Ken Duken spielt die Hauptrolle in einem Gesellschaftsdrama über den Untergang der Sozialsysteme. Drehort ist eine zum Abriss bestimmte Lederfabrik in Schorndorf.

Schorndorf - Auf dem Tisch liegen Pistolen, Kalaschnikows und Geldscheinbündel. An einer Sitzgruppe, ein paar Schritte entfernt, kauern entschlossen dreinblickende, verwegen geschminkte Gestalten. Schummriges Licht, das durch bräunlich verfärbte Fenster fällt, erhellt die Szenerie ein wenig. „Sie haben jetzt noch zehn Minuten Zeit, um ihre Bilder zu machen“, sagt die Produzentin Katrin Goetter zu den Pressefotografen, deren Blitzlichter den Raum stakkatohaft erhellen.

 

Es ist, wenn man so will, vielleicht der letzte große Auftritt der alten Hallen der Lederfabrik Breuninger nahe des Schorndorfer Bahnhofs. 19 Drehtage lang wird das verwinkelte Backsteinensemble zum Drehort für ein „Gesellschaftsdrama“, wie es seitens der Produktionsfirma und des Auftraggebers Pro Sieben heißt. Es trägt den Arbeitstitel „Robin Hood“, der Schauspieler Ken Duken spielt einen Polizisten, der ein Bankenkomplott aufdeckt, das bereits Millionen Menschen in die Armut getrieben hat. Die Finanzkrise habe ihn inspiriert, sagt der Regisseur Martin Schreier. Er sehe momentan „sehr vieles in Schieflage“.

Der Film ist Schreiers Abschlussarbeit an der Filmakademie Ludwigsburg, auch sein Produzent Sebastian Sawetzki ist deren Absolvent. Schreier habe bereits in seinen Kurzfilmen das Talent bewiesen, actionreiche Geschichten zu erzählen, berichten Schauspieler. Einen Versuch, den Robin-Hood-Stoff modern zu erzählen, habe es bisher noch nicht gegeben, heißt es vom Produzententeam. „Und das hier ist mein Sherwood Forest“, sagt Martin Schreier und deutet auf das Inventar der Halle der Lederfabrik Breuninger.

In der Luft hängt noch der eigenartige Geruch von Gerbstoffen, in der Ecke stehen die großen Trommeln, in denen einst Tierhäute gewalkt worden sind. „Da drinnen könnten wir auch unser Geld waschen“, juxt der Schauspieler Vinzenz Kiefer, der einen der Verschwörer mimt. Die Requisiten der Gesetzlosen liegen auf großen Holztischen verteilt, auf denen einst die Arbeiter der Lederfabrik ihre Häute ausgebreitet und zugerichtet hatten.

Doch das alles dient dem Filmteam, das seit Sonntag in Schorndorf ist, eher als Verbrauchsmaterial. „Der Vorteil ist, dass wir hier alles nicht ganz so sehr in Acht nehmen müssen“, sagt die Produzentin Katrin Goetter. Der Regisseur Martin Schreier schildert mit einem spitzbübischen Grinsen, dass in den kommenden Tagen etliche Actionszenen auf dem Areal geplant sind. Schießereien werden nachgestellt, Tische werden Löcher bekommen und zu Bruch gehen, Stuntmänner aus dem Fenster stürzen. Und als furioses Finale sei sogar ein nachgestellter Raketenstart geplant.

Es entstehe zwar ein Unterhaltungsfilm, der aber auf dem Boden der Tatsachen bleibe, versichern die Filmschaffenden. Heutzutage seien Filme „entweder extrem konventionell oder sehr arthausig“, sagt der Hauptdarsteller Ken Duken. Ihm gefalle, dass Martin Schreiers Film sich auf keinen dieser Punkte festlegen lasse.

Martin Schreier steht mit einer gehörigen Portion Glück eine Karriere als zweiter Wolfgang Petersen bevor. Der neue Robin Hood soll kommenden Winter oder im Frühjahr im Fernsehkanal Pro Sieben laufen, im Sommer 2013 möglicherweise im Kino. Das Areal der geschichtsträchtigen Lederfabrik Breuninger wird es zu diesem Zeitpunkt vielleicht nicht mehr geben. Ein Transparent am Rand des Geländes zeigt bereits die Mischung aus Läden, Büros und Wohnungen, die ein Investor dort plant.