Eine Schulklasse des Berufskollegs der Paulinenpflege taucht in einen alternativen Lebensentwurf ein. Die dreitägige Kloster-Exkursion wirkte sich auf den Zusammenhalt der noch jungen Klasse aus.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Winnenden - Klöster wie jenes auf der Reichenau im Bodensee oder Hirsau im Schwarzwald haben die Kultur Europas entscheidend geprägt. Durch die Jahrhunderte war das Leben in einem Orden, ob als Mönch oder als Nonne, eine Alternative für jene, die als Zweit- oder Drittgeborene eine Zukunft suchten. Mit der Reformation und noch mehr durch die Säkularisation in der napoleonischen Zeit hat sich das Leben in den Klöstern radikal gewandelt. Dennoch hatten die Orden bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts noch Zulauf, was sich mittlerweile jedoch geändert hat. Immer weniger junge Menschen sehen das Leben in einem Kloster als ihren Weg, durchs Leben zu gehen.

 

Die Franziskanerinnen von Sießen beeindrucken

„Christen sollen in die Welt gehen, sich nicht hinter Mauern zurückziehen“, meint zum Beispiel die 17-jährige Julia, die das Berufskolleg Gebärdensprache der Schule beim Jakobsweg in Winnenden besucht. Ihre Klasse war in diesem Herbst drei Tage lang auf Exkursion in die Welt der Klöster. Dort trafen sie nicht nur auf ganz unterschiedliche Orden, sie wohnten auch im Kloster Kirchberg bei Sulz am Neckar, das mittlerweile von der Michaelsbruderschaft unterhalten wird, einer ökumenischen Lebensgemeinschaft.

Beeindruckt haben die 24 jungen Leute, die das erste Jahr des Berufskollegs besuchen, vor allem die Franziskanerinnen, die zum Kloster Sießen gehören, jedoch in einem Haus in Degerloch leben. „Sie nehmen am Leben der Gesellschaft aktiv teil, indem sie arbeiten“, sagt Melina, die wie Julia, Juri und Sophie an der Exkursion teilgenommen hat. Eine der Schwestern arbeitet als Gefängnisseelsorgerin in Stammheim, ein nicht alltäglicher Beruf, eine andere unterrichtet am St.-Agnes-Gymnasium. Die Lebensordnung des Ordens werde zurzeit neu geschrieben, um sich der verändernden Gesellschaft anzupassen. Einiges in den Regeln der Franziskanerinnen sei eben nicht mehr zeitgemäß.

„Nach der Exkursion war mir klar, dass das Klosterleben nichts für mich wäre“, fällt Juris Fazit aus. Wie seine Mitschülerinnen ist er allerdings überzeugt, dass die Exkursion an sich eine Bereicherung für die Klasse gewesen ist. „Wir haben uns ja alle erst seit kurzer Zeit gekannt. Die drei Tage haben die Klassengemeinschaft stark zusammengeschweißt“, sagt Sophie. Das hatte sicher auch mit der Atmosphäre des ehemaligen Dominikanerinnenklosters Kirchberg zu tun. Dieses ist zwar zu einem modernen Zentrum umgebaut worden, doch sind alle Elemente eines Klosters vorhanden. „An einem Abend saß eine andere Besuchergruppe in einem der Aufenthaltsräume. Einer von ihnen hat Gitarre gespielt, und dann haben alle dazu gesungen. Das war ein sehr schöner Moment.“

Aus dem Internat der Weißen Väter wurde ein Seniorenheim

Die Exkursion führte die Klasse weiterhin zu den Weißen Vätern nach Haigerloch, die auch Afrikamissionare genannt werden. Hier wurde den Schülern klar, wie die Realität in vielen Orden heute in Europa aussieht. Früher ein Internat, in dem von 1903 bis 1971 rund 2000 Schüler lebten, ist es heute ein Pflegeheim für alte Missionare. Ende dieses Jahres wird es jedoch geschlossen, da die Weißen Väter selbst alle in ein Altenheim umziehen.

Die Diakonissen der Aidlinger Schwesternschaft sind Jugendlichen ein Begriff. „Bei Pfingsttreffen war ich schon dort“, sagt Julia. Regelmäßig kommen dort an den Feiertagen Tausende von Jugendlichen zusammen, mittlerweile mehr als 10 000. Ähnlich wie in Taizé sind diese Treffen geprägt vom gemeinsamen Singen und Gottesdienst-Feiern. Mit der Gemeinschaft in Burgund haben sich die Exkursionsteilnehmer aus der Ferne auseinandergesetzt, beim „Klosterhopping“ zudem noch Bebenhausen und das Kloster Heiligenbronn besucht. „Es war schon ziemlich viel auf einmal“, so die vier Teilnehmer. Eine Wiederholung für folgende Klassen sollte es ihrer Meinung nach auf jeden Fall geben.