Kultur: Stefan Kister (kir)

Endlich angekommen, ist es nun vielleicht an der Zeit, den Grund des virtuellen Besuchs zu nennen. Am kommenden Donnerstag wird Juli Zeh im Stuttgarter Literaturhaus ein neues StZ-Extrablatt vorstellen, das sie zusammen mit der Künstlerin Birgit Brenner gestaltet hat (siehe Infobox). Es widerspräche gründlich der Idee eines Extrablatts, den Inhalt vor seinem Erscheinen am kommenden Freitag zu verraten. Nur so viel: es geht darin um das plötzliche Verschwinden einer bekannten deutschen Autorin, die in ihren Romanen Grundkonflikte des zeitgenössischen Lebens über die engen Grenzen des politischen Diskurses hinaus beschreibt. Grund genug also, sich der Anwesenheit Juli Zehs zu versichern.

 

Es liegt nahe, in diesen Tagen über das Thema zu sprechen, das sie zusammen mit ihrem Schriftstellerkollegen Ilija Trojanow schon Jahre vor den Enthüllungen Edward Snowdens als eines der wichtigsten und drängendsten erkannt hat. Damals galt man schnell als Hysteriker oder Paranoiker, wenn man sich für die Unterwanderung der Privatsphäre durch den Staat interessiert hat. „Nach Snowden hat sich das total geändert. Im Moment sind noch alle in einer Schreckstarre. Aber das Bewusstsein hat einen Riesensprung gemacht“, sagt Juli Zeh, die sich nebenher ein Wurstbrot bereitet hat. Sie vergleicht die Aufgabe, die sich damit stellt, gerne mit dem Umweltschutz: „Hier wie dort handelt es sich um eine Sache, die unsere Gesellschaft ins Mark trifft, deren Bewältigung Jahrzehnte in Anspruch nehmen wird.“

NSA als virtueller Mitesser

Gar nicht einmal der Missbrauch ist es, der ihr Sorgen bereitet. „Sie haben vorhin selbst erlebt, wie man sich allein von dem Umstand der Beobachtung beeinflusst fühlt – das ist schon der Eingriff, nicht erst der Versuch, ein potenzielles Verbrechen zu verhindern.“ Trotzdem liegen die eigentlichen Gefahren nicht darin, in der NSA einen virtuellen Mitesser seines Wurstbrotes zu haben. Letztlich gehe es darum, menschliches Verhalten im Voraus zu berechnen. „Das ist das, was gerade technisch realisiert wird – und darauf sind wir in keiner Weise vorbereitet.“

Welche merkwürdige Ironie, dass man ausgerechnet durch die anfänglichen Tücken der Kommunikationstechnik daran gehindert wurde, das Gespräch über die mit ihnen verbundenen Gefahren weiter zu vertiefen. Die Zeit ist um. Der kleine Sohn wartet im Kindergarten. Und schon ist Juli Zeh wieder weg. Aber sie kommt wieder, nächste Woche – das heißt . . . aber lesen Sie selbst.

So viel steht fest: Juli Zeh wohnt auf dem Land, genauer gesagt im Havelland, nicht allzu weit von jenem Birnbaum des Herrn Ribbeck, den der hier allpräsente Fontane einst bedichtet hat. Sie ist die Mutter eines kleinen Sohnes, der in vierzig Minuten vom Kindergarten abgeholt werden will. Außer ihrem Mann und ihm leben noch zwei Pferde, eine Katze und ein Hund mit bosnischem Migrationshintergrund im Haus. Lesern ihres Berichts über einen Reise in das vom Bürgerkrieg gezeichnete Land – „Die Stille ist ein Geräusch“ – ist er schon einmal über den Weg gelaufen. Hier weitab vom Schuss und den schicken Jagdgründen der Berliner Literaturszene ist der Privatraum einer Autorin, die, um das Grundrecht auf einen solchen zu schützen, den öffentlichen Auftritt nicht scheut und dabei erfreulich undogmatisch und locker bleibt.

Käme man sonst auf die Idee zu einem Skype-Rendezvous, zu dem sie nun eben einen erneuten Anlauf unternimmt? Und siehe da, sie erscheint wirklich, zumindest ihr digitaler Doppelgänger, ein pixel-expressionistisch verfremdeter Aggregatzustand jener Juli Zeh, die man kennt. Freimütig gewährt sie Einblick in Bereiche, die man normalerweise eher nicht kennenlernt. Ihr Badezimmer beispielsweise: „Sie sind der erste Journalist, der von sich behaupten kann, meine Toilette gesehen zu haben.“ Im Nebenzimmer schlummern die Katze und der Hund, besagte Gäste aus dem ehemaligen Jugoslawien, die hier Asyl gefunden haben.

Das Thema ist nach Snowdens Enthüllungen hochaktuell

Endlich angekommen, ist es nun vielleicht an der Zeit, den Grund des virtuellen Besuchs zu nennen. Am kommenden Donnerstag wird Juli Zeh im Stuttgarter Literaturhaus ein neues StZ-Extrablatt vorstellen, das sie zusammen mit der Künstlerin Birgit Brenner gestaltet hat (siehe Infobox). Es widerspräche gründlich der Idee eines Extrablatts, den Inhalt vor seinem Erscheinen am kommenden Freitag zu verraten. Nur so viel: es geht darin um das plötzliche Verschwinden einer bekannten deutschen Autorin, die in ihren Romanen Grundkonflikte des zeitgenössischen Lebens über die engen Grenzen des politischen Diskurses hinaus beschreibt. Grund genug also, sich der Anwesenheit Juli Zehs zu versichern.

Es liegt nahe, in diesen Tagen über das Thema zu sprechen, das sie zusammen mit ihrem Schriftstellerkollegen Ilija Trojanow schon Jahre vor den Enthüllungen Edward Snowdens als eines der wichtigsten und drängendsten erkannt hat. Damals galt man schnell als Hysteriker oder Paranoiker, wenn man sich für die Unterwanderung der Privatsphäre durch den Staat interessiert hat. „Nach Snowden hat sich das total geändert. Im Moment sind noch alle in einer Schreckstarre. Aber das Bewusstsein hat einen Riesensprung gemacht“, sagt Juli Zeh, die sich nebenher ein Wurstbrot bereitet hat. Sie vergleicht die Aufgabe, die sich damit stellt, gerne mit dem Umweltschutz: „Hier wie dort handelt es sich um eine Sache, die unsere Gesellschaft ins Mark trifft, deren Bewältigung Jahrzehnte in Anspruch nehmen wird.“

NSA als virtueller Mitesser

Gar nicht einmal der Missbrauch ist es, der ihr Sorgen bereitet. „Sie haben vorhin selbst erlebt, wie man sich allein von dem Umstand der Beobachtung beeinflusst fühlt – das ist schon der Eingriff, nicht erst der Versuch, ein potenzielles Verbrechen zu verhindern.“ Trotzdem liegen die eigentlichen Gefahren nicht darin, in der NSA einen virtuellen Mitesser seines Wurstbrotes zu haben. Letztlich gehe es darum, menschliches Verhalten im Voraus zu berechnen. „Das ist das, was gerade technisch realisiert wird – und darauf sind wir in keiner Weise vorbereitet.“

Welche merkwürdige Ironie, dass man ausgerechnet durch die anfänglichen Tücken der Kommunikationstechnik daran gehindert wurde, das Gespräch über die mit ihnen verbundenen Gefahren weiter zu vertiefen. Die Zeit ist um. Der kleine Sohn wartet im Kindergarten. Und schon ist Juli Zeh wieder weg. Aber sie kommt wieder, nächste Woche – das heißt . . . aber lesen Sie selbst.