Sie haben freies WLAN, USB-Steckdosen, Leselampen und anderen Komfort, dennoch steigen bisher relativ wenige Menschen in die Relex-Busse der Region. Das soll sich spätestens 2019 ändern – indem die Expressbusse noch öfter fahren.

Lokales: Alexander Ikrat (aik)

Stuttgart - Wer mit Bus und Bahn vom einen Ende der Region Stuttgart ans andere will, muss immer durch die Stuttgarter Innenstadt. Weil dieses Grundprinzip des Stuttgarter S-Bahn-Netzes schon seit Jahren an seine Grenzen stößt, gibt es seit Dezember 2016 sogenannte Expressbusse, die wichtige Ziele verbinden sollen und dabei an der Innenstadt vorbeifahren. Seitdem gibt es die blauen Relex-Busse, die von Kirchheim/Teck über Wendlingen, Köngen, Denkendorf und Neuhausen zum Flughafen (X 10), von Leonberg über Gerlingen/Schillerhöhe und die Universität Vaihingen zum Flughafen (X 60) sowie von Waiblingen nach Esslingen (X 20) fahren. Dies waren die drei unter elf untersuchten Linien, die der Regionalversammlung einst den größten Erfolg für den Start der neuen Schnellbusse versprachen.

 

Nur die X 20 erfüllt eine Prognose

Allerdings klafften die beiden Prognosen, die zur Entscheidung vor vier Jahren zur Verfügung standen, gehörig auseinander. Für die X 10 etwa ging die Uni Stuttgart von mehr als 3700 Menschen aus, die täglich aus dem Raum Kirchheim in Richtung Flughafen wollen, während der VVS nur auf 700 kam. Tatsächlich waren es im ersten Betriebsjahr 2017 nun zwischen 300 und 640 Fahrgäste täglich. Auf der X 60 erwarteten die Uni 2100 und der VVS 600 Fahrgäste, gekommen sind zwischen 230 und 440. Auf der X 20 gingen die Uni von 1700 und der VVS von 200 Fahrgästen aus, tatsächlich waren es zwischen 270 und 690. Obwohl die Zahlen bei Stichproben gewonnen wurden und auch noch nicht auf Jahreswerte hochgerechnet sind, machte sich in der jüngsten Sitzung des regionalen Verkehrsausschusses bei vielen Ernüchterung breit. „Die Nutzung ist enttäuschend“, resümierte etwa der stellvertretende CDU-Fraktionschef Rainer Ganske, „der Maßstab zur Einführung war damals schon die Prognose der Uni“. Der Böblinger Ex-Landrat Bernhard Maier, Verkehrsexperte der Freien Wähler, pflichtete ihm bei: „Mit den Zahlen des VVS hätten wir die Expressbusse nicht auf die Reise geschickt. Wir sind im Augenblick nicht zufrieden.“

Wolfgang Hoepfner (Linke) erinnerte daran, dass seine Fraktion von Anfang an „ein Problem zwischen Aufwand und Ertrag gesehen“ und sich eher an der VVS-Prognose orientiert habe. Hoepfner sieht Potenzial bei der X 20, aber „sowohl die X 10 als auch die X 60 funktionieren als ganze Linie nicht“. Eva Mannhardt (Grüne) kritisierte in derselben Richtung, dass die Mehrheit des Gremiums sich zu sehr auf den Flughafen konzentriert habe: „Gerade die tangentialen Querverbindungen sind gefragt und nicht der Flughafen.“ In der Prognose der Uni sah dies freilich anders aus.

Viele fahren zur Universität in Vaihingen

Tatsächlich fahren von Leonberg aus viele Fahrgäste zur Universität, wo auch der Spitzenwert von 57 Fahrgästen in einem Bus mit 41 Sitzplätzen gezählt wurde. An der Uni aber bleiben über alle Fahrten am Tag insgesamt nicht einmal 100 Fahrgäste sitzen, um weiter zum Flughafen zu kommen. Ähnlich ist das Bild bei der X 10, wo die meisten Fahrgäste zwischen Kirchheim und Denkendorf – vor allem zwischen Köngen und Denkendorf – unterwegs sind und weniger von Denkendorf weiter zum Flughafen oder von dort in Richtung Denkendorf wollen. Auf der X 20 als einziger, die über der VVS-Prognose liegt, fuhren die meisten zwischen Waiblingen und Kernen-Stetten mit. Immerhin sind die Expressbusse in der Stauregion Stuttgart recht pünktlich: Nur durchschnittlich drei von hundert Bussen waren um zehn oder mehr Minuten verspätet.

Weil die Testphase der drei Linien bis Ende 2019 dauert und weil Buslinien laut Wirtschaftsdirektor Jürgen Wurmthaler länger brauchen, um bekannt zu werden als S-Bahn- oder Stadtbahnlinien, will der Ausschuss das Angebot zum Fahrplanwechsel im Dezember sogar erweitern.

Da sich die Fahrgäste an den Nachmittagen über einen größeren Zeitraum verteilen als bisher angenommen, fahren die X-Busse künftig länger im Halbstundentakt, von etwa 14.20 bis 18.30 Uhr. Danach gilt wieder der Stundentakt. Das lässt sich die Runde – einstimmig – 200 000 Euro zusätzlich kosten. Macht 2,4 Millionen Euro Zuschuss.

Die Grünen scheiterten mit 13:13-Stimmen denkbar knapp mit dem Ansinnen, schon 2018 darüber sprechen zu wollen, welche Linien 2019 neu dazukommen könnten. Dazu waren CDU und Freien Wählern die aktuellen Zahlen zu ernüchternd. Einig war sich die Runde auch, dass mehr Werbung für Relex gemacht werden soll.