Die Schufa lässt nach vehementen Protesten nun doch nicht erforschen, wie sie Daten aus sozialen Netzwerken zur Bonitätsberechnung nutzen kann.

Stuttgart - Am Ende ist der Protest von Politikern, Datenschützern und Internetnutzern gegen die Facebook-Pläne der Schufa Holding AG zu massiv gewesen: Das Potsdamer Hasso-Plattner-Institut (HPI) hat mitgeteilt, dass es den Vertrag über eine Zusammenarbeit mit der Wiesbadener Auskunftei gekündigt habe. „Angesichts mancher Missverständnisse in der Öffentlichkeit über den vereinbarten Forschungsansatz und darauf aufbauender Reaktionen kann ein solches wissenschaftliches Projekt nicht unbelastet und mit der nötigen Ruhe durchgeführt werden“, erklärte HPI-Direktor Christoph Meinel.

 

Wenig später gab auch die Schufa bekannt, die Idee nicht weiterzuverfolgen. „Das Forschungsprojekt hat eine Debatte über den Umgang mit frei verfügbaren Daten angestoßen, die die Schufa erst mit Vorlage der Forschungsergebnisse erwartet hätte“, hieß es. Schufa-Vorstand Peter Villa betonte: „Freunde und Status geben keine Auskunft über die Bonität eines Verbrauchers. Deshalb finden solche Daten auch keine Verwendung in unserem Datenbestand.“

Dialog aller Beteiligten gefordert

Man dürfe aber nicht die Augen vor der Realität des Internets verschließen: „Die grundsätzliche Frage des Umgangs mit öffentlichen Daten im Netz bleibt eine zentrale gesellschaftliche Herausforderung.“ Er sprach sich für einen Dialog aller Beteiligten aus der Politik, dem Verbraucher- und Datenschutz sowie der Wirtschaft und Wissenschaft aus.

Am Donnerstag war bekannt geworden, dass die Schufa vom HPI prüfen lassen wolle, ob und wie sich Daten aus sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter zur Prüfung der Kreditwürdigkeit nutzen lassen. Es folgte harsche Kritik. Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) etwa bezeichnete das Projekt als eine „völlige Schnapsidee“.

Schufa-Aufgaben sind vielen unklar

Auch wenn die Schufa-Pläne nun schon wieder obsolet sind, hat die Causa die Wiesbadener Auskunftei eher ungewollt wieder ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. Denn obwohl fast jeder Bürger irgendwann einmal in Berührung mit der Schufa kommt – sei es bei der Eröffnung eines Kontos oder beim Abschluss eines Handyvertrages –, ist vielen unklar, was die Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung, kurz Schufa, eigentlich zur Aufgabe hat.

„Vielen Verbrauchern wird das erst bewusst, wenn sie mit Hinweis auf ihren Schufa-Eintrag keinen Bankkredit bekommen“, sagte ein Sprecher der Verbraucherzentrale (VZ) Baden-Württemberg. Eine solche Ablehnung beruht auf einem Scoring, das die Schufa für alle erfassten Verbraucher erstellt. Der Wert liegt zwischen eins und 100 und beschreibt die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Konsument seine Verbindlichkeiten bedienen kann. Ist eine Kunde pleite oder kann seine Rechnungen nicht mehr bezahlen, sinkt das Scoring.

Scoring ist Geschäftsgeheimnis

Wie genau dieser Wert zustande kommt, ist jedoch ein Geschäftsgeheimnis. „Das ist eine Blackbox“, sagt der VZ-Sprecher. „Das Problem ist, dass alle möglichen Daten auch zu allen möglichen Ergebnissen führen können.“ Auf ihrer Internetseite beschreibt die Schufa ihre Aktivitäten so: „Zum einen speichern wir zu natürlichen Personen personenbezogene Daten wie Namen, Geburtsdatum und gegebenenfalls -ort, Anschrift, eventuelle sonstige, auch frühere Anschriften und Ihren persönlichen Schufa-Basisscore.“

Ferner erhalte man von Vertragspartnern – unter anderem Banken und Sparkassen, Versandhändler oder Telekommunikationsgesellschaften – Informationen über Bankkonten, Kreditkarten, Leasingverträge, Mobilfunkkonten, Versandhandelskonten, Ratenzahlungsgeschäfte, Kredite und Bürgschaften sowie etwaige Zahlungsausfälle bei angemahnten und unbestrittenen Forderungen.

Keine Informationen zu Vermögen

Betont wird, dass man „keine Informationen“ zu Vermögen und Einkommen, Marketingdaten (Kaufverhalten oder Ähnliches), Beruf, Lebenseinstellungen und Mitgliedschaften (zum Beispiel religiöse, politische etc. . . .), Ehegatten sowie Nationalität habe. Ob sich dies durch eine Auswertung von Daten aus sozialen Netzwerken geändert hätte, sei dahingestellt.

„Aus dem Wohnort oder dem Alter Rückschlüsse auf die Kreditwürdigkeit einer Person zu ziehen, ist mehr als fragwürdig“, sagt der VZ-Sprecher. Auch aus solcherlei Gründen hat die Schufa seit Jahren ein schlechtes Image und müht sich schon länger das zu ändern – etwa indem sie Verbraucher über Verschuldung aufklärt oder ihnen Einsicht in ihre gespeicherten Daten verschafft. „Einmal pro Jahr ist das kostenlos“, sagt der VZ-Sprecher.