Beim Startschuss für das Projekt Premiumwanderwege im Rems-Murr-Kreis werden die Beteiligten von Wanderexperte Jochen Becker über die neuen Erwartungen an „erlebnisorientiertes Wandern“ informiert.

Schorndorf - Wandern boomt, und die Anbieter liefern sich in diesem Touristikbereich einen Verdrängungswettbewerb. Das ist der Ausgangspunkt des kreisweiten Projektes „Qualitätsinitiative Wandern – Premiumwanderwege im Schwäbischen Wald, der Backnanger Bucht und im Remstal“, für das der Landrat Richard Sigel bei einer Kick-off-Veranstaltung in der Schorndorfer Künkelin-Halle jetzt den Startschuss gegeben hat. Ziel und Maßgabe für das Projekt: „Um in diesem Wettbewerb zu bestehen, soll das Wanderangebot des Rems-Murr-Kreises erlebnis- und qualitätsorientiert ausgebaut werden.“

 

„Eines der wichtigsten Projekte überhaupt“, nannte der Schorndorfer OB Matthias Klopfer bei der Auftaktveranstaltung den Versuch, sich im Premiumbereich der Wanderregionen zu etablieren. Schließlich gehe es darum, in der Region das Naherholungsgebiet Nummer eins zu sein und, so ergänzte der Landrat, „unseren Bekanntheitsgrad zu vergrößern, auch über den Stuttgarter Talkessel hinaus“.

Trend geht zum Genusswandern

Und was das Wandern angeht, sind neuerdings die zertifizierten Premiumwanderwege das Markenzeichen, das sich beim modernen Wanderfreund offenbar am besten verkaufen lässt. Denn der habe andere Vorstellungen vom entspannten „Gegend genießen“, als der traditionelle, kilometerfressende Wandervogel oder auch ein Rems-Murr-Bürgermeister, der dem Gast am liebsten seinen Flecken präsentiert.

Genau auf diesen Gassen will das heutige Wandervolk aber nicht mehr wandeln, hat Jochen Becker vom Deutschen Wanderinstitut in seinem Startschussvortrag in der Künkelin-Halle erläutert. Beckers Unternehmen Projektpartner-Wandern ist auch mit der Machbarkeitsstudie für das Projekt Premiumwanderwege im Rems-Murr-Kreis beauftragt, für die dieser Tage der Auftrag erteilt worden ist.

„Mit jedem Schritt ein neues Aha“

„Was wollen die Wanderer?“ Das fragt der Wanderwegsvermarkter in erster Linie. Und da stehe neuerdings bei denen, die man zusätzlich auf die Strecke locken könne, ganz klar der entspannte Genuss im Vordergrund. Eher als „Kilometerfressen“ sei das sogenannte Spazierwandern gefragt, und zwar auf Rundstrecken mit maximal 15 Kilometern Länge und möglichst nicht auf Asphalt oder innerorts. Der Kunde Wanderkönig suche heute „erlebnisorientierte Wanderwege – mit jedem Schritt ein neues Aha“.

Das Rems-Murr-Projekt Premiumwanderwege wird in seiner Laufzeit bis Juni 2018 vom Verband Region Stuttgart mit rund 50 000 Euro unterstützt. Das Gesamtbudget liegt laut der Tourismusbeauftragten des Landkreises, Daniela Callenius, bei knapp 100 000 Euro. Laut Fahrplan soll im Frühjahr des kommenden Jahres die Machbarkeitsstudie vorliegen und allen Projektpartnern vorgestellt werden. Mit am runden Tisch des potenziellen Premiumwanderns im Kreis sitzen unter anderem der Landkreis, die Kommunen, der Tourismusverein Remstalroute, die Fremdenverkehrsgemeinschaft Schwäbischer Wald, Naturschutzverbände und der Schwäbische Albverein. Anschließend sollen die künftigen Premiumwanderwege festgelegt und ein Umsetzungsplan für diese erstellt werden. Parallel gilt es, eine gemeinsame und überregional vermarktungstaugliche Dachmarke für das neue Rems-Murr-Erlebniswanderparadies zu kreieren, die Wege auszuschildern, Wegeführungen mit den Besitzern zu verhandeln und Wegepaten auszubilden. Bis dann – so der Plan – Mitte 2018 die Zertifizierung des ersten Rems-Murr-Premiumwanderwegs anstehen könnte.

Andere Regionen sind da schon deutlich weiter, das hat im zweiten Vortrag beim Startschuss Michael Schwippert von der Rhein-Mosel-Eifel-Touristik berichtet. Die dortigen 26 „Traumpfade“ an Mosel, Rhein und in der Eifel sind nicht nur Teil der aus neun zertifizierten Wanderregionen bestehenden Vermarktungsgemeinschaft „Premium-Wanderwelten“, zu denen unter anderem auch die „Traufgänge“ an der Schwäbischen Alb gehören. Dort hat man außerdem, um den Premiumstatus auch längerfristig zu halten, für die eigenen Wanderpfade 1,7 Millionen Euro locker gemacht. Die Gegenrechnung laut Schwippert: allein von 2013 auf 2014 sei die anno 2008 noch bei knapp 100 000 dümpelnde Zahl der Übernachtungen um elf Prozent auf nun 310 000 gestiegen.