Schüler aus der Ukraine Alarmruf aus Ludwigsburger Schulen
In weiterführenden Schule in der Stadt fehlt es an Platz und Personal, um alle Schüler aus der Ukraine sinnvoll in den Unterricht zu integrieren.
In weiterführenden Schule in der Stadt fehlt es an Platz und Personal, um alle Schüler aus der Ukraine sinnvoll in den Unterricht zu integrieren.
Einige der weiterführenden Schulen in Ludwigsburg schlagen Alarm. „So geht es nicht weiter“, sagt etwa im Otto-Hahn-Gymnasium Birgit Zick-Groß, die dort die schulische Unterbringung der ukrainischen Schülern organisiert, die sich zum Schuljahresbeginn in großer Zahl angemeldet haben. Angesichts fehlender personeller und räumlicher Ressourcen sei ihre Aufgabe derzeit kaum zu stemmen, bestätigt Schulleiter Mathias Hilbert. Man habe räumlich die Kapazitätsgrenzen längst überschritten, sagt er. Da helfe es auch nichts, wenn der Klassenteiler von 30 überschritten werden dürfe: „Ich kann in ein Klassenzimmer von 58 Quadratmetern nicht unendlich viele Schüler stopfen.“
Das andere Problem, so bestätigen seine Kollegen Hartmut Maier von der Gottlieb-Daimler-Realschule und Michael Marek von Osterholzschule, sei die Tatsache, dass die personellen Kapazitäten schon zum Schuljahresbeginn nicht ausreichen. Geschweige denn für zusätzliche Vorbereitungsklassen (VKL). Diese wären in größerer Zahl zwingend nötig, um für einen größeren Teil derer die zumindest für eine gewisse Zeit ins deutsche Schulsystem integriert werden müssen, die Voraussetzungen für eine sinnvolle Teilnahme am Unterricht zu schaffen.
So ergäbe sich oft die Situation, dass viele der Neuankömmlinge in den Normalklassen einfach nichts verstünden. Sie tippten stattdessen auf ihren Handys herum, um wenigstens einige Worte zu übersetzen, um nebenbei Online-Schulangeboten aus der Heimat zu folgen – oder gar um aus Langeweile zu daddeln. Da wäre es doch besser, so Birgit Zick-Groß’ Vorschlag zur Besserung, nachmittags Deutschunterricht zu organisieren – etwa mit Hilfe von Studenten oder Lehrkräften in Rente.
Unter den Bedingungen leide auch die Qualität des Unterrichts für alle anderen Schülern, sagt Schulleiter Hilbert. „Wir kommen uns zunehmend vor wie eine Aufbewahrungsanstalt für die Schulpflicht.“ Die Kollegen, da sind sich die drei Rektoren einig gelangten immer mehr an ihre Grenzen. Und für zusätzliches Unverständnis sorge die Bürokratie, mit der offenbar ukrainische Lehrkräfte zu kämpfen hätten, um hierzulande als Deutschlehrer eingesetzt zu werden.
Das Problem sei zumindest in den weiterführenden Schulen in Ludwigsburg quasi flächendeckend, sagt der Geschäftsführende Schulleiter Bernhard Bleil. Dies obwohl in Ludwigsburg für das neue Schuljahr bereits drei zusätzliche VKL installiert worden seien. Die Flut der zusätzlichen Anmeldungen treffe auf ohnehin volle Klassen, in denen der Teiler ausgeschöpft seien und die Personaldecke ohnehin zu knapp. Etwas entspannter sei die Lage bisher immerhin noch im Bereich der Grundschulen.
Was die Lehrerversorgung in den Schulen angeht, für die das Staatliche Schulamt zuständig ist, hatte die Ludwigsburger Schulamtschefin Sabine Conrad schon zum Schuljahresbeginn konstatiert, dass die Unterrichtsversorgung nicht zufriedenstellend sei. „An allen Schularten konnten nicht die erforderlichen Stellen besetzt werden.“
Weniger dramatisch stellt sich offenbar die Lage im Umland dar. Vom Marbacher Friedrich-Schiller-Gymnasium etwa berichtet Schulleiter Volker Müller: „Von heftiger Dramatik kann ich nicht berichten.“ Momentan seien es 15 ukrainische Schüler, für die ab der kommenden Woche eine jüngst genehmigte Vorbereitungsklasse zur Verfügung stehe. Natürlich habe eine große Schule immer Raumprobleme. Im Benehmen mit anderen Schulen sei es momentan das Hauptanliegen, die Voraussetzungen der Schüler zu klären und im Zweifelsfall Schüler zwischen den Schulen mit Blick auf geeignete Unterbringung und gute Integrationschancen auszutauschen.
Auch Katja Kranich vom Stromberg-Gymnasium in Vaihingen/Enz berichtet von zwar herausfordernder, aber bisher erfolgreicher schulischer Unterbringung geflüchteter Schüler. Ein Problem seien, so berichtet auch sie, die Konkurrenzen um die Lernzeiten. Viele der ukrainischen Schülern wollten natürlich auch am vorwiegend ebenfalls vormittags angebotenen Online-Unterricht aus ihrer Heimat teilnehmen. „Das ist ja nur allzu verständlich.“
Vom Staatlichen Schulamt Ludwigsburg habe man die Rückmeldung erhalten, dass in der Stadt Ludwigsburg die Zahlen der Schüler, die aus der Ukraine geflohen sind, über die Sommerferien gestiegen sei, heißt es aus dem Kultusministerium des Landes zum Alarm aus Ludwigsburg. Dies führe zu Herausforderungen, mit denen das Land und die Stadt gerechnet hätten, schreibt Pressereferent Fabian Schmidt. „Daher wurden dort auch perspektivisch VKL-Klassen eingerichtet. Weitere sollen folgen, sofern dies notwendig ist.“ Vor Ort seien alle Beteiligten im Austausch, um mit gemeinsam Lösungen den ankommenden Schülern zu helfen.
„Wir rechnen grundsätzlich mit mehr als 30 000 Schülern aus der Ukraine oder anderen Ländern an Schulen in Baden-Württemberg“, so Schmidt. Es zeige sich aber , dass die Herausforderungen in Ballungsräumen mit mehr Geflüchteten mitunter größer seien. Das Land habe Vorkehrungen dafür getroffen und stelle allein für 2022 insgesamt 24,2 Millionen Euro bereit. Trotz der Anstrengungen sei es möglich, dass bei der Dimension der Herausforderungen nicht in allen Regionen ausreichend Personen gefunden werde. „In der aktuellen Situation geht es darum, Flexibilität und Pragmatismus zu zeigen. Dazu möchte ich alle Beteiligten ermuntern“, wird hierzu die Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) zitiert.