Es ist nun wirklich eine richtige Schnapsidee, die dazu geführt hat, dass Dieter Aupperle mit seinen Kumpels echt schwäbischen Anisschnaps genießen kann. Als „Dieters Spezialität“ und natürlich nur für den privaten Gebrauch.

Schorndorf - Ein grünes Pflänzchen ziert das Etikett jener Flasche, in der sich einst in fernerer Vergangenheit einmal Whiskey einer bekannteren Marke befunden hat. Der Kenner sieht sofort: eine Anispflanze (pimpinella anisum), Deutschlands Heilpflanze des Jahres 2014 – die Whiskeyflasche scheint daher ganz offensichtlich zweckentfremdet worden zu sein. „Ouzo“ steht denn auch mit drauf auf dem Etikett – „Dieter’s Spezialität“. Ein Hochprozenter, den es selbstverständlich nirgends zu kaufen gibt. Da wäre auf dem Schnapsmarkt sofort der Promilleteufel los. Ouzo kommt schließlich aus Griechenland – und was das spirituose Gesamteuropa angeht, eben nur aus Griechenland.

 

Am Anfang stand der Rest im Mostfass

Wie also kommt eine unverkennbar schwäbische Ouzo-Variante in die einstige amerikanische Whiskeyflasche? Eigentlich, schmunzelt Dieter Aupperle, ging es anfangs einfach nur darum, was aus dem übrigen Most werden sollte, der damals noch im Fass übrig war. Mit einigen Kumpels hat der Haubersbronner beschlossen, es ausnahmsweise mit einer Wieslauftalversion des griechischen Nationalgetränks zu versuchen. Was sich da so neben Anis im hochgeistigen Getränk tummelt, ist ja hinreichend bekannt, auch wenn natürlich die professionellen griechischen Hersteller ihre exakten Rezepturen als Betriebsgeheimnis streng hüten. Fenchel, Zimt und Ingwer spielen da in der Regel eine Rolle bei dem, was in Alkohol eingelegt und dann möglichst mehrmals destilliert wird. Als weitere Gewürze werden in Griechenland unter anderem Kamille, Koriander oder Zuckerrohrwurzel verwendet. Was bei der Wieslaufversion genau drin ist, das verrät uns auch der schwäbische Hobby-Ouzo-Brenner nicht. Klar ist nur: ohne Anis geht nichts.

Ausgerechnet der Zollbeamte, der zu überwachen hat, dass bei deutschen Brennkontingenten und fälligen Steuern alles mit rechten Dingen zugeht, hat bei den Erstversuchen einen entscheidenden Tipp gegeben. Zuviel Anis tut dem Ergebnis nicht gut. „Das war ein bissle wie saure Bonbons“, erinnert sich der Ouzo-Selbstversorger. Mit angepasster Menge „hat das dann viel besser geschmeckt“.

Und für die 2014er-Edition des Dieter-Ouzo, da hat ihn dann einer seiner Kumpels – die inzwischen selbst ihre Mostreste regelmäßig zum Brennen beisteuern – mit einem ganz besonderen Geburtstagsgeschenk überrascht. Mit jenem Etikett, das jetzt auf den Flaschen mit dem urschwäbischen Ouzo des Jahrgangs 2014 prangt.

Der Schwaben-Ouzo bleibt ein rein privater Brennspaß

Nein, sagt Aupperle, verkauft wrde der Anistrank aus Haubersbronn trotz alledem auch in Zukunft nicht – auch nicht unter irgendeinem eurorechts-konformem Namen wie „schwäbischer Anisschnaps“ oder „Remstal-Ouzole“. Die Sache bleibt ein privater Brennerspaß für Fortgeschrittene.

Was uns natürlich nicht daran gehindert hat, bei echten, authentischen und gestandenen Ouzo-Kennern ein Urteil über den Anisbrand aus dem Wieslauftal einzuholen. „Der ist schön fruchtig“, meint Zisis Iatridis, der zusammen mit seinem Bruder Joannis seit rund 20 Jahren gastronomisch in den Weinstädter Gaststätten Traffic, Bräustüble und Insight zum Remstalinventar gehört – inclusive Ouzo-Ausschank, versteht sich. „Der schmeckt richtig gut.“ Bruder Ianni kennt da weniger Erbarmen: Als richtigen Ouzo könne man „das“ eigentlich gar nicht trinken, sagt er gnadenlos. Der Mann mit Lehrerausbildung in Griechenland hält – in gepflegtem Helllas-Schwäbisch – eine grundsätzliche Abgrenzung zwischen griechischem Nationalschnaps und schwäbischem Plagiat für nötig, der kaum zu widersprechen ist: „Des isch koi Ouzo, des isch Obschtler mit Anis.“