Nach einer Auseinandersetzung mit zwei Verletzten brodelt in Schorndorf die Gerüchteküche. Rund 60 junge Menschen haben sich wohl zur Prügelei verabredet – jetzt bittet die Polizei um Fotos und Videos des Vorfalls.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Schorndorf - Nach einer Schlägerei mit zwei Verletzten wird in Schorndorf heiß über die Sicherheitslage in der Stadt diskutiert. Am Samstagnachmittag hatten sich in der Stadtmitte, in der Nähe der Künkelinhalle, zwei Gruppen von je rund 30 Jugendlichen und jungen Erwachsenen getroffen. Die Polizei vermutet, dass sie sich zu einer Abreibung verabredet hatten. Warum die Fäuste flogen und wie viele Menschen aktiv beteiligt waren, ist unklar. Als gesichert gilt, dass mindestens ein Schuss aus einer Schreckschusswaffe fiel. Ein 18-Jähriger wurde schwer, ein 19-Jähriger leicht verletzt.

 

Die Gruppe, der die Verletzten angehörten, bestand laut der Polizei vor allem aus Syrern und Afghanen, die andere sei „ethnisch bunt gemischt“ gewesen, auch Deutsche hätten dazugehört. Auf einen ausländerfeindlichen Hintergrund gebe es keine Hinweise. Im Internet brodelte bald darauf die Gerüchteküche: Unter anderem wurde behauptet, ein Mensch sei erschossen worden. Viele schoben Flüchtlingen die Verantwortung für die Schlägerei zu und zeichnen ein dramatisches Bild der Kriminalität in der Stadt allgemein und rund um Künkelinschule und -halle im Speziellen.

Polizei bittet um Fotos und Videos der Schlägerei

Die Polizei hat eine zehnköpfige Ermittlungsgruppe gebildet und ein Hinweisportal eingerichtet, bei dem Zeugen anonym Fotos und Videos der Schlägerei hochladen können. Die Arbeit der Ermittler steht nun jedoch in der Kritik: Die Polizei hatte in einer ersten Meldung von einer „Auseinandersetzung zwischen zwei Personengruppen“ geschrieben, die Waffe aber nicht erwähnt.

In sozialen Netzwerken kursierte schnell der Vorwurf der Vertuschung. „Es ging uns aber nicht darum, etwas unter den Teppich zu kehren“, sagt der Polizeisprecher Ronald Krötz. Dass die Waffe in der ersten Meldung nicht auftauchte, liege einerseits daran, dass die Faktenlage am Sonntagabend noch nicht gesichert gewesen sei. Außerdem hätten die Ermittler vermeiden wollen, dass der Unbekannte eine mögliche Tatwaffe verschwinden lasse.

Obwohl eine Schreckschusspistole kein Projektil verschießt, kann sie gefährlich werden. Wenn sie aus nächster Nähe abgefeuert oder gar beim Schuss aufgesetzt wird, kann sie Organe schädigen und Verbrennungen verursachen. „Wird dabei die Schlagader erwischt, kann das tödlich enden“, so Krötz. Mit solchen Waffen lassen sich auch Reizgaspatronen verschießen – darauf, dass dies auch in Schorndorf geschehen ist, gibt es keine Hinweise.

Vorfall weckt Erinnerungen an die Schorndorfer Woche 2017

Dass die Emotionen in Schorndorf durch das Ereignis derart hochkochen, hängt auch mit Vorfällen im vergangenen Jahr zusammen: Beim Stadtfest Schorndorfer Woche 2017 war es zu sexuellen Belästigungen und zu Ausschreitungen gegen Polizisten gekommen, die bundes- und sogar weltweit Beachtung fanden.

Wie schwerwiegend diese Taten waren, hatten das Schorndorfer Rathaus und das Polizeipräsidium Aalen damals unterschiedlich bewertet. Während der Schorndorfer OB Matthias Klopfer damals sagte, ähnliche Vorfälle habe es auch auf anderen Festen gegeben, widersprach dem der Polizeipräsident Roland Eisele. Laut der Polizeistatistik hat es im vergangenen Jahr nirgendwo im Rems-Murr-Kreis mehr Aggressionsdelikte im öffentlichen Raum gegeben als in Schorndorf.

Am 13. Juli wird die diesjährige Schorndorfer Woche eröffnet – nach den Ereignissen des Vorjahres setzen Stadt und Polizei dabei auf ein überarbeitetes Sicherheitskonzept. „Der Vorfall vom Wochenende ist aber unabhängig davon zu sehen“, sagt Klopfer. Rund um den bei Jugendlichen beliebten Künkelinschulhof, der unweit vom Ort der Schlägerei entfernt liegt, beschwerten sich zwar öfters Anwohner über Lärm. Ein Sicherheitsproblem habe Schorndorf aber nicht: „Im Vergleich zu anderen großen Kreisstädten ist Schorndorf sicher.“