Die Tierfilmerin Elke Wunsch hat im Schorndorfer Burgschloss eine seltene Fledermausart mit der Kamera beobachtet und daraus einen Film gemacht.
Schorndorf - Man muss es wohl fast eine Art Pirsch nennen, um zu erklären, wie sich die Tierfilmerin Elke Wunsch ihren Hauptdarstellern nähert. Die Biologin von der Münsinger Alb, die früher Passagen für Fernseh- und Schulfilme gedreht hat, nimmt wochenlange Drehzeiten in Kauf, um Tiere lebensecht darzustellen. Mal nähert sie sich auf diese Weise den Bienen, mal den Rabenvögeln, sie hat aber auch schon eine Eiche vor die Linse genommen.
Am Samstag wird im Innenhof des Burgschlosses in Schorndorf von 18 Uhr an ihre neueste Produktion namens „Juwelen unter dem Dach“ bei einer Fledermausnacht mehrmals vorgeführt. Der Star des Abends ist das Große Mausohr, eine seltene Fledermausart, die seit Jahrhunderten auf dem Dachboden des Burgschlosses ihre Jungen großzieht.
Die Idee zu dem Film hatte Dietmar Reiniger, der für den Geschäftsbereich Umweltschutz des Landratsamtes die Brutstätte in dem 450 Jahre alten Gebäudekomplex betreut. Die Naturschutz-bestimmungen würden oft als Last oder Beschränkung empfunden, sagt Reiniger: „Es ist wichtig zu zeigen, welche Schatzkammer das Burgschloss birgt.“
Das Große Mausohr ist mit einer Flügelspannweite von bis zu 43 Zentimetern eine der größten heimischen Fledermausarten und auf mancherlei Weise ungewöhnlich. Während andere Fledermäuse Insekten und Falter im Flug fangen, jagt diese Art des fliegenden Säugetiers vorwiegend am Boden. „Das Tier landet auf Feldern und Äckern und ernährt sich dort von Käfern“, erklärt Reiniger.
Dass das Schorndorfer Burgschloss inzwischen von etlichen Straßenzügen umbaut ist, tut der Sache keinen Abbruch. Das Große Mausohr legt oft viele Kilometer zu seinen Nahrungsrevieren zurück. Auf dem Speicher des historischen Gebäudes finde es aber nach wie vor zwischen Frühjahr und Herbst ideale Bedingungen vor, sagt Reiniger. Weil der Dachboden so weitläufig sei und das Dach in alle Himmelsrichtungen zeige, könnten sich die Tiere den Bereich aussuchen, in welchem die Temperaturen am angenehmsten seien.
Um lebensechte Szenen zu bekommen, hat Elke Wunsch in völliger Dunkelheit gefilmt – unter Zuhilfenahme von Infrarotlicht, welches die Nachttiere sichtbar macht. So gelangen ihr eindrucksvolle Aufnahmen. Die Weibchen, deren Aufzucht der Jungen in dem Film im Mittelpunkt steht, haben ihre Wochenstube beim Kamin am Ostflügel des Schlosses eingerichtet. Gut ein Dutzend Tiere sitzen dort zusammen und unterstützen sich gegenseitig. Sie bringen gemeinsam ihre Jungen zur Welt. Elke Wunsch konnte im Film sogar die Geburt einer Fledermaus festhalten. Zu sehen ist, wie das kleine Tier von der Mutter mit der hinteren Flügelfalte festgehalten wird und sich später im Fell festklammert. Der Film zeigt auch das Gewusel in der Kolonie, in der die Mütter laufend dabei sind, sich und ihre Jungen zu putzen.
Zudem hat Elke Wunsch die Flugstunden der jungen Säuger im Bild einfangen können. Anfangs stürzen die unerfahrenen Flieger ab und landen unsanft in einem großen Haufen Kot ihrer Artgenossen. Später dann haben sie gelernt, gekonnt mit ihren Flughäuten durch die Luft zu gleiten.
Der weitläufige Dachboden mit seinen großen Balken sei ideal für die ersten Übungen, sagt Elke Wunsch. Die Meisterschaft haben die Tiere dann erreicht, wenn sie sich durch eine kleine Lücke im Blech der Turmspitze nach außen ins Freie zwängen und durchstarten – so wie es ihre erwachsenen Artgenossen seit langem tun.
Der Film, der 15 Minuten dauert, soll künftig Schulklassen und anderen interessierten Gruppen gezeigt werden. Denn so nah wie Elke Wunsch wird künftig kaum jemand den Flugtieren kommen. Der Zutritt zum Dachboden des Burgschlosses ist und bleibt zu den Brutzeiten der Fledermäuse allen Nicht-Fachleuten untersagt.