An diesem Montag beginnt der Präsenzunterricht für alle Schüler – aber nur, wenn sie Gesundheitsformulare mitbringen, die die Eltern unterschrieben haben. Die Ludwigsburger Schulen fahren dabei eine harte Linie.

Kreis Ludwigsburg - Die Informationen und Anweisungen zum Umgang mit der Pandemie können Claus Stöckle, Schulleiter der Realschule im Aurain und geschäftsführender Rektor der Schulen in Bietigheim-Bissingen (Kreis Ludwigsburg), und seine Kollegen schon gar nicht mehr zählen. In der vergangenen Woche gab es wieder Post aus dem Kultusministerium. Susanne Eisenmann (CDU) machte in dem Schreiben deutlich, wie komplette Schulschließungen verhindert werden sollen. Nämlich mit der Bildung sogenannter Kohorten. Im Infektionsfall soll nur die betroffene Klasse oder Gruppe isoliert und in Quarantäne geschickt werden.

 

Die Hygienevoraussetzungen zu schaffen sei „ein ganz komplizierter, aufwändiger und kostenintensiver Teil“, sagt Stöckle. Er sieht es als problematisch an, dass das Kultusministerium zwar Regelungen aufstellt, aber die Umsetzung oder die Folgemaßnahmen nicht benennt. „Da sind die Schulen in der Eigenverantwortung.“

Rektoren hoffen auf ehrliche Eltern

Am kommenden Montag, dem ersten Schultag, sollen alle Schüler ein Formular mitbringen, in dem die Eltern bescheinigen, dass das Kind gesund ist. Die Erziehungsberechtigten müssen außerdem versichern, dass sie dafür sorgen, dass ihre Kinder der Schule fernbleiben, wenn sie in Kontakt zu infizierten Personen standen und dieser noch keine 14 Tage her ist. Schüler, die innerhalb desselben Zeitraums in einem Risikogebiet waren und keinen negativen Corona-Test vorweisen können, dürfen ebenfalls nicht am Unterricht teilnehmen.

Und auch Corona-typische Symptome, wie Fieber oder trockener Husten sind ein Ausschlusskriterium – solange kein negativer Test vorliegt. „Wir hoffen auf die Ehrlichkeit der Eltern in diesen Punkten, die durch die Unterzeichnung des Formulars auch Verantwortung für die Folgen übernehmen“, sagt Stöckle.

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Die Schulen, die ihre E-Mail-Verteiler gut gepflegt haben, hatten keine Probleme, die Formulare an die Eltern weiter zu geben. Am Otto-Hahn-Gymnasium (OHG) in Ludwigsburg wurden beispielsweise auch die Elternvertreter gebeten, die Informationen zu streuen. „Eigentlich hätte man das Formular aber am besten am letzten Schultag verteilt“, sagt Matthias Hilbert, Rektor am OHG und geschäftsführende Schulleiter der Ludwigsburger Gymnasien. Er wolle keine Schelte betreiben, auch das Kultusministerium habe es derzeit nicht leicht. Aber wäre das Schreiben ein bisschen früher gekommen, hätte man eher sicherstellen können, dass am Montag möglichst wenig Kinder ohne Formular auftauchen. Hilbert geht davon aus, dass das passieren wird.

Grundschüler müssen abgeholt werden

Und diejenigen, die keine Unterschrift der Eltern vorweisen können, werden konsequent nach Hause geschickt. Das ist mit allen Ludwigsburger Schulen so abgestimmt. „Wir wollen uns nachher nicht den Vorwurf einhandeln, dass wir fahrlässig gehandelt haben“, sagt Hilbert. Sein Kollege Stöckle aus Bietigheim hat sogar die Sorge, „dass viele die Formulare vergessen werden oder die Eltern sie einfach nicht unterschreiben.“ In Bietigheim wird deshalb eine nicht ganz so harte Linie gefahren. Hat ein Kind sein Formular nicht dabei und beteuert, weder im Urlaub gewesen, noch mit infizierten Personen zusammengekommen zu sein, darf es am Unterricht teilnehmen, aber nur mit Maske und Abstand – solange das Formular fehlt. „Das Kind vergisst am nächsten Tag das Formular nicht“, glaubt Stöckle. Wenn ein Kind ehrlich sei, was er hoffe, und zugebe, dass es in einem Risikogebiet im Urlaub war, „wird es sofort nach Hause geschickt und darf erst wieder mit einem negativen Corona-Test kommen“.

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In Bietigheim hatten die Schulleiter auch darüber diskutiert, die Kinder, die vom Unterricht ausgeschlossen werden, in getrennten Räumen unterzubringen. Ein Grund für die Überlegung: Grundschüler können nicht einfach nach Hause geschickt werden, weil sie dann vielleicht vor verschlossener Tür stehen. „Wir haben uns aber dagegen entschieden, hier sind die Eltern in der Verantwortung“, sagt Stöckle. Die Eltern der Grundschulkinder werden benachrichtigt und müssen sie abholen. Kinder in Quarantäne werden mit Aufgaben versorgt, Fernunterricht wird es erst geben, wenn eine ganze Gruppe oder Klasse in Quarantäne muss. „Wir können bei Vollpräsenz nicht auch noch für einzelne Kinder Videounterricht anbieten“, so Stöckle.

Die Mensen machen Sorgen

Für die Schulen bedeutet die Vorbereitung auf das neue Schuljahr einen enormen Abstimmungsaufwand. In Bietigheim wurde auch der Gesamtelternbeirat mit einbezogen, in Ludwigsburg haben sich die Rektoren der weiterführenden Schulen in dieser Woche noch einmal mit Vertretern der Stadt getroffen, um zu beraten. „Wir haben unser Möglichstes getan und sind eigentlich ganz gut vorbereitet“, sagt Hilbert. So habe das Kultusministerium auch dafür gesorgt, dass alle Schulen mit ausreichend Desinfektionsmittel versorgt sind. Die Spender stehen an allen Eingängen der Ludwigsburger Schulen, vor den Sporthallen und den Mensen.

Letztere bereiten Hilbert und seinen Kollegen derzeit mit am meisten Sorgen. Zwar sei der Ganztag gesichert, aber der Betrieb ist dennoch eingeschränkt. Die Stadt Ludwigsburg hat den Vorschlag unterbreitet, Lunchboxen in möglichst umweltschonender Verpackung auszugeben. Hilbert hält den Vorschlag für praktikabel, am ersten Schultag wird es aber noch keine Essenspakete für die Schüler geben.