Zwischen Familienwünschen und Gemeinderatsbeschluss klafft eine Lücke: Die Anmeldungen an den Ludwigsburger Gymnasien weichen teils massiv von den vorgegebenen Höchstaufnahmezahlen ab. Wie das ausgeht, ist noch offen.

Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Ludwigsburg - Die Familien wollen es anders, als die Schülerlenkung es vorsieht: Bei der Anmeldung von Viertklässlern an den Ludwigsburger Gymnasien klaffen Wunsch und Wirklichkeit so weit auseinander wie seit Jahren nicht. Geht die Stadt rigide nach den Gemeinderatsvorgaben, darf jedes Gymnasium vier Eingangsklassen bilden, das Mörike-Gymnasium wegen seines beliebten G9-Zuges sogar sechs. Angemeldet haben sich aber am Mörike- und am Goethe-Gymnasium mehr Schüler, als das Korsett vorgibt – am Otto-Hahn- und am Schiller-Gymnasium dafür weniger.

 

Das neunjährige Gymnasium ist ein Zugpferd

201 Kinder wollen aufs Mörike, 158 aufs Goethe – für beide Schulen ist das im Vergleich zum vergangenen Schuljahr ein enormer Zuwachs, während für das Otto-Hahn-Gymnasium 99 und für das Schiller-Gymnasium 71 Mädchen und Jungen angemeldet wurden. Das sind zwar nur die vorläufigen Zahlen, bei denen es, wie eine Sprecherin des Stuttgarter Regierungspräsidiums betont, „aus verschiedenen Gründen noch zu Änderungen kommen kann“.

Gleichwohl geben sie ein Stimmungsbild ab. Das ohnehin stark nachgefragte Mörike-Gymnasium und das generalsanierte Goethe-Gymnasium steigen auf der Beliebtheitsskala, auf das Otto-Hahn- und das Schiller-Gymnasium drängen hingegen zum kommenden Schuljahr weniger Neuankömmlinge als zuletzt. Wird die Schülerlenkung streng durchgesetzt, müssten am Goethe-Gymnasium, das nur vier Eingangsklassen bilden darf, fast 40 Kinder abgelehnt werden. Das benachbarte Schiller-Gymnasium, ebenfalls auf vier Eingangsklassen ausgelegt, bekommt nach aktuellen Anmeldezahlen dagegen nur drei fünfte Klassen zusammen.

Die finale Verteilung steht noch nicht fest

Was also tun, ohne sich den Unmut von zig Familien zuzuziehen? Im Marbacher Friedrich-Schiller-Gymnasium, das wegen zu großen Andrangs 40 Schüler abwies, hat bereits eine Familie Widerspruch eingelegt. „Die Klassenbildung an den weiterführenden Schulen in Ludwigsburg ist noch nicht abgeschlossen“, erklärt Meike Wätjen von der Pressestelle der Stadt zu den Gymnasialanmeldungen. „Derzeit laufen Abstimmungsgespräche mit dem Regierungspräsidium über die finale Verteilung und somit über die Eingangsklassen an den weiterführenden Schulen.“

Grundlage dafür sei und bleibe der Gemeinderatsbeschluss, dass an den Gymnasien insgesamt 18 Eingangsklassen gebildet werden dürften. Dieses Lenkungsmittel diente einst dazu, eine gewisse Ausgewogenheit herzustellen: Als das Mörike als eines der wenigen dafür zugelassenen Gymnasien im Land den Zuschlag bekam, das Abitur in neun statt in acht Jahren anbieten zu dürfen, und sich daraufhin ein regelrechter Run auf die Schule entwickelte, drohte an den Ludwigsburger Gymnasien ein massives Ungleichgewicht zu entstehen. Das Mörike darf deshalb heute nur fünf G9-Klassen anbieten, muss aber auch jeweils eine G8-Klasse vorhalten – für die laut Schulleiterin Sylvia Jägersberg auch Bedarf da ist. „Es ist nicht so, dass sich bei uns nur Schüler für G9 anmelden“, sagt sie. Wolfgang Medinger, Leiter des Goethe-Gymnasiums, führt das steigende Interesse an seiner Schule „auf die Qualität des Bildungsangebotes, auf die Musik, die das ganze Schulleben durchdringt, und sicher auch auf unser schönes neues Gebäude“ zurück.

Die Deckelung bleibt

Dennoch: Der Gemeinderatsbeschluss sei eindeutig, stellt die Stadt klar– es gebe keine Überlegungen, an dieser Deckelung etwas zu ändern. Welche Kinder abgelehnt werden, diese Entscheidung treffe „nach Abwägung die jeweilige Schulleitung“, so Meike Wätjen. Ein Kriterium für eine solche Entscheidung ist laut Regierungspräsidium, ob Kinder wegen besonderer Schulangebote – etwa wegen Profilfächern wie Musik, Bildende Kunst und Sport oder bilingualem Unterricht – angemeldet wurden. In die Abwägung fällt aber auch, ob das Kind bereits Geschwister auf der Wunschschule hat oder wie weit sein Schulweg ist.

Auch an mancher Realschule ist es drängend eng: In Kornwestheim etwa müssen mittlerweile Schüler aus angrenzenden Stuttgarter Bezirken abgewiesen werden, weil die Schüler aus der eigenen Stadt kaum noch unterzubringen sind. In Bietigheim-Bissingen gibt es keine Schülerlenkung im Sekundarbereich – in der Grundschule durch Zuschnitte von Schulbezirken schon. So ist es auch in Ditzingen. Realschule und Gymnasium nähmen auswärtige Schüler nur auf, „wenn die Zügigkeit durch eigene Schüler bereits erreicht wurde und aufgefüllt werden kann“, berichtet Guido Braun vom Haupt- und Personalamt. „In der Gemeinschaftsschule wäre es aber wünschenswert, dass die Inklusionsbedürfnisse der Eltern auf mehr Standorte im Landkreis verteilt würden.“