Wahr oder falsch? Künstliche Intelligenz (KI) ermöglicht immer raffiniertere Fake News – und war eines der Themen bei den Schülermedientagen mit StZ-Chefredakteur Joachim Dorfs.
Das jüngste Fake-News-Beispiel hat einen direkten Bezug zu Stuttgart: Nach dem schweren Unfall am Olgaeck, bei dem ein Mann in eine Menschengruppe gefahren war, wurde auf der Social-Media-Plattform X fälschlicherweise behauptet, es habe sich dabei um einen Anschlag gehandelt, begangen von einem Migranten. „Ekelhaft“, findet Joachim Dorfs, der Chefredakteur der Stuttgarter Zeitung, solche Falschinformationen, die bewusst gestreut werden, um Menschen zu manipulieren. Wie kann man sich davor schützen, auf solche Nachrichten hereinzufallen? Darum ging es am Montag zum Auftakt der Schülermedientage an der Johann-Friedrich-von-Cotta-Schule in Stuttgart.
Gesunde Skepsis ist wichtig
„Jeder sollte Zweifel haben, ob die Sachen, die er sieht, so stimmen“, riet Joachim Dorfs den Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufe zwölf zu kritischem Denken. Die Jugendlichen interessierten sich unter anderem für die Frage, wie Journalistinnen und Journalisten recherchieren. Der Chefredakteur nannte wichtige Quellen – im Falle des Unfalls am Olgaeck sind das etwa die Polizei, die Staatsanwaltschaft, Experten und Verbände, aber auch Augenzeugen. „Man versucht, möglichst nah an die Leute heranzukommen und recherchiert in alle Richtungen.“
Denn, das ist eine Regel für seriöse Berichterstattung, es braucht immer mindestens zwei Quellen, damit eine Information als gesichert gilt. Und diese Quellen werden gegenüber den Leserinnen und Lesern auch transparent gemacht.
KI wird immer raffinierter
„Wie schwer ist es für Journalisten, Fake News zu erkennen?“, wollte eine Schülerin wissen. „Mitunter schwer“, antwortete Dorfs. Das gelte vor allem bei Katastrophen und Kriegen und insbesondere bei Fotos von Social Media. Um von KI erstellte oder in einem ganz anderen Kontext entstandene Bilder als solche zu erkennen, nutzen Medienschaffende auch Forensik oder greifen auf Faktencheckportale zurück, wie sie unter anderem die Nachrichtenagentur dpa betreibt. Derartige Angebote können Nicht-Journalisten ebenfalls nutzen, wenn sie sich nicht sicher sind, ob eine im Netz geteilte Information wahr oder falsch ist.
Merkwürdige Details, etwa makellose Haut, zusätzliche Finger, falsche Proportionen, fehlerhafte Schatten oder unlesbare Schrift sind zwar oft Indizien für KI generierte Bilder, doch die Technologie und somit gefälschte Inhalte würden immer besser – und damit immer schwerer erkennbar, warnte Joachim Dorfs.
Medienschaffende in Gefahr
„Wie verarbeiten Journalisten schlimme Geschichten?“, fragte eine Jugendliche. Dorfs erklärte, dass es bei der Stuttgarter Zeitung eine Stelle gebe, an die man sich bei psychischen Belastungen wenden könne. Das könne entweder der Inhalt der Berichterstattung sein – etwa schwere Unfälle oder Katastrophen – aber auch Hass, Drohungen oder Übergriffe, wie sie Journalistinnen und Journalisten hierzulande immer wieder erleben. In anderen Ländern wie Russland oder China sei die Situation für Medienschaffende allerdings noch deutlich schwieriger. So werden in autoritären Regimen Pressevertreter systematisch bedroht und getötet. „Es ist kein Zufall, dass in autoritären Staaten die Pressefreiheit abgeschafft wird“, so Dorfs in Hinblick auf den internationalen Tag der Pressefreiheit, der jährlich am 3. Mai stattfindet. Denn: „In dem Moment, wo wir uns über belegbare Fakten nicht mehr einigen können, ist die Demokratie gefährdet“, betonte der Chefredakteur.
Nach wie vor ein toller Beruf
Angesichts der Tatsache, dass die Printauflage nahezu aller Zeitungen seit Jahren abnehme, gehe es darum, digital noch stärker zu werden, antwortete Dorfs auf die Frage, wie man es schaffe, als Medium relevant zu bleiben und Leute zu erreichen. Man müsse sich fragen, ob man auf den richtigen Kanälen unterwegs sei, müsse für möglichst viele Menschen Themen haben, die für sie relevant und interessant sind und diese so aufschreiben, dass sie zugänglich seien, erläuterte er. Auch wenn der Journalismus wirtschaftlich gesehen nicht mehr die goldenen Zeiten erlebe, die es schon gab – inhaltlich ist Journalist für ihn nach wie vor ein toller Beruf, so Joachim Dorfs.