Bianca Barth ist Abiturientin aus Leinfelden-Echterdingen. Für das Planspiel „Jugend und Parlament“ hat sie die Schul- mit der Abgeordnetenbank getauscht. Und zu einer ganz besonderen Begegnung kam es am Ende auch noch.

Leinfelden - Genau 315 Jugendliche aus ganz Deutschland sind beim Planspiel „Jugend und Parlament“ Ende Mai für vier Tage in die Rolle von fiktiven Abgeordneten geschlüpft. Mittendrin im Bundestag war auch die 17-jährige Bianca Barth aus Leinfelden-Echterdingen. Die Schülerin des Immanuel-Kant-Gymnasiums nahm auf Einladung des echten Bundestagsabgeordneten Matthias Gastel (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) an dem Planspiel teil und simulierte gemeinsam mit Jugendlichen im Alter zwischen 17 und 20 Jahren den Weg der Gesetzgebung.

 

„Dieses Planspiel gibt den Teilnehmern die Möglichkeit, Politik hautnah zu erleben. Sie lernen nicht nur viel über den Bundestag, sondern können sich auch selber einbringen“, sagt Gastel. Auf dem Programm des Parlamentsplanspiels standen in diesem Jahr unter anderem Entwürfe zur Einführung bundesweiter Volksabstimmungen oder eine EU-geführte Militäroperation im fiktiven Staat Sahelien. Die fiktiven Charaktere wurden per Los einer ebenso fiktiven Fraktion zugeteilt. Bianca Barth musste die Partei für Gerechtigkeit und Solidarität (PGS) vertreten und in Fraktions- und Ausschusssitzungen als auch im großen Plenarsaal für eine Gesetzesinitiative zur Verbesserung des Tierschutzes kämpfen.

Die Grenzen zwischen Spiel und Realität verwischen

Eine lehrreiche Erfahrung für die IKG-Schülerin: „Ich weiß jetzt, wie schwierig es sein kann, nicht nur die Opposition, sondern auch die eigene Fraktion zu überzeugen und wie hart der Alltag der Bundestagsabgeordneten ist.“ Die junge Frau berichtet von großen Kämpfen und stundenlangen Debatten mit der ebenfalls fiktiven Bürgerlichen Bewahrungspartei (BBP), die die Opposition vertrat. „Man steigert sich in seine Position hinein und fiebert so sehr mit, dass manchmal die Grenzen zwischen Spiel und Realität verwischen“, schildert Barth. „Die permanenten Zwischenrufe aus dem Plenum haben mich oft sehr wütend gemacht“, sagt sie. Der Gesetzesentwurf der von ihr vertretenen Regierungspartei sei schließlich dennoch verabschiedet worden.

Die Schülerin hatte keine Schwierigkeiten, sich mit den Positionen ihrer sozialen Partei zu identifizieren. Andere Jugendliche hatten da nicht so viel Glück. Manch einer musste eine Meinung vertreten, die er im wahren Leben ablehnt. „Viele der Jugendlichen gehörten einer Partei an, daher ist ihnen das Planspiel nicht leicht gefallen“, sagt Bianca Barth.

Die 17-Jährige ist im echten Leben hingegen parteilos. „Ich finde es schwierig, mich auf Inhalte einzelner Parteien zu beschränken und möchte meinen Standpunkt unabhängig von einem Parteibuch vertreten.“ Diese Tatsache habe in Berlin zu zahlreichen Anwerbegesprächen mit partei-politischen Jugendlichen geführt. „Ich fand das sehr amüsant, weil ich innerhalb kürzester Zeit viel über die unterschiedlichen Parteien erfahren konnte.“

Für die Belange der Jugendlichen einsetzen

Eine politische Zukunft schließt Bianca Barth für sich nicht aus, zumal sie sich seit langer Zeit für ihre Mitmenschen stark macht. Seit der sechsten Klasse engagiert sich die Schülerin in der Schülermitverantwortung am IKG. Bis zuletzt ist sie Schülersprecherin des Gymnasiums gewesen. Zudem ist Barth Vorsitzende der neu gegründeten Jugendvertretung in Leinfelden-Echterdingen. „Es macht mir große Freude, mich für die Belange der Jugendlichen in meiner Heimat einzusetzen.“

Nach der mündlichen Abitur-Prüfung zieht die junge Frau allerdings erst einmal für ein Duales Studium in BWL-Industrie nach Mannheim. Das viertägige Planspiel sei eine gute Erfahrung gewesen, die sie nicht missen wolle, sagt Barth.

Die Grenzen zwischen Fiktion und Realität verwischten übrigens abermals bei einer ganz besonderen Begegnung: Die Abiturientin traf auf einem Flur des Bundestages zufällig auf Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Als sie vor mir stand und ich ihr die Hand schütteln konnte, kam mir das sehr unwirklich vor“, sagt die Schülerin. Für ein Erinnerungs-Selfie hatte die Kanzlerin derweil keine Zeit mehr. „Jetzt, da ich hinter die Kulissen der großen Politik schauen konnte, weiß ich aber auch warum“, sagt Barth.