Die USA sind nach wie vor das beliebteste Ziel für ein Auslandsjahr. Doch die Schüler streben verstärkt nach Kanada, Neuseeland und Australien. An Donald Trump allein soll’s nicht liegen. Sein Sparkurs, wird befürchtet, könnte den Austausch aber wieder zu einer elitären Angelegenheit machen.

Stuttgart - Wenn Schüler auf eine amerikanische High School wollen, ist die Sehnsucht nach Sonne, Strand und Autotouren meist groß. Der Wunschort aber ist Glückssache, und das gilt als ein Grund dafür, dass die Zahl der Schüleraustausch-Visa für die USA rückläufig ist.

 

„Wir hatten im Schuljahr 2012/13 noch rund 6700 Schüler aus Deutschland, die im J-1-Programm der USA waren, im Schuljahr 2016/17 nur noch 5294 “, sagt Barbara Engler von der Verbraucherorganisation Aktion Bildungsinformation (Abi) in Stuttgart. J-1-Visa vergeben die Botschaften zum Beispiel für Austauschprogramme und Gastschüler. Teilnehmer haben keinen Einfluss darauf, in welchen Ort, an welche Schule oder in welche Familie sie kommen.

Der Rückgang dieser Visa-Anträge habe sich „noch vor Trumps Wahl“ eingestellt. Damit zerstreut Barbara Engler die Vermutung, dass die jüngsten Entwicklungen in der amerikanischen Politik ein zweiter Grund für deutsche Schüler sein könnte, Amerika den Rücken zu kehren. Der Republikaner Donald Trump ist im Janaur 2017 als Präsidenten eingesetzt worden.

Internationaler Austausch ist eine Frage des Geldes

Die Nachfrage nach Ländern wie Kanada, Neuseeland und Australien hingegen wächst. Dort könne man die Schule aussuchen, müsse aber Schulgeld und auch ein Unterkunftsgeld an die Gastfamilien zahlen. „Dadurch sind diese Länder doppelt so teuer wie die J-1-Austauschprogramme in die USA.“ Letztere kosten inklusive Taschengeld, Schulnebenkosten und anderer Aufwendungen 10 000 bis 14 000 Euro.

Einer der großen Anbieter, der gemeinnützige Verein American Fields Services (AFS), vermittelte im Schuljahr 2016/17 insgesamt 360 Deutsche als Gastschüler in die USA. „Die USA sind trotz leichten Rückgangs immer noch das beliebteste Land“, bestätigt Paula Schneider, Marketing- und PR-Managerin, Programme „mit kürzerer Dauer im Ausland“ legten zu.

Kulturvermittler raten zum längeren Aufenthalt

Das mag am hohen Preis eines Auslandsjahrs liegen, könnte aber auch Folge des konservativen Erziehungsstils in den USA sein: Absolutes Wohlverhalten wird verlangt, Alkohol und Zigaretten sind verboten, Piercings eine Unmöglichkeit. Das hält mancher eben nur ein paar Wochen durch. Das Deutsch-Amerikanische Zentrum (Daz) in Stuttgart empfiehlt trotzdem lieber einen Aufenthalt für ein ganzes Jahr. „So lernt man am besten das Leben der Amerikaner kennen, jenseits von Politik und Schlagzeilen“, sagt Katharina Buchter.

James-F.-Byrnes-Stipendien sind eine Möglichkeit, die Kosten zu minimieren. Sie werden vom Daz angeboten und vom AFS vermittelt. Das Programm gibt es seit 2002, seither seien 72 Schülerinnen und Schüler nominiert worden. Die Kosten der Teilstipendien werden von der IHK, der Daimler AG und der Stihl AG zu 30 bis 80 Prozent gedeckt.

Hoher bürokratischer Aufwand für Veranstalter

Dieses Engagement wird an Gewicht gewinnen, denn „der Anbietermarkt schrumpft“, sagt Barbara Engler. Veranstalter hätten mit der Datenschutzgesetzverordnung und mit einem neuen EU-Pauschalreiserecht zu kämpfen: „Die müssen lange Allgemeine Geschäftsbedingungen und Formblätter über Rechte und Pflichten von Anwälten aufsetzen lassen, hinzu kämen hohe Standmieten auf Messen. „Das trifft besonders die kleinen Anbieter“, so Engler. Der Gastschüleraustausch werde weitere Rückschläge wegstecken müssen: „Möglicherweise wird Donald Trumps Sparprogramm die Freiplätze für ausländische Schüler an den Schulen beschränken, weil sie ihm zu teuer erscheinen.“

Rund 1400 Jugendliche aus Baden-Württemberg haben im vergangenen Jahr an einer außerschulischen Jugendbegegnung teilgenommen, weitere 9700 Schülerinnen und Schüler einen Schüleraustausch mitgemacht. Dafür stellt das Land jährlich über eine halbe Million Euro zur Verfügung. Die Jugendstiftung Baden-Württemberg informiert Eltern, Schüler und Fachkräfte unter www.sprung-ins-ausland.de.

Spungbretter in die Ferne

Die nächste Informationsveranstaltung zu Byrnes-Stipendien findet am Donnerstag, 27. September, 18.30 Uhr, im Deutsch-Amerikanischen Zentrum, Charlottenplatz 17, statt. Teilnehmern können Jugendliche aus dem Regierungsbezirk Stuttgart, Bewerbungsschluss für das Schuljahr 2019/20 ist der 31. Oktober.

Auf in die Welt“ ist der Titel einer Schüleraustausch-Messe, die am 29. September in Stuttgart stattfindet. Sie zeigt Wege zu High School, Gap Year, Sprachreisen, Freiwilligendiensten, Au Pair, Praktika, Work and Travel und Internationalen Hochschulen auf. Schirmherr der Messe ist Stuttgarts OB Kuhn, sie findet in der Klagenfurter Straße 71, Neues Gymnasium Leibniz, statt.

Über „Dein Gap Year in den USA“ informiert die Tipsntrips Jugendinformation & Jugendagentur Stuttgart am Montag, 22. Oktober, in der Eichstraße 8 (Rückgebäude Eberhardstraße 6A). Der Informationsabend beginnt um 18 Uhr.

Ratschläge und Fördermittel

Die Aktion Bildungsinformation (Abi) hat einen neuen Ratgeber zum Thema Schuljahresaufenthalte in den USA herausgegeben. Er hat 230 Seiten, erläutert Gesundheits-, Impf- und Einreisevorschriften, beantwortet Krankenversicherungsfragen, stellt Anbieter vor und Kriterien zur Auswahl auf, informiert über Abläufe bei Vertragsabschluss, Rechte und Pflichten der Kunden und gibt Tipps zum angemessenen Verhalten der Gastschüler. Der Ratgeber ist bei Abi, Lange Straße 51, 70 174 Stuttgart, Tel. 07 11 / 22 02 16 30, unter info@abi-ev.de und im Fachhandel erhältlich.

Das German American Partnership Programm (GAPP) stellt unter anderem Fördermittel für Schulen zur Verfügung, die den Austausch mit Schulen in den Vereinigten Staaten anstreben. Infos im Internet unter www.kmk-pad.org/de/programme

Interesse jenseits des großen Teichs

Rund 1400 Jugendliche aus Baden-Württemberg haben im vergangenen Jahr an einer außerschulischen Jugendbegegnung teilgenommen, weitere 9700 Schülerinnen und Schüler einen Schüleraustausch absolviert. Dafür stellt das Land jährlich über eine halbe Million Euro zur Verfügung. Die Jugendstiftung Baden-Württemberg informiert Eltern, Schüler und Fachkräfte auf der Informationsplattform www.sprung-ins-ausland.de.

Aus dem Haushalt des Auswärtigen Amtes wird der Schüleraustausch weltweit über den Pädagogischen Austauschdienst gefördert. Die Förderung speziell für die Schüleraustausch-Programme beträgt im Haushaltsjahr 2018 rund 1,7 Millionen Euro. Daneben wird die beim PAD Beratungsstelle für Gruppenreisen ausländischer Schülerinnen und Schüler im Haushaltsjahr 2018 mit 1,23 Millionen Euro gefördert. Rund 4000 Jugendliche aus den USA kommen in der Regel nach Deutschland, die Antragszahlen für 2018 lagen nach Angaben des Auswärtigen Amts 3890 Anträge vor.