Glück und professionelle Polizeiarbeit haben am Donnerstag einen terroristischen Anschlag in München unterbunden. Der Tathergang scheint weitgehend geklärt. Wie sich der getötete Angreifer radikalisiert hat noch nicht.

Die Münchner Polizei hat die Schüsse vom Donnerstag am Karolinenplatz als „terroristischen Anschlag“ bewertet. Am Freitag präsentierten die Ermittler weitere Erkenntnisse zum Tathergang. Demnach war der von Einsatzkräften erschossene 18-jährige Österreicher mit bosnischen Wurzeln ein Einzeltäter. Dies sei aber zu Beginn nicht klar gewesen, erklärte Einsatzleiter Christian Huber.

 

Wie sich der junge Mann radikalisiert haben könnte, ist nach Auskunft von Oberstaatsanwältin Gabriele Tilmann noch nicht klar. Die österreichische Polizei habe nach Vorwürfen wegen Körperverletzung gegen ihn 2023 ermittelt und dabei herausgefunden, dass er ein Computerspiel mit Bezug zur syrischen Terrormiliz „Haiat Tahrir al-Scham“ gespielt habe. Unmittelbar vor der Abfahrt nach München habe er zuhause keine leicht auffindbaren Hinweise zu seinem Motiv hinterlassen. Auch seien weder bei ihm, im Auto noch in seiner Wohnung Spuren von Sprengstoff gefunden worden.

Der Attentäter habe kurz vor neun Uhr sein Auto in der Arcisstraße geparkt und dann zunächst zwei Schüsse auf die Fassade des NS-Dokumentationszentrums abgegeben. Danach sei er in ein Nachbargebäude der Technischen Universität eingedrungen, wobei er sich verletzt habe. Der Mann habe daraufhin versucht, den Zaun zum israelischen Generalkonsulat zu überwinden. Das sei ihm aber nicht gelungen. Daraufhin habe er zweimal auf dessen Hausfront gefeuert. Vor dem für ihn tödlichen Schusswechsel mit der Polizei sei er noch in einem anderen Gebäude gewesen, habe aber dort keinen Kontakt zu Personen gehabt.

„Keine Dekowaffe“

Das von dem Mann verwendete Gewehr mit einem aufgepflanzten Bajonett sei ein „alter Karabiner“, fügte Huber hinzu. Es habe sich aber nicht um eine „Dekowaffe“, sondern ein Schweizer Militärgewehr mit „massiver Durchschlagskraft“ gehandelt. Dieses habe er erst am 4. September „legal erworben“. Der Österreicher sei anhand von Fingerabdrücken zweifelsfrei identifiziert. Staatsschutzrelevante Erkenntnisse über ihn lägen in Deutschland nicht vor.

Einschusslöcher und Patronenhülsen deuteten darauf hin, dass der Österreicher insgesamt neun Schüsse abgab. Der ganze Vorgang dauerte demnach etwa eine Viertelstunde. Weil das NS-Dokuzentrum noch nicht auf und das israelische Generalkonsulat geschlossen gewesen sei, habe es in dem Areal nur „wenig Personenverkehr“ gegeben. Deshalb habe man auch „Glück gehabt“, so Huber. Die weiteren Ermittlungen würden von einer Sonderkommission mit 50 Polizeibeamten geführt. Bisher seien 100 Hinweise von Zeugen eingegangen, darunter mehrere Videos.