Jürgen Klopp gilt vielen als Vorbild. Bei vielen anderen Prominenten kann man da geteilter Meinung sein, wie die Schülerinnen Anna-Lena Digomann und Ann-Catherine Weise zeigen.

Stuttgart - Ob die Reichen, Schönen, Berühmten und Mächtigen zu Vorbildern taugen? Zwei Schülerinnen der Freien Waldorfschule Kräherwald haben unterschiedliche Ansichten dazu.

 

Sind Promis Vorbilder? Nein!

Ein Vorbild sollte sich auch vorbildlich verhalten. Es sollte zum Beispiel Gutes tun und sich um andere Menschen kümmern. Doch welcher Prominente tut das? Und was wissen wir überhaupt über die Leute, die die ganze Welt zu kennen glaubt? Was ist Fassade, was steckt dahinter?

Was wir von ihnen zu sehen bekommen, ist – von Ausnahmen abgesehen – folgendes: sie scheffeln Geld aus Eigennutz, sie spenden allenfalls kleine Mengen davon, um bei ihren Fans als „Wohltäter“ dazustehen. Zum Image von vielen Popstars und Schauspieler scheint es zu gehören, dass sie drogen- oder alkoholabhängig sind oder sich in der Öffentlichkeit daneben benehmen. Nehmen wir das Beispiel Lindsay Lohan. Der Drogenmissbrauch führt bei ihr dazu, das sie sich nicht mehr kontrollieren kann, Fans verprügelt und ins Gefängnis muss. Trotzdem hat sie auf der ganzen Welt Fans und Leute, die zu ihr aufschauen. Man fragt sich, warum.

So verhält es sich auch mit einigen Politikern. Sie sind immerhin die Menschen, denen wir unser Land anvertrauen. Aber manche verwickeln sich in Skandale, krassestes Beispiel aus der letzten Zeit: der ehemalige Verteidigungsminister Guttenberg mit seiner abgeschriebenen Doktorarbeit.

Andererseits werden Promis oft als perfekte Menschen dargestellt, und vor allem junge Leute zerbrechen daran, ihnen nachzueifern. Beispielsweise haben viele junge Mädchen Models als Vorbilder und wollen deren Maße und deren Körper haben. Dies wiederum kann zu Magersucht oder Selbstverstümmelung führen.

Prominente, das sind zunächst einmal Leute, die entfernt von uns leben, von denen wir nichts wissen außer dem, was wir in den Medien über sie erfahren. Wir kennen sie nicht, wir wissen nicht, welcher Charakter hinter der Fassade steckt. Und dieses Nichtwissen ist keine Grundlage, jemanden als Vorbild zu sehen.

Sollten wir uns überhaupt Vorbilder nehmen? Vielleicht sollte jeder Mensch seinen eigenen Weg gehen, unabhängig von Anderen. Wenn wir jemanden brauchen, um uns daran zu orien-tieren, finden wir dieses Vorbild wohl eher in Menschen, die wir besser kennen.

Können Promis Vorbilder sein? Ja, wenn sie wollen!

Was ist eigentlich ein Vorbild? Ein Vorbild ist jemand, der soziales Engagement zeigt, mutig, nett, sympathisch, freundlich und intelligent ist. Dabei ist es gleichgültig, ob es sich um einen Promi handelt, meinen eigenen Bruder oder eine Freundin. Dennoch sind Prominente vielleicht besonders geeignet, als Vorbilder zu dienen.

Warum? Schon als Kinder wollen wir alle reich und berühmt sein. Grob gesagt, je öfter ein Vorbild im Fernsehen, in der Zeitung oder im Radio erscheint, umso interessanter ist es für Kinder und Jugendliche. Diesen Vorbildern wollen viele nacheifern, und das ist ja auch nicht von vornherein verkehrt. Aber es muss noch etwas dazukommen, zum Beispiel, dass die Biografie dieser Menschen spannend ist.

Nehmen wir Eminem: Sein Leben besteht aus Höhen und Tiefen. Er hatte buchstäblich nichts (kein Geld und keine gute Ausbildung) und ist jetzt einer der berühmtesten Rapper der Welt. Und Heidi Klum ist für viele Vorbild, nicht nur, weil sie gut aussieht, sondern auch, weil sie sich für ihre Kinder einsetzt – obwohl ihre „Traumfamilie“ sich jetzt aufgelöst hat.

Models, Sänger, Sportler und Künstler sind Berühmtheiten, denen man wegen ihrer tollen, glamourösen Karriere nacheifern möchte. Deshalb müssten sie sich allerdings auch verpflichtet fühlen, sich vorbildhaft zu verhalten. Aber was ist mit bekannten Politikern, wer von ihnen könnte Vorbild sein? Schließlich ist ihre Laufbahn weniger glamourös, dafür aber anstrengender. François Hollande beispielsweise, der neue Präsident von Frankreich, hat wie versprochen sein Gehalt um 30 Prozent gekürzt. Aus diesem Grund glaubt man ihm gern, dass er sich auch weiterhin für die Interessen der Bürger einsetzen wird.

Bei den Sportlern ragt der Trainer von Borussia Dortmund, Jürgen Klopp, heraus, weil er neben seinen sportlichen Qualitäten seine Mannschaft einfach perfekt zusammenhält, sie mental auf die Spiele vorbereitet und immer hinter seinen Spielern steht. Dabei kann er auch sehr emotional sein, er kann Menschen bewegen – bis hin zur kompletten Einwohnerschaft von Dortmund.

Ein Promi kann Vorbild sein, wenn er will: Er kann mit seiner Bekanntheit viele Leute auf neue Ideen und gute Projekte aufmerksam machen, er kann bei Katastrophen spenden und andere zum Spenden anregen.

Die Autorinnen

Ann-Catherine Weise ist 16 Jahre alt und besucht die Klasse 10 a der Freien Waldorfschule Kräherwald in Stuttgart. Sie hält von Promis als Vorbildern nichts.

Anna-Lena Digomann ist 15 Jahre alt und besucht dieselbe Klasse wie Ann-Catherine. Sie versteht, warum viele Menschen sich an Prominenten orientieren.