Genossenschaften wollen die Erschließung des Landes mit schnellem Internet vorantreiben. Noch wirft ihnen die Politik allerdings Knüppel zwischen die Beine.

Leinfelden - Nach den Vorstellungen des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands (BWGV) können Genossenschaften in Zukunft einen erheblichen Beitrag dazu leisten, schnelles Internet im ganzen Land verfügbar zu machen. „Genossenschaften könnten hier verstärkt aktiv werden“, sagte BWGV-Präsident Roman Glaser am Dienstag in Leinfelden bei Stuttgart. Unter den derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen sei das allerdings „noch unattraktiv“. „Das muss sich schnell ändern“, sagte Glaser.

 

Die flächendeckende Bereitstellung von leistungsfähigen Datenleitungen, etwa zur Übertragung von Internet-Dienstleistungen, ist eines der Regierungsziele der noch amtierenden grün-roten Landesregierung. Auch bei den sich abzeichnenden neuen Koalitionspartnern im Land – den Grünen und der CDU – gilt das Vorhaben als unumstritten.

Denn in Baden-Württemberg gibt es immer noch viele Gebiete, meist weitab der urbanen Zentren, die nur über eine unzureichende Anbindung an leistungsfähige Datenleitungen verfügen. Insbesondere für die Ansiedlung von Wirtschaftsbetrieben, aber auch von jungen, internetaffinen Bevölkerungsgruppen, ist das ein Hemmschuh.

Private Anbieter investieren zu wenig auf dem Land

Private Anbieter - etwa die großen Telekommunikationsgesellschaften – verspüren aus wirtschaftlichen Gründen oft wenig Neigung, die meist dünn besiedelten ländlichen Gebiete mit der teuren Daten-Infrastruktur auszustatten. Aus diesem Grund sind in der jüngeren Vergangenheit in vielen Fällen Zweckverbände eingesprungen und haben die Datenleitungen gelegt. Als meist kommunal getragene Organisationen kommen sie in den Genuss von Landes-Fördermitteln, um die oft Millionen Euro teuren Investitionen zu stemmen. Um Landeszuschüsse zu erhalten, müssten Unternehmen in Baden-Württemberg, anders als in anderen Bundesländern, zu mindestens 51 Prozent in öffentlichem Besitz sein, sagte Glaser – eine Regelung, die nach Ansicht des BWGV-Präsidenten den Breitbandausbau entscheidend ausbremst, weil Genossenschaften so ausgeschlossen werden. Sie sind meist privat getragen und so aus Landessicht nicht förderfähig.

Wer bekommt staatliche Zuschüsse?

Der Genossenschaftsverband hält diese Regel für überkommen, auch weil andere Bundesländer mit lockereren Förderkriterien speziell beim Breitbandausbau besser fahren. „In Bayern und Nordrhein-Westfalen“ gebe es bereits Genossenschaften, die sich auf Datennetze spezialisiert hätten und so den Ausbau von Datenautobahnen beschleunigten, sagte der BWGV-Präsident. Und auch in Baden-Württemberg spüre man, dass die Nachfrage im Genossenschaftsbereich da sein. Mittelständische Unternehmen auf dem Land würden sich nach Glasers Ausführungen in vielen Fällen oft nur zu gerne zusammentun, um die Digital-Infrastruktur gemeinschaftlich als Genossenschaft aufzumöbeln. „Das Geld ist da, die regionale Verwurzelung auch“, sagte der BWGV-Präsident. Mit der noch amtierenden Landesregierung sei man „in Gesprächen“, die Förderbedingungen umzustellen. Die Politik sei bei der Frage „sehr offen“.

Nach dem Abebben der Gründungswelle im Energiebereich, suchen die Genossenschaften neue Betätigungsfelder. Bis vor wenigen Jahren war der Genossenschaftsgedanke, der in Baden-Württemberg besonders stark verwurzelt ist, zu einem Gutteil von vielen Neugründungen rund um Erneuerbare Energien getragen worden. Viele Bürger investierten Geld in Biogasanlagen, Nahwärmenetze, Solar- oder Windparks und wählten dafür die Rechtsform der Genossenschaft.

Durch den Übergang der staatlichen Förderung von fixen Vergütungen für Ökostrom zu Ausschreibungen ist die Dynamik jäh beendet worden. Nach BWGV-Angaben gab es 2015 keine einzige neu gegründete Energiegenossenschaft. 2016 waren es immerhin schon wieder zwei.