Um Baden-Württemberg breiter mit schnellem Internet zu versorgen, will das Land Investitionen von Privatleuten in den Glasfaser-Ausbau unterstützen. Mit diesem Modell will das Land europaweit eine Vorreiterrolle einnehmen.

Stuttgart - Schnelles Internet an jeder Milchkanne – davon ist der Breitbandausbau Baden-Württemberg noch weit entfernt, im kommenden Jahr will die Landesregierung allerdings einen großen Schritt nach vorne machen. Dazu plant das Innenministerium – zu dessen Aufgaben die Digitalisierung gehört – ein Pilotprojekt. Innenminister Thomas Strobl (CDU) will mit einem sogenannten Voucher-Modell Anreize schaffen, um die Verbreitung von Glasfaseranschlüssen voranzutreiben. Das sei dringend notwendig, findet Daniel Karrais, er ist bei der FDP-Fraktion im Landtag Sprecher für Digitalisierung: „Baden-Württemberg nimmt bei echten Glasfaseranschlüssen im Bundesvergleich mit nur 6,2 Prozent den letzten Platz ein.“

 

Das Gesamtvolumen für das Projekt beträgt fast vier Millionen Euro, die verteilt auf zwei Jahre ausgeschüttet werden sollen. Das Geld stammt aus den Breitbandmitteln – diese belaufen sich im Doppelhaushalt 2020/2021 auf 600 Millionen Euro.

Profitieren sollen Immobilieneigentümer und Mieter

Mit dem Pilot-Projekt will das Innenministerium herausfinden, ob Gutscheine in Höhe von 500 Euro pro Stück genügend Zugkraft entwickeln, damit Privatleute oder Firmen in den Wechsel von Kupfer- oder Glas-Kupfer-Zugangsnetzen auf reine Glasfasernetze investieren. Zum Vergleich: Nach Schätzungen des Ministeriums kostet ein Hausanschluss zwischen 1000 und 2000 Euro – je nachdem wie weit die Abnehmer von bereits verlegten Glasfaserkabeln entfernt wohnen.

Die Vouchers sind in drei verschiedenen Varianten vorgesehen: Bei Variante 1 erhält der Eigentümer einer Immobilie den Zuschuss, wenn er einen Glasfaseranschluss bis ins Haus oder die Wohnung legen lässt (FttB); zweitens können Internetkunden den Zuschuss erhalten, wenn sie einen „Gigabit-Vertrag“ abschließen; die dritte Variante ist eine Kombination aus Neuverlegung und neuem Vertrag.

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Dazu heißt es aus dem Innenministerium: „Wir wollen die Ausgabe von Gutscheinen und deren Wirkung auf den Breitbandausbau in drei schlecht versorgten Gemeinden im ländlichen Raum mit jeweils rund 5000 Einwohnern erproben.“

Welche das sind, stehe noch nicht fest, man sei aber bereits in Gesprächen mit möglichen Testpartnern. Dazu sollen drei weitere Gemeinden mit vergleichbaren Kennzahlen, aber ohne Voucher-Förderung zu Untersuchungszwecken beobachtet werden. Um die Testphase zu begleiten und die Daten hinterher wissenschaftlich auszuwerten, wird Anfang des Jahres 2020 die wissenschaftliche Begleitung für das Voucher-Projekt ausgeschrieben. Denn „wissenschaftlich fundierte Zahlen liegen für Deutschland bislang nicht vor“, so die Aussage aus dem Ministerium.

Das Land will EU-weit Vorreiter sein

Man wolle sich daher die Ergebnisse aus der Testphase „ergebnisoffen“ ansehen, so eine Sprecherin, und behalte sich vor, das Voucher-Modell nach der Pilotphase wieder einzustellen. Generell befinde sich das Gutschein-Projekt noch in der „Konzeptionsphase“, man warte noch auf die Genehmigung von der EU-Kommission, die muss bei derartigen Beihilfe-Projekten zustimmen. Ein konkretes Startdatum stehe also noch nicht fest, man rechnet nach Aussagen des Innenministeriums allerdings mit einer Zusage. Wenn alles klappt, nimmt Baden-Württemberg mit dieser Art der Voucher-Förderung eine EU-weite Vorreiterrolle ein.

„Weiße Flecken“ schließen

Nachteile dieser Art der Bezuschussung lägen laut Analyse des Ministeriums darin, dass es zu Mitnahmeeffekten oder Streuverlusten kommen könnte. Ersteres tritt dann ein, wenn neben den Antragstellern, für die die Politik die Förderung vorgesehen hat, auch andere die Begünstigungen in Anspruch nehmen – also solche Personen oder Unternehmen, die auch ohne den Zuschuss in Glasfaseranschlüsse investiert hätten. Man wolle deshalb sehr eng und genau formulieren, was förderfähig ist. Um Streuverluste zu verhindern, will man die Glasfaser-Voucher nur in sogenannten „Weißen Flecken“ genehmigen, also Gebieten, in denen der Ausbau noch sehr spärlich vorankommt.

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Ziel sei es, die Nachfrage nach Glasfaser zu erhöhen, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Denn damit werde der Glasfaser-Ausbau wiederum für Telekommunikationsunternehmen wirtschaftlich interessant. Bislang würden Kommunen gefördert, die dann Glasfaser in der Erde verlegen. Das geplante Projekt sei ein neuer Ansatz. „Wir halten den Glasfaser-Voucher für eine wichtige Ergänzung der Förderkulisse, um eigenwirtschaftlichen Ausbau von Gigabitnetzen anzukurbeln“, beurteilt der FDP-Abgeordnete Karrais die Planung.