Die Zuwanderung bremst den Schülerrückgang in Baden-Württemberg. In zehn Jahren soll es an allgemeinen und beruflichen Schulen sieben Prozent weniger Schüler geben als jetzt. Wegen der schwankenden Prognosen warnen die Gemeinden davor, wie vorgesehen, kleine Schulen zu schließen.

Stuttgart - Die Streichung von Lehrerstellen ist trotz sinkender Schülerzahlen vom Tisch. Das betonte Kultusminister Andreas Stoch (SPD) bei der Präsentation der aktuellen Vorausrechnung des Statistischen Landesamts. Alle Stellen, die theoretisch wegen des demografischen Wandels frei werden könnten, würden für den Unterricht von Flüchtlingskindern in Vorbereitungsklassen benötigt, erklärte Stoch. „Wir brauchen die Stellen dringend“, bekräftigte der Kultusminister.

 

Die Statistiker gehen davon aus, dass es in zehn Jahren an den allgemein bildenden Schulen in Baden-Württemberg 1,08 Millionen Schüler geben wird. Heute sind es 1,13 Millionen. Ursprünglich war mit deutlich weniger Schülern gerechnet worden. Der Rückgang werde gebremst durch die Zuwanderung, sagte Carmina Brenner, die Präsidentin des Statistischen Landesamts.

An den Grundschulen erwarten die Statistiker in den nächsten Jahren sogar steigende Schülerzahlen. Schon im neuen Schuljahr werden wohl 361 800 Kinder die Grundschulen des Landes besuchen, jetzt sind es 359 500. Die Modellrechnung weist für das Jahr 2025/26 drei Prozent mehr Grundschüler aus als heute.

Nur noch halb so viele Hauptschüler

Die Anzahl der Hauptschüler dürfte sich dagegen in zehn Jahren auf 50 400 mehr als halbieren (2015: 114 000). An den Realschulen rechnen die Statistiker bis zum Jahr 2025 mit einem Rückgang um 22 Prozent (von 231 600 auf 180 100 Schüler), an den Gymnasien mit einem Minus von neun Prozent (von 313 500 auf 284 100). Unsicherheitsfaktoren bleiben die Zuwanderung, die Inklusion und auch die Nachfrage nach den Gemeinschaftsschulen. Die Modellrechner gehen davon aus, dass in zehn Jahren 122 500 Schüler die Schulart besuchen werden. Diese Prognose wurde korrigiert. Im vergangenen Jahr sah die Statistik für das Schuljahr 2020/21 knapp 10 000 Gemeinschaftsschüler mehr vor als jetzt.

Als Folge der Erhebung will Stoch die Qualität der Grundschulen steigern. „Die steigenden Schülerzahlen und vor allem die zunehmende Heterogenität bedeuten, dass wir uns dieser Schulart noch stärker zuwenden müssen“, sagte er. Im Herbst bekommen die Grundschulen erstmals zusätzliche Förderstunden. 180 Lehrerstellen können für die Unterstützung von Kindern mit Lese-Rechtschreibschwäche, mit Sprachförderbedarf oder Problemen in Mathematik eingesetzt werden.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) wie auch der Verband Bildung und Erziehung (VBE) begrüßen die Unterstützung der Grundschulen, verlangen aber weitere Lehrerstellen. Besonders für die Inklusion, die von Herbst an Gesetz ist. Die Statistiker erwarten, dass behinderte Kinder vor allem Grundschulen und Werkrealschulen besuchen werden. Gemeinschaftsschulen sind ohnehin als inklusive Schulen definiert. An den Sonderschulen, die in Zukunft sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren heißen sollen, sinken die Schülerzahlen der Modellrechnung zufolge in zehn Jahren von 36 750 auf 24 000. Brenner geht davon aus, dass 28 Prozent der behinderten Schüler eine Regelschule wählen werden. Das Land will die Sonderschulen erhalten.

Gemeindetag will kleine Schulen erhalten

Stoch sagte aber, auch ohne das Inklusionsgesetz unterschritten einige Sonderschulen bereits die kritische Größe. Auch für sie soll es eine regionale Schulentwicklungsplanung geben. Indes warnt der Gemeindetag davor, wegen der schwankenden Entwicklungen kleine weiterführende Schulen zu schließen.

An den beruflichen Schulen wird erst in drei Jahren mit Schülerrückgängen gerechnet. Damit verbieten sich für den Lehrerverband Streichungen. Vielmehr mache die Zuwanderung mehr Lehrer nötig.