Schulalltag in Leinfelden-Echterdingen Immer mehr Kinder brauchen psychologische Hilfe

„Lehrkräfte haben einen Bildungs-, und Erziehungsauftrag“, betont Heike Hauber, Leiterin der Leinfelder Realschule. Foto: Natalie Kanter

Ein schlankeres Schulsystem wünscht sich die grün-schwarze Koalition und nimmt dabei auch die Realschulen in den Blick. Wie aber sieht der Schulalltag dort aus? Heike Hauber, Leiterin der Leinfelder Realschule gibt Einblicke.

Ein schlankeres Schulsystem wünscht sich die grün-schwarze Koalition der Landesregierung. Wird ihr Vorschlag umgesetzt, könnte das auch für die Bildungslandschaft in Leinfelden-Echterdingen größere Folgen haben. Denn dann müsste sich die Immanuel-Kant-Realschule mit der Ludwig-Uhland-Schule, die einen Werkrealschulzug hat, zu einer Verbundrealschule zusammenschließen. Zumindest dann, wenn dass möglich ist und vor Ort auch gewünscht wird, so steht es im Koalitionspapier.

 

Dies ist freilich Zukunftsmusik und in Leinfelden-Echterdingen noch nicht mal im Ansatz diskutiert worden. Wie aber sieht die Situation an der Leinfelder Realschule aktuell aus? Dazu hat unsere Zeitung mit Heike Hauber gesprochen. Sie leitet die Leinfelder Realschule und sagt: „Die Zahl der Schülerinnen und Schüler, denen es nicht gut geht, hat zugenommen.“ Insbesondere nach Corona sei deren Zahl sprunghaft angestiegen. „Einigen Kindern hat in dieser Zeit ihre Peergroup, das soziale Miteinander gefehlt“, sagt die Rektorin. „Da ist was verloren gegangen.“ Diese Heranwachsenden leiden unter Angstzuständen oder Depressionen. Sie fehlten viel oder könnten sich an die Regeln der Schule, zu der ein wertschätzender Umgang gehört, nicht mehr halten.

Immer mehr Kinder brauchen also psychologische Hilfe. „Lehrkräfte sind Pädagogen, haben einen Bildungs-, und Erziehungsauftrag“, sagt Hauber. Wenn von 30 Kindern fünf Probleme haben, funktioniere das Unterrichten, Erziehen und Disziplinieren nur noch eingeschränkt. Die Pädagoginnen und Pädagogen kommen an ihre Grenzen. Zumal es auch an der Leinfelder Realschule zu wenig Lehrerinnen und Lehrer gibt. Vier Stellen sind nicht besetzt, sagt Hauber. Wobei aktuell gerade Bewerbungsgespräche für das kommende Schuljahr laufen.

An der Leinfelder Realschule gibt es auch zwei Vorbereitungsklassen. Diese Klassen besuchen Kinder und Jugendliche, die noch kein Deutsch können. Sie kommen aus bis zu 15 unterschiedlichen Ländern. Sie können teils nicht lesen oder schreiben und haben teilweise schlimme Dinge erlebt. „Das ist eine riesige Herausforderung für die beiden Lehrkräfte“, sagt Hauber. Auch wenn der Klassenteiler in diesen Klassen bei 25 liegt, seien diese Lerngemeinschaften viel zu groß.

Eine wichtige Anlaufstelle für die Heranwachsenden ist Schulsozialarbeiterin Julia Häberle. Sie ist eine 100-Prozent-Kraft, fängt viel auf „und hat alle Hände voll zu tun“, sagt Heike Hauber. Julia Häberle sei regelmäßig mit im Unterricht, unterstütze die Lehrkräfte und organisiere viele Projekte. „Jedes Kind kennt die Schulsozialarbeiterin“, sagt sie. Die Schulsozialarbeiterin vermittelt auch in Konfliktsituation, könne aber eine Schulpsychologin oder einen Schulpsychologen nicht ersetzen. Denn immer mehr Jugendliche bräuchten ein niederschwelliges Angebot, also einen Ansprechpartner direkt an der Schule mit psychologischer Ausbildung, zu dem sie gehen können, wenn es ihnen nicht gut geht, der schaut, wer noch weiterhelfen kann.

Neue Stellen finanziert durch die Krankenkasse

An dieser Stelle will die CDU-Fraktion Schwung in die Sache bringen. An der Leinfelder Realschule, aber auch an der Ludwig-Uhland-Schule soll künftig jeweils eine Schulpsychologin oder ein Schulpsychologe im Einsatz sein, haben sie beantragt. Finanziert – zumindest zum Teil – könnte das über das Präventionsprogramm einer örtlichen, gesetzlichen Krankenkasse werden, finden sie. Zudem soll an der Immanuel-Kant-Realschule eine Assistenzstelle geschaffen werden. Diese Kraft würde sich um Schülerinnen und Schüler kümmern, die aus unterschiedlichen Gründen von jetzt auf nachher nicht mehr am Unterricht teilnehmen können, aber auch Unterrichtsmaterialien organisieren und Schulbücher ausleihen und somit das Schulsekretariat entlasten.

Zurück zu den Vorstellungen der grün-schwarzen Regierungskoalition. Sie möchte auch weg vom Turbo-Abi und zurück zum G 9. Auch das würde für die Leinfelder Realschule Veränderungen bringen, klärt Heike Hauber auf. Denn aktuell nutzt das Kollegium fünf Klassenzimmer und zwei Kunst-Räume des benachbarten Gymnasiums. „Wenn wir diese Räume abgeben müssen, weil das Gymnasium diese für die G 9-Klassen braucht, haben wir ein größeres Problem“, sagt die Rektorin.

Wie Schülerinnen und Schüler bereits unterstützt werden

Schulsozialarbeit
An fast allen Schulen in Leinfelden-Echterdingen ist eine Schulsozialarbeiterin oder ein Schulsozialarbeiter im Einsatz. Die Fachkräfte unterstützen Kinder und Jugendliche ihre Stärken zu entfalten, ihre Ressourcen zu erschließen und das Risiko des Scheiterns zu verringern, heißt es in einem Papier der Stadt. Sie beraten Lehrkräfte und Eltern in Erziehungsfragen.

Schulpsychologin
Eine Schulpsychologin von der Psychologischen Beratungsstelle Filder unterstützt die beiden Gymnasien der Stadt. Aktuell laufen Gespräche wie eine psychologische Beratung auf die Leinfelder Realschule und die Ludwig-Uhland-Schule ausgedehnt werden kann.

Weitere Anträge
Die SPD-Fraktion drängt darauf in Sachen Sanierung und Erweiterung der Schulen Land zu machen. Grünen-Stadträte fordern das Thema Räume im Blick zu halten. Freie Wähler/FDP- Stadträte wünschen sich eine zentrale Veranstaltung zum Thema Bildung. Die L.E. Bürger/DiB wollen den Arbeitskreis Schulentwicklung wieder beleben. Oberbürgermeister Otto Ruppaner hat angekündigt, dass das Thema Schulentwicklung bei einer Klausurtagung des Gemeinderats einen großen Stellenwert einnehmen werde.

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