Der Wildschutzexperte Jörg Kaifel hat auf dem Neuen Friedhof in Schorndorf Tricks gegen Füchse erprobt, die den Grabschmuck beschädigt haben. Vielen Jungtieren hat er das Leben gerettet.

Schorndorf - Tagsüber ist der Schorndorfer Neue Friedhof ein Ort des Gedenkens und der blühenden Grabpflege, nachts wandelt sich das Bild. „Für die Wildtiere, die hier in der Nähe wohnen, ist das ein Rummelplatz“, sagt Jörg Kaifel. Vor zwei Jahren erzürnten zerwühlte Gräber etliche Schorndorfer, die Stadt schaltete Jäger ein. Fuchsfallen wurden aufgestellt und etliche Jungtiere getötet. Der Wildtierschützer Jörg Kaifel, der bei Daimler als Entwicklungsingenieur arbeitet, sagt, er habe eine bessere Lösung gefunden. 2015 sei kein Grab mehr zerwühlt worden, in diesem Jahr sei es nur ein einziges gewesen, weil ein Gerät ausgeschaltet worden sei.

 

Kaifel hat vor zwei Jahren der Stadt seine Hilfe angeboten und dem für die Gegend zuständigen Jagdpächter ein Versprechen abgerungen. Für vier Jahre hat er die Chance erhalten, die Tiere ohne Jagd von den Gräbern fernzuhalten. Unterstützung habe er von den Schorndorfer Pfarrern bekommen, sagt er. „Ein Friedhof ist geweihter Boden. Dort Wildtiere zu töten geht gar nicht“, sagt Kaifel.

20 Nächtelang hat der Wildtierschützer sich auf dem Friedhof um die Ohren geschlagen

Der Winterbacher Wildtierschützer holte sich Unterstützung des Metzinger Fuchsexperten Dag Frommhold (siehe Nachgefragt). Gut 20 Nächte habe er, in Decken gehüllt, auf dem Friedhof verbracht und die Tiere beobachtet, sagt Kaifel. Dann habe er, ganz Ingenieur, technische Möglichkeiten erprobt. „Tiere zu töten ist immer die schlechteste Lösung“, sagt Kaifel. Es habe sich sogar erwiesen, dass in den Jahren nach solchen Tötungen die Zahl der Jungfüchse noch gestiegen sei. „Es geht darum, das Zusammenleben zwischen Mensch und Tier zu analysieren“ sagt Kaifel. Dass Füchse am Friedhof lebten, sei durchaus auch von Nutzen. Sie hielten nämlich das Gelände von Wühlmäusen frei.

Der Schorndorfer Neue Friedhof liegt auf einem Hochplateau, an dessen Hängen teilweise verwilderte Obstbaumgrundstücke liegen. Dort, so ist Kaifel sicher, seien mehrere Hundert Meter Gänge im Boden gegraben, und dort gebe es auch einen „Wurfkessel“. Wenn die Fuchswelpen etwa fünf Wochen alt seien, verließen sie den Bau und streiften in Begleitung ihrer älteren Geschwister durch die Gegend. Der nahe gelegene Friedhof werde dann zu ihrem Spielrevier. Jörg Kaifel hat das beobachtet: „Die Alttiere fangen Mäuse, und die Jungen balgen sich darum.“ Mancher Welpe versuche, die Beute vor seinen Geschwistern zu verstecken – die frische Graberde biete sich dazu an. Etwa bis zur zwölften Woche halte dieses Verhalten an, sagt Kaifel. Dann sei aus seiner Sicht das Problem bis zum nächsten Jahr erledigt, denn die Alttiere wühlten nicht.

Alternativen Fuchsspielplatz gebaut

Den Spieltrieb hat der Tierschützer umgelenkt. Am Rande des Friedhofs errichtete er mehrere Haufen aus Graberde, in welchen er tote Eintagsküken als Köder versteckte. Die Tiere zerwühlten die Haufen mit Freude, sagt Kaifel. Auf den Gräbern selbst befestigte er Geräte, die für Tierohren unangenehme Ultraschalllaute von sich geben, wenn sich ein Fuchs nähert. Als das effektivste Mittel hat sich jedoch der Schrei einer Autoritätsperson erwiesen. Kaifel befestigte einen Lautsprecher, der in unregelmäßigen Abständen den Warnruf des Fuchsvaters, des Rüden, abspielte. Sei dieser zu hören gewesen, seien die Jungen sofort im Bau verschwunden.

Ergänzend dazu gab Jörg Kaifel den Friedhofsbesuchern Tipps, wie Gräber beschaffen sein sollten, um nicht zerwühlt zu werden. Lose Figuren oder lose Grablichter seien zu vermeiden, sie seien für die Tiere nämlich Spielzeug. Einmal habe er einen Jungfuchs dabei beobachtet, wie er ein brennendes Grablicht mit dem Maul gepackt und weggetragen habe. Die Graberde müsse möglichst platt sein, bei den Blumenbeeten solle man Kreise oder Rechtecke vermeiden und geschlungene Linien wählen. Hartstielige Blumen wie Begonien seien ungeeignet. Er habe beobachtet, wie Krähen Begonien im Spiel regelrecht geköpft hätten.

Zwei Jahre hat Jörg Kaifel nun noch Zeit, die Methoden zu verfeinern, so lange läuft das Jagdmoratorium. Am Ende soll ein Konzept stehen, wie man die Gräber und die Füchse dauerhaft schützen kann.