Seit 2022 bleiben die Straßenlampen in den Schorndorfer Nebenstraßen nach Mitternacht aus Kostengründen aus – ein Sparmodell, mit dem sich viele Bürger nicht anfreunden können.
Es kommt nicht allzu oft vor, dass sich die Nachrichtenteams deutscher TV-Sender auf den Weg nach Schorndorf machen. Die 40 000-Einwohner-Kommune im Remstal ist zwar schon durch die schmucke Fachwerkkulisse der Altstadt immer wieder für einen Kameraschwenk gut. Doch in der Regel ist der Alltag in der Daimlerstadt nicht spektakulär genug, dass es für die abendliche News-Sendung reicht.
Bei der Entscheidung über die Nachtabschaltung der Straßenbeleuchtung war das anders. 2022 hatten die Schorndorfer beschlossen, das Licht in den Wohnstraßen zwischen Mitternacht und vier Uhr morgens aus zu lassen. Dass die Schwaben am Strom sparen müssen war denn beispielsweise dem Privatsender RTL doch einen TV-Bericht wert. Zumal der Verzicht aufs Straßenlicht in Schorndorf noch immer für Empörung sorgt.
„Ihr seid ja nicht ganz dicht“, ruft eine erboste Frau im Gemeinderat
„Ihr seid ja nicht ganz dicht“, rief eine sichtlich erboste Frau den Bürgervertretern zu, als es kurz vor Weihnachten im Gemeinderat erneut um die verkürzten Beleuchtungszeiten ging – und stapfte aus dem Sitzungssaal bevor sie von den Zuhörerrängen verwiesen werden konnte. Dass das Licht nachts nicht mehr leuchtet, sorgt bei vielen Menschen für ein Gefühl mangelnder Sicherheit – und hat Schorndorfs Oberbürgermeister Bernd Hornikel auch schon eine Morddrohung eingebracht.
Rauer Umgangston
In einem Interview mit den „Schorndorfer Nachrichten“ bekannte der Rathauschef, bereits vor Monaten ein anonymes Schreiben mit einer vom Stromspar-Beschluss ausgelösten Tötungsfantasie erhalten zu haben – was bei Bernd Hornikel nun zwar nicht für nackte Panik gesorgt hat, aber doch als Beleg dienen mag, wie rau der Umgangston im Kontakt mit der Bürgerschaft mitunter geworden ist.
Auch in der Lokalpolitik ist kein Geheimnis, dass die nächtliche Dunkelheit vielen Schorndorfern nicht passt. Obwohl laut einer Statistik der Polizei nach der Nachtabschaltung der Straßenlaternen weder die Zahl der Straftaten gestiegen ist noch die Unfallereignisse in die Höhe geschossen sind, haben jüngst gleich mehrere Fraktionen die Debatte ums teure Licht wieder auf die Tagesordnung gebracht.
Die Schorndorfer CDU wollte mit einem entsprechenden Antrag erreichen, dass sich die Schaltuhr an den Fahrzeiten von Bus und Bahn orientiert – ausgehen sollte das Licht erst, wenn niemand mehr mit dem öffentlichen Nahverkehr unterwegs ist. Die AfD-Fraktion wiederum machte sich dafür stark, den Plan zum Geldsparen komplett in die Tonne zu treten – und die Lampen am Straßenrand auch nachts brennen zu lassen.
Schorndorf spart beim Strom jährlich 114 000 Euro
Durchsetzen konnten sich die Befürworter längerer Beleuchtungszeiten nicht – beide Anträge scheiterten, wenn auch mit denkbar knapper Mehrheit. Denn mit der Nachtabschaltung spart Schorndorf immerhin sechsstellige Beträge ein. Ein Plus von jährlich 114 000 Euro kommt nach Rechnung der Stadtwerke zusammen, wenn die Lampen in den Nebenstraßen nachts nicht mehr durchbrennt.
Investition von 164 000 Euro
Ausgenommen vom Verzicht aufs Licht sind nur die Fußgängerzone in der Altstadt, die Hauptstraßen, die Bahnhöfe und die Fußgängerüberwege. Zwar musste Schorndorf für die nicht ganz einfache Schalttechnik für die Nachtlicht-Regelung erst mal 164 000 Euro investieren. Doch diesen Betrag hat die Stadt durch den seit 2022 gesparten Strom – immerhin 550 000 Kilowattstunden – inzwischen wieder eingenommen. „Auf einen sechsstelligen jährlichen Einsparbetrag kann nicht verzichtet werden“, heißt es bei der chronisch klammen Stadt.
Schorndorf: Bis 2028 soll die Umstellung auf LED-Technik abgeschlossen sein
Dennoch wird im Rathaus bereits an einem Konzept für die Neuausrichtung der Straßenbeleuchtung gearbeitet. Ende 2028 soll die Umstellung auf LED-Technik vollzogen sein. Denkbar könnte dann dank moderner Sensorik auch eine intelligente Lichtsteuerung sein – bei der die Straßenlampen angehen, wenn der Bewegungsmelder eine durch die Dunkelheit laufende Person erkennt.