Studenten der Uni Stuttgart entwickeln Ideen für ein neues Quartier in Stuttgart-Süd und stellen sie zur Diskussion. Dabei geht es ihnen nicht in erster Linie um Architektur, sondern um ganz andere Fragen.

Im kommenden Jahr wird das Statistische Landesamt (Stala) seinen Standort in der Böblinger Straße in Heslach verlassen und nach Fellbach umziehen. Die Frage, was mit dem Komplex und dem rund 15 000 Quadratmeter großen sogenannten Erwin-Schoettle-Areal in Zukunft passieren soll, wird damit immer dringlicher. Auf der Fläche stehen zudem Gebäude der Universität Stuttgart, die allerdings erheblich später freiwerden dürften. Viel Entwicklungspotenzial mitten in Stuttgart-Süd also.

 

Entscheidend sei, wer den Raum nutze und belebe

19 Studierende des internationalen Masterstudiums „Integrated Urbanism and Sustainable Design”, das gemeinschaftlich vom Institut für Landschaftsplanung und Ökologie und dem Städtebau-Institut der Universität Stuttgart durchgeführt wird, haben deshalb nun in einem Semesterprojekt Ideen entwickelt, wie ein zukünftiges Quartier an dieser Stelle gestaltet sein könnte. Dabei ging es den Studierenden nicht in erster Linie um Architektur. Im Zentrum der Überlegungen der jungen Wissenschaftler standen andere Fragen: zur Sozialstruktur des neuen Viertels, zur Begrünung der Flächen, zu bezahlbarem Wohnraum, aber auch Fragen zur Förderung von Interaktion unter den Anwohnern sowie zur Entwicklung der lokalen Wirtschaft.

Entscheidend sei „wie dieser Raum genutzt wird, wer ihn durchschreitet, wer ihn belebt, wer all dies definiert und Regeln festlegt“, betonte am Sonntag die Studentin Anna-Kathrin Schneider anlässlich der Präsentation der Ergebnisse auf dem Universitätsgelände an der Böblinger Straße.

Nach Ansicht der Studenten sollten diese Regeln vor allem die Menschen selbst vorgeben, die hier leben. Erst durch ihr Handeln, so die Studierenden, werde bloßer Raum zu individuellen Orten.

Wie auch das Schoettle-Areal sich zu einem solchen Ort entwickeln könnte, genau das zeigen die jungen Wissenschaftler aktuell in einer Ausstellung, die in den kommenden zwei Wochen auf dem Campus gegenüber dem Erwin-Schoettle-Platz zu sehen ist. Vorab haben die Studierenden am Sonntag ihre Ideen zur Umnutzung und Umgestaltung des Areals im Rahmen eines Podiumsgespräch mit Vertretern aus Politik, Verwaltung, Kultur und des sozialen Lebens diskutiert.

Ein Umbau des Bestandsgebäudes hätte ökologische Vorteile

Dabei bescheinigte Andreas Hofer, Intendant der Internationalen Bauausstellung 2027, den Studenten „grundsätzlich die richtigen Fragen zu stellen“.

Raiko Grieb (SPD), Bezirksvorsteher von Stuttgart-Süd, unterstrich, dass es wichtig sei, in diesem Zusammenhang Überlegungen zur wirtschaftlichen Entwicklung des Areals zu führen. „Das Statistische Landesamt ist der drittgrößte Arbeitgeber im Stadtbezirk“, so Grieb. Von den Menschen, die in der Behörde arbeiten, lebten auch viele Einzelhändler im Umfeld.

Thomas Fadini von der Bürgerinitiative Solidarische Nachbarschaft Schoettle-Areal betonte die Chancen, die darin liegen, das Stala-Gebäude zu erhalten: „Durch das Einsparen eines neuen Bauwerks würde man viel Geld und Ressourcen sparen“, so Fadini. Die Initiative macht sich selbst seit rund zwei Jahren stark dafür, dass auf dem Gelände bezahlbarer Wohnraum entsteht und ein Leerstand vermieden wird. Auch Podiumsteilnehmerin Christel Gerstenäcker von den Naturfreunden Stuttgart sieht im Umbau des Bestandsgebäudes ökologische Vorteile.

Voraussetzung für das Entstehen preisgünstiger Wohnungen ist freilich, dass die Stadt das Gebäude vom Land erwerben kann. Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) bestätigte in diesem Zusammenhang, dass Gespräche darüber derzeit geführt würden. „Wir sind zuversichtlich, dass wir das Gebäude bekommen“, erklärte Pätzold.

Gegenüber Spekulationen, dass das Schoettle-Areal Teil der Bauausstellung 2027 werden könnte, zeigte sich IBA-Intendant Hofer zurückhaltend: „Wie stark wir uns ins Schoettle-Areal einbringen, können wir im Moment noch nicht beurteilen“, sagte Hofer.