Gesamtkirchengemeinde im November 2016 beim Verwaltungsgericht eingereicht wurde. Hermann Beck, Leiter der Verwaltung und Kirchenpfleger glaubt, dass sie Erfolg haben könnte: „Wir sehen hier klare Ermessensfehler, die Bescheide der Stadt zur Kehrgebühr sind aufzuheben oder zumindest in Teilen unwirksam.“ Wann das Gericht darüber entscheidet, ist noch unklar. Einen Termin für die Anhörung gibt es jedenfalls noch nicht.

Die evangelische Gesamtkirchengemeinde kommt die Kehrgebühr besonder teuer zu stehen. Hospitalkirche, Stiftskirche und Leonhardskirche kosten sie rund 30 000 Euro an jährlich anfallenden Kehrgebühren. Eberhard Schwarz, Pfarrer der Hospitalkirche, kamen ebenfalls Beschwerden zu Ohren, dass die Leistungen der Stadt zu wünschen übrig ließen. „Das Geld, das verlangt wird, steht in keinem Verhältnis dazu“, sei der Eindruck vieler Hauseigentümer.

Qualität lasse zu wünschen übrig

Einer von denen, die sich von Anfang an gegen die Kehrgebühr gestellt hatten, ist auch Rechtsanwalt Peter Bürkle, in dessen Familienbesitz sich Immobilien in der Tübingerstraße im Gerberviertel befinden. Seinen damaligen Plan, ebenfalls rechtlich gegen des Vorhaben der Stadtverwaltung vorzugehen, hatte Bürkle verworfen, nachdem die Stadt bei den Gebührensätzen nachjustierte.

Jetzt ärgert ihn das offenbar etwas. „Der Hausmeister kehrt, die Ladenmieter kehren – und das jeden Morgen, obwohl die AWS sich eigentlich darum kümmern sollte“, sagt Bürkle. Vielleicht sei der Anspruch an Sauberkeit verschieden, aber aus seiner Sicht lasse „die Qualität sehr zu wünschen übrig.“ Um 9 Uhr eröffneten die Läden – ein Kindersachengeschäft, eine Bäckerei und ein Modeladen. „Wenn die AWS um 6 Uhr kommt, kann in diesen drei Stunden, in denen fast niemand unterwegs ist, ja wohl kaum neuer Müll anfallen“, so der Rechtsanwalt.

Abrechnung pro Gehwegmeter

Daraus will auch er jetzt Konsequenzen ziehen. Bürkle ist nämlich auch Vorsitzender des Reinigungsspezialisten QTS aus Ditzingen. Er zieht in Erwägung, den Hauseigentümern in der City mit dem privaten Reinigungsunternehmen bessere Preise zu machen, als die Stadt sie per Gebühr verordnet hat. Auch Matthias Hauber aus dem Hospitalviertel ist der Meinung, dass die Kehrgebühr trotz der Nachjustierung viel zu hoch ist. „Für das Geld könnte ich locker privat jemanden beschäftigen, der für Sauberkeit sorgt“, sagt er.

23,00 Euro pro Gehwegmeter im Jahr – so viel müssen die Immobilieneigentümer im Leonhardsviertel, im Hospitalviertel in der sogenannten Reinigungszone I seit 2017 noch bezahlen. Pech, wer ein Eckhaus wie der Hauber oder sogar lauter freistehende Liegenschaften wie die evangelische Kirche besitzt. In allen anderen Vierteln in der Innenstadt, die Reinigungszone II, gilt nach wie vor der höhere Satz von 53,80 Euro pro Meter. Dort wird aber auch sieben Mal in der Woche geputzt – anders als in den beiden günstigeren Vierteln außerhalb des Cityrings, wo das nur drei Mal wöchentlich stattfindet.

Anlieger und AWS widersprechen sich

Laut AWS wird die Reinigungszone I immer von 3.45 bis 20.55 Uhr gereinigt – also auch tagsüber. In der Reinigungszone II seien die Mitarbeiter der AWS zusätzlich von 21.15 bis 6 Uhr aktiv. „Die versprochenen Leistungen städtischerseits können aktuell alle eingehalten werden“, sagt Annette Hasselwander, Pressesprecherin der AWS. Und widerspricht damit Aussagen von Matthias Hauber und anderen Immobilieneigentümern, die das Gegenteil beobachtet haben wollen.

Wer nun auch im Recht ist: Der Unmut über die Regelung bleibt bestehen. Pfarrer Eberhard Schwarz: „Die grundsätzliche Frage ist, wie viel die Anlieger vom Müll des Partyvolks auf der Theodor-Heuss-Straße und anderen Amüsiermeilen tragen müssen“, die er hauptsächlich für die Vermüllung verantwortlich macht. Zur Klärung dieser Frage kann womöglich nur die Klage am Verwaltungsgericht etwas beitragen.