Schonach, Ofterschwang, München – mehrere Wintersport-Weltcups in Deutschland mussten zuletzt abgesagt werden. Aber nicht nur hierzulande macht das warme Klima Sorgen. In der Schweiz kommt der Schnee teils aus der Fabrik.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - Zum 50. Mal sollte an diesem Wochenende der traditionsreiche Schwarzwaldpokal in Schonach stattfinden – die Betonung liegt auf sollte. Der chronische Schneemangel im Schwarzwald, von dem auch weite Teile der Alpen betroffen sind, lässt die große Sause platzen. Als wären die Nordischen Kombinierer nicht schon genug geplagt. Die Öffentlichkeit nimmt wenig Notiz von ihnen, nur bei olympischem Gold sind die Zuschauer dabei. Außerdem beklagt die Szene um deutsche Größen wie Eric Frenzel und Johannes Rydzek, dass es viel zu wenig Weltcups in der nordischen Königsdisziplin gibt und Ende Februar alles vorbei ist.

 

Vielleicht werde nun der Weltcup Anfang März nachgeholt, sozusagen als verspätetes Saisonfinale – das hoffen zumindest die Schonacher Organisatoren. So sei man verblieben mit dem Ski-Weltverband Fis, obwohl die oberste Behörde natürlich weiß: „Bekommt ihr erst mal Schnee!“ Es war immer schon nicht einfach für den Schwarzwaldort, den Weltcup wegen latenter Schneearmut überhaupt hinzubekommen. Irgendwie ging es meistens gut – auch mit Schnee, der vom Feldberg geholt und mit Lastkraftwagen ins Wittenbachtal gekarrt wurde.

Nicht nur die Kombinierer schauen in die Röhre

Diesmal aber ging gar nichts – lange Zeit lag nicht einmal am Feldberg Schnee. Die deutschen Mittelgebirge waren zuletzt prädestiniert für Wanderfreunde, die bei frühlingshaften Temperaturen die Natur erleben wollen – aber für die Wintersportler sind diese Gegenden nicht brauchbar gewesen. So wurde auch der Biathlon-Weltcup in Oberhof abgesagt und ins tiefe Bayern nach Ruhpolding verlegt. Also nicht nur die Kombinierer schauen in diesem Nichtwinter in die Röhre.

Nach der wetterbedingten Absage mehrerer Veranstaltungen will der Deutsche Skiverband (DSV) nun eine mögliche Terminverlegung der Weltcups diskutieren. „Nach diesem Winter müssen wir darüber nachdenken, wir sind da auch im Dialog mit den Weltverbänden“, sagt der DSV-Generalsekretär Florian Kurz. Man befinde sich aber auch in einem Interessenskonflikt, denn auf der anderen Seite seien gerade diese frühen Zeitpunkte medial interessant. Der DSV hat knapp eine Million Euro in moderne Schnee-Erzeuger investiert. „Wir müssen dazu übergehen, Schneemanagement zu betreiben, damit wir auch bei solchen schneearmen Wintern die Wettkämpfe absichern können“, so Kurz.

Kitzbühel bangt um das Hahnenkammrennen

Es sind ja schon die Organisatoren in den Alpen heillos überfordert mit der schneearmen Situation. Im Vorfeld des Abfahrtsklassikers in Kitzbühel bitten die Veranstalter dieser Tage die Medienvertreter schon zu einer Schneekontrolle, bei der darüber aufgeklärt werden soll, wie und ob am Hahnenkamm zwischen dem 19. und 24. Januar gefahren werden kann. Ohne hohen technischen Aufwand können Alpine und Langläufer indes schon lange keine Weltcups mehr austragen. Die Beschneiungsanlagen laufen auf Hochtouren, im Schweizerischen Wengen werden die Schneemassen mit Helikoptern auf den Hang gebracht, die alpinen Rennen sollen nächste Woche stattfinden können. Das Ziel für die Abfahrt wird wohl weit nach oben verlegt – anders geht es nicht.

In Lenzerheide fahren die Langläufer bereits auf Schnee aus der Fabrik. In Containern werden trockene Eisplättchen produziert. Wasser wird dort bis zum Gefrierpunkt gekühlt. So werden die Plättchen dann auf einen Haufen geblasen und verteilt. 100 000 Franken kostet die Organisatoren im Bündnerland die aufwendige Schneeproduktion. „Wir hätten sonst keine wettkampftaugliche Loipe bieten können“, sagte der OK-Präsident Hannes Parpan der „Neuen Zürcher Zeitung“. Es gibt aber auch Schneefarmen. Da wird das weiße Gold mit einer 40 Zentimeter dicken Sägemehlschicht im Sommer gelagert und im Herbst wieder ausgebuddelt.

Ofterschwang muss wieder passen

Gleich reihenweise musste der Ski-Weltverband Fis in diesem Winter Weltcuprennen absagen: in München, Zagreb und St. Anton. Auch der charmante Allgäuer Weltcup in Ofterschwang (geplant für den 16. und 17. Januar) findet nicht statt, dort sollten die alpinen Frauen einen Riesenslalom und einen Slalom bestreiten. „Das ist ein Rennen, das auch international einen sehr hohen Standard hatte, es war immer ein kleiner Rohdiamant auf der Frauen-Tour“, sagt der DSV-Alpinchef Wolfgang Maier, der die Absage als „sehr bitter“ bezeichnet. Die Fis sucht nun einen Ersatzort. Und der DSV muss befürchten, dass Ofterschwang wegen anhaltenden Schneemangels vielleicht einmal ganz aus dem Programm fällt – so wie schon der Weltcup in Zwiesel im Bayerischen Wald.

Seit 14 Jahren findet bei den Frauen derweil erstmals wieder eine Sprint-Abfahrt mit zwei geteilten Durchgängen statt. „Dieses Format kommt mir entgegen“, sagt die deutsche Rennläuferin Viktoria Rebensburg, weil sie nach einer hartnäckigen Erkältung erst wieder fit werden muss. Die Mini-Abfahrt an diesem Wochenende in Altenmarkt-Zauchensee ist der Ersatz für die gestrichenen Rennen in St. Anton. Der spektakulär steile obere Streckenteil einer klassischen Abfahrt fehlt dann in Altenmarkt, doch wie einigen ihrer Konkurrentinnen gefällt auch Rebensburg die Lösung mit zwei Fahrten über 1,9 Kilometer. „Bei der aktuellen Schneesituation finde ich es auf jeden Fall gut, dass wir überhaupt Speed-Rennen fahren können“, sagt sie. Man macht aus der Not eine Tugend.

Was waren das doch für wunderbare Zeiten, als der „Herminator“ Hermann Maier einen Riesenslalom in Todtnau gewann. Ewigkeiten ist es nicht her: Am 5. Februar 2000 waren im Schwarzwald Schnee und Rodel noch ziemlich gut.