Nach einem Gewinneinbruch im ersten Quartal plant der neue Vorstandschef Christian Sewing Einschnitte beim umstrittenen Investmentbanking. Vor allem in den USA soll das Kapitalmarktgeschäft deutlich eingeschränkt werden. Das Geldhaus will sich verstärkt auf Europa konzentrieren.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Weniger Investmentbanking, mehr Stabilität: Mit diesem Rezept will der neue Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing das Geldhaus wieder auf Kurs bringen. Der 48-Jährige präsentierte seine Pläne am Donnerstag zusammen mit dem Quartalsergebnis, das enttäuschend ausfiel: Gegenüber dem Vorjahreszeitraum brach der Gewinn der Deutschen Bank um 80 Prozent ein. „Die Ergebnisse im ersten Quartal zeigen die Notwendigkeit, sofort zu handeln“, sagte Sewing, der noch keine drei Wochen im Amt ist.

 

Sewing war am 8. April mit sofortiger Wirkung zum Nachfolger von John Cryan berufen worden. Der von dem Briten 2015 eingeleitete Sparkurs hatte nicht den erhofften Erfolg gebracht. Besonders die Investmentbankingsparte, einst die Gewinnmaschine der Deutschen Bank, produzierte wegen milliardenschwerer Rechtsstreitigkeiten und umstrittener Bonuszahlungen hohe Kosten. Gleichzeitig konnte sie mit den Erträgen der großen US-Investmentbanken nicht mithalten.

Vor allem in den USA will die Deutsche Bank ihre Aktivitäten deshalb nun deutlich verringern. Bei der Begleitung von Börsengängen und anderen Kapitalmarktfinanzierungen werde man sich stärker auf europäische Kunden konzentrieren, schrieb Sewing in einer Nachricht an die Mitarbeiter. In Asien und den USA sollten derartige Dienstleistungen nur noch angeboten werden, wenn es um grenzüberschreitende Geschäfte gehe. Zudem soll der Handel mit Anleihen an der Wall Street zurückgefahren werden.

Zahlreiche Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel

Der Umbau werde „mit einer erheblichen Reduzierung unserer Belegschaft“ einhergehen, sagte Sewing in einer Telefonkonferenz mit Analysten. Der Stellenabbau werde vor allem die Investmentbankingsparte und die ihr zugeordneten Verwaltungsabteilungen treffen. Die meisten Arbeitsplätze dürften im Ausland verloren gehen. Finanzchef James von Moltke sagte, es gehe hauptsächlich um Länder, in denen der Aufwand für Kündigungen überschaubar sei. Weltweit arbeiten für die Deutsche Bank derzeit rund 97 000 Menschen, 42 000 davon in Deutschland.

In einem ersten Schritt wird die Schrumpfkur Geld kosten: Die für dieses Jahr eingeplanten Restrukturierungskaufwendung würden um 300 Millionen Euro auf insgesamt 800 Millionen Euro steigen, sagte von Moltke.

Diese Aussage macht Branchenkenner allerdings stutzig. Ob die aktuell verkündeten Schritte nicht höhere Belastungen mit sich brächten, wurde in der Analystenkonferenz immer wieder gefragt. Am deutlichsten wurde Stuart Graham vom Analysehaus Independent Research: „Normalerweise sind bei einer Restrukturierung die einmaligen Kosten ein- bis eineinhalb Mal so hoch wie die angestrebten Einsparungen. Demnach werden Sie bei der Investmentbank höchstens 300 Millionen Euro einsparen“, hielt er von Moltke vor. Zum Vergleich: Die zinsunabhängigen Aufwendungen der Investmentbank beliefen sich 2017 auf fast 13 Milliarden Euro. Von Moltke wies indes darauf hin, dass auch ein Teil der noch von Ex-Bankchef Cryan angestoßenen Umbauarbeiten die Investmentbank betreffe.

Kein vollständiger Rückzug

Forderungen nach einer vollständigen Abwicklung der Sparte wies der neue Vorstandsvorsitzende Sewing zurück. „Wir müssen anerkennen, dass es im Investmentbanking mehrere Geschäftsfelder gibt, in denen wir Marktführer sind“, sagte er. „Die wollen wir erhalten und auch weiter in sie investieren.“

Wichtigste Tragpfeiler der Bank sollen in Zukunft aber zwei andere Sparten sein: Das klassische Einlagen- und Kreditgeschäft für Privatkunden und Unternehmen sowie die Vermögensverwaltung. Zusammen mit der hauseigenen Transaktionsbank, die unter anderem für Handelsfinanzierungen zuständig ist, sollen diese Sparten 2021 rund 65 Prozent der Erträge liefern. „Letztlich geht es um eine Rückbesinnung auf das, was die Deutsche Bank eigentlich ist: eine europäische Bank mit globalen Beziehungen“, kommentierte Ingo Frommen von der Landesbank LBBW.

Allerdings glaubt auch Frommen, dass die Restrukturierungskosten für einen tiefgreifenden Umbau des Investmentbankings zu niedrig angesetzt sind. „Die Deutsche Bank steckt weiterhin in dem Dilemma, das schon unter Cryan bestand: Problemgeschäfte abzubauen, ohne dadurch weitere Verluste zu riskieren“, sagte der Analyst. Nachdem die Deutsche Bank bereits in den vergangenen drei Jahren rote Zahlen schrieb, könne sie sich einen neuerlichen Verlust aufgrund hoher Umbaukosten nicht leisten. Auch an der Börse lösten die Pläne keine Begeisterung aus: Der Kurs der Deutsche-Bank-Aktie gab nach.