Hinfallen darf man, man muss aber wieder aufstehen: Der Ringer-Weltmeister und Olympiadritte von Tokio, Frank Stäbler, gibt in der Sindelfinger Martinsschule eine Lehrstunde in Sachen Motivation.
Die 13 ist eine Glückszahl – könnte man meinen. Denn der in Böblingen geborene Ringer Frank Stäbler gewann in seinem bisherigen Sportlerleben 13 Medaillen bei Europa- und Weltmeisterschaften sowie Olympischen Spielen. Zuletzt war es die Bronzemedaille bei den Spielen 2020 in Tokio. Jetzt ist er 33 Jahre alt, hat Abschied genommen vom aktiven Sport und widmet sich seiner jungen Familie.
Seine beruflichen Ausbildungen schloss er nach der Hauptschulzeit als Bürokaufmann und Fachinformatiker ab. Jetzt war zu Gast in der Sindelfinger Martinsschule für Kinder mit einem sonderpädagogischem Bildungsanspruch. Den Kontakt hatte Klassenlehrer Josef Schmid hergestellt, der selbst Beziehungen zum Ringen hat. Mit dabei war auch Ursel Schneider, die zweite Klassenlehrerin. Auch der Schulleiter Steffen Breuning freute sich auf Frank Stäbler: „Viele Schülerinnen und Schüler kannten ihn vorher nicht. Sie hatten aber die Hausaufgabe, sich mit ihm vertraut zu machen und konnten es dann zum Schluss kaum erwarten, dass er endlich kommt.“
Niederlagen gehören dazu
Die Schulturnhalle war gut gefüllt, fast passend zum Gast – Spannung und Disziplin erstaunlich gut. Breuning: „Als sonderpädagogisches Schulzentrum ist eine unserer wichtigen Aufgaben, die Kinder nicht nur in Schulleistungen zu fördern, sondern auch Mut und Selbstbewusstsein sowie die Lust am Lernen zu vermitteln.“
„Wie geht es euch?“ wollte Frank Stäbler wissen, die jubelnde Antwort der Schüler sprach für sich. Stäbler fand sofort einen direkten Draht zur emotionalen Lage der Schüler und nahm sie in etlichen, äußerst anschaulich geschilderten Beispielen mit in die Geschichte seiner Erfolge. Nur Erfolge? Keineswegs. Stäbler: „Ringen ist älteste überlieferte Sportart der Welt, Niederlagen gehören dazu.“ Er bekannte, dass er als kleiner Junge auch andere Sportarten ausgeübt habe, aber letztlich vom Ringen fasziniert war, auch wenn seine Großmutter nach Leibeskräften versucht hat, ihn davon abzuhalten. Stäbler erzählte äußerst anschaulich, wie hart der Weg ist, bis man Erfolge einfahren kann, denn zu internationalen Meisterschaften zählen noch viele weitere Siege bei Turnieren, Ranglistenmeetings.
Wer auf so einem Niveau über Jahre Sport macht, kennt jede Höhe – und jede Tiefe. Zu den Erfolgen kam eine gewisse mediale Aufmerksamkeit, die der sympathische Profi durchaus genießen könne, wie er sagt. Aber, so Stäbler: „Nach zwei Tagen ist alles relativ schnell vorbei und man lernt frühzeitig, dass man die Leistungen nicht für die anderen, sondern für sich vollbringt.“ Natürlich zählt dazu tägliches Training, die Balance zwischen Kraft und Technik und der Wille und Glaube an sich. Stäbler: „Besondere Hindernisse waren natürlich Verletzungen, die zu überwinden waren, aber auch unfaire Gegner, die durch Doping oder unsaubere Kampftechniken betrogen haben.“
70 bis 80 Liegestütze sind kein Problem
Mit viel Humor und Engagement brachte er den Schülern nahe, dass man immer wieder hinfallen, aber auch wieder aufstehen kann, denn das Hinfallen gehöre auch dazu. „Wenn ihr Träume habt, was ihr gerne werden wollt, im Leben oder Beruf, beschützt eure Träume, lasst sie euch von niemandem nehmen und gebt euch selbst ein Versprechen, dass ihr sie leben werdet“, sagte er.
Frank Stäbler gelang es, ganz authentisch in der Sprache der Jugendlichen zu erzählen – und den einen oder anderen Tipp zu vermitteln. Es klinge doch irgendwie ganz anders, auch für einen selbst, wenn man schlimme Situationen statt „Scheiße“ einfach „interessant“ findet. Hürden und negative Gedanken und Energien gebe es oft, aber man müsse sie beiseiteschieben. Oder er schilderte anschaulich, wie er Gegner auf der Matte unsicher gemacht und einfach entspannt gelacht habe, obwohl er vor ihnen gehörigen Respekt, vielleicht sogar Angst gehabt habe. Natürlich wollten die Schüler in der Diskussion noch wissen, wie er selber in der Schule war und der 33-Jährige bekannte, dass er in Mathe und Chemie je einen Fünfer hatte. Staunende Blicke gab es auch bei Stäblers Antwort auf die Frage, wie viel Kilo er denn hochstemmen könne. Die lapidare Antwort: 120 Kilogramm. Oder wie viel Liegestütze er machen könne, die trockene Antwort: 70 bis 80.
Eine echte Goldmedaille um den Hals
Insbesondere die Mädchen zeigten sich begeistert, dass er auch eine Familie mit zwei kleinen Kindern hat. Was für ihn denn wichtiger sei, Sport oder Familie? Stäbler: „Ganz oben steht die Familie und dann eine Zeit lang nichts.“ Es blieb nicht nur bei der Theorie in der Schulturnhalle – der Schulsprecher Leon wollte auch selbst mal das Ringen ausprobieren und wurde von Frank Stäbler elegant aufs Kreuz gelegt.
Die Schülerinnen und Schüler hatten für Stäbler ein Geschenk vorbereitet. Sirin hat ein Bild gemalt. Sie nahm die rechte Hälfte eines Bilddrucks von Roy Lichtenstein und vervollständigte es selber zu einem ganzen Bild. Dieses hatte sich Frank Stäbler ausgesucht. Als Belohnung durfte sie sich für das Fotoshooting eine echte Goldmedaille um den Hals hängen.