Das erste Stück des ersten Radschnellwegs in der Region Stuttgart wurde zwar schnell realisiert, eine Fortführung der Strecke mit hohen Standards gestaltet sich aber als schwierig. Sie könnte entlang der A81 führen – wenn sie ausgebaut ist.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - Die Kriterien für einen Radschnellweg sind hoch: Mindestens vier Meter muss er breit sein, möglichst kreuzungsfrei und hohe Geschwindigkeiten ermöglichen, damit Pendler auf das Fahrrad umsteigen. Der Bau des ersten Radwegs dieser Art in der Region Stuttgart ist von der Landes- und Kreispolitik groß gefeiert worden. Dafür wird derzeit eine ehemalige Panzerstraße im Wald zwischen Stuttgart und Böblingen sowie Sindelfingen asphaltiert, im Frühjahr sind die Bauarbeiten fertig. Beim Spatenstich forderte Verkehrsminister Winfried Hermann den Kreis und die Städte auf, zügig für Anschlüsse an die Route zu sorgen. Ideen gibt es zwar, aber das bisher beim Radschnellweg vorgelegte Tempo lässt nach.

 

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Alle Beteiligten setzen auf die Machbarkeitsstudien für den weiteren Streckenverlauf. Die Landeshauptstadt geht von einem Termin Mitte 2019 aus. „Unser Ziel ist es, Routen für Radschnellwege festzulegen und diese mit den Radschnellwegplanungen der umliegenden Landkreise zu verknüpfen“, erklärt das Stadtplanungsamt zu der Aufforderung des Verkehrsministers. Das Landratsamt Böblingen rechnet damit, dass sie zum Jahresende vorliegt. Aktuell stimmt sich die Kreisbehörde mit den Kommunen ab. „Wir wissen, dass es weitergehen muss“, sagt der Sindelfinger Stadtplaner Gunnar-Steffen Kimmel. Doch sieht er die Aufgabe beim Landratsamt verankert. In Böblingen gehen die Überlegungen weiter, berichtet Frank Bader, der Leiter des Tiefbau- und Grünflächenamts: Der Radschnellweg werde nicht am Waldrand enden, sondern die bestehende Strecke an der Kreisstraße soll ebenfalls auf eine Breite von vier Metern bis zum Thermalbad am Stadtrand ausgebaut werden.

Lärmschutzdeckel als Voraussetzung

Laut Frank Bader konzentrieren sich die Überlegungen für die weitere Streckenführung dann auf den Korridor der A 81. Konkreter seien die Ideen noch nicht, schränkt er ein. Aber der Radschnellweg würde dann durch die Mitte der beiden Arbeitsplatzschwerpunkte von Böblingen und Sindelfingen führen – direkt am Daimler-Werk und am Industriegebiet Hulb vorbei. Die Voraussetzung für diese Route ist der Lärmschutzdeckel, der über die ausgebaute Autobahn gelegt wird. So weit wird es frühestens in acht Jahren sein. „Durch die Städte hindurch ist utopisch“, sagt der Böblinger Amtsleiter. Abgesehen vom Platzmangel stellen die vielen Kreuzungen ein Hindernis für den Radschnellweg dar.

Die Einbeziehung des Deckels über der Autobahn stelle nur eine mögliche Variante dar, teilt das Landratsamt mit. „Wir sind grundsätzlich jedoch bestrebt, die Anbindung der Radschnellverbindung in die Städte zu verbessern“, so die Kreisbehörde zur Anschlussfrage. Außerdem wird in der schriftlichen Antwort betont, dass die Radschnellverbindung Böblingen–Sindelfingen–Stuttgart „grundsätzlich für sich allein mit einer Streckenlänge von mehr als fünf Kilometern bereits die Anforderungen einer Radschnellverbindung erfüllt.“ Und der nächste Satz vom Landratsamt klingt, als wäre eine Fortführung der hohen Standards nicht unbedingt nötig: Der Radschnellweg schließe auch bereits an die bestehenden Radnetze der Städte Böblingen, Sindelfingen und Stuttgart an.

Elbenplatz ist der kritische Punkt

Am Ende des Radschnellwegs auf Stuttgarter Seite gelangt der Radler über die ausgeschilderte Hauptradroute 1 in die Innenstadt. Fahrradschutzstreifen und Fahrradstreifen sind auf den Straßen markiert. Auf Sindelfinger Seite wird der bestehende Radweg zwischen der Kreisstraße am Wald und Mahdentalstraße saniert. Neue Radwege sind in der Stadt momentan nicht geplant. „Wir haben ja schon ein Netz, es ist nur nicht up to date“, sagt Gunnar-Steffen Kimmel. In Sindelfingen wird seit zwei Jahren an einem Radverkehrskonzept gearbeitet, dieses Jahr soll es noch einen Sachstandsbericht geben.

In Böblingen könnte bis in zwei Jahren ein Meilenstein für den innerstädtischen Radverkehr gesetzt werden: „Das allererste durchgängige Angebot für Radfahrer von Ost nach West“, erklärt Frank Bader. Von der Calwer Straße bis zur Bundesstraße 464 sind die Radfahrstreifen gerade im Bau. Nächstes Jahr sollen sie bis zur Parkstraße fortgesetzt werden. Das schwierigste Stück ist der Elbenplatz. Den Autofahrern müsste ein Fahrstreifen weggenommen werden. „Im Moment kommt dort auf 99 Autos ein Fahrrad“, führt er die Verhältnismäßigkeit vor Augen und ergänzt: „Irgendwann muss man aber umsteuern.“