Die rund 600 Zweibeiner an der Friedensschule in Waiblingen-Neustadt hat Johnny gut erzogen: Der neunjährige Schulbegleithund arbeitet seit vier Jahren an der Gemeinschaftsschule und sorgt für gute Stimmung.

Waiblingen - Wenn in der Friedensschule in Waiblingen-Neustadt der Gong zur Pause ertönt, geht für einen die Arbeit erst so richtig los. Dann schlägt die Stunde von Johnny, dem Schulhund. Einen Ball im Maul flitzt er aus dem Rektorat, wo sein Körbchen steht, hinaus auf den langen Flur der Gemeinschaftsschule. Dass dort in der Pause ein Riesentrubel herrscht, dass er sich zwischen unzähligen Beinen durchschlängeln muss, stört den pfiffigen Terrier kein bisschen. Im Gegenteil, denn so findet sich immer jemand, der sein Lieblingsspielzeug für ihn wirft. Schließlich hat Johnny, der Dreikäsehoch auf vier Beinen, die gut 600 Zweibeiner, die sich Tag für Tag an der Friedensschule tummeln, richtig gut erzogen – Mädels und Jungs, Schüler wie Lehrer.

 

Karriere auf Umwegen

„Johnny gehört einfach zur Schulgemeinschaft, er wird schwer vermisst, wenn er mal einen Tag nicht dabei ist“, sagt die Schulleiterin Gabriele Gollnick, sein Frauchen. Dabei hat Johnnys Karriere als Schulhund völlig ungeplant und recht spät begonnen. Fünf Jahre war der freundliche Terrier alt, als er bei Gabriele Gollnick und ihrer Familie gelandet ist. „Eigentlich wollte ich ja gar keinen Hund“, sagt Gabriele Gollnick im Rückblick. Aber als sie den kleinen Kerl, der seine ersten Lebensjahre unter schlechten Umständen verbringen musste, gesehen hat, war’s um sie geschehen. „Er hatte einen schlimmen Ausschlag und kaum noch Haare“, erinnert sich Gabriele Gollnick an den Johnny von damals. Also zog Johnny bei Gollnicks ein und begann ein neues Leben.

„Ich habe mich erst informieren müssen, wie man Schulhund wird“, erzählt Gabriele Gollnick. Im Bewerbungsverfahren hatte Johnny einige Hürden zu meistern: ein Hundetrainer testete, wie er bei Stress reagiert und mit Kindern umgeht. Eine spezielle Versicherung musste her, zudem ist Johnny verpflichtet, regelmäßig eine Entwurmungspille zu schlucken. Auch die Schüler müssen wenige Regeln beachten: Sie dürfen Johnny nicht von hinten anfassen und nicht hochheben. „Das mag er nicht“, sagt Gabriele Gollnick.

Lieblingsspeise: Hühnerbeine

Seinen Vorstellungstermin in der Schulkonferenz hat Johnny mit Bravour gemeistert: die Entscheidung für ihn fiel einstimmig. Auch den Elternbeirat hat der Terrier, dessen Lieblingsspeise Hühnerbeine sind, souverän bezirzt. „Es gab schon auch Bedenken, dass er Allergien auslösen oder beißen könnte“, erinnert sich Gabriele Gollnick, „aber das Positive, das er ausstrahlt, hat die Leute erobert.“ Allergien seien bislang nie ein Thema gewesen: „Johnny hat Schweineborsten, mit denen haben Allergiker offenbar kein Problem.“ Und selbst Kinder, die in Bezug auf Hunde ängstlich sind, fassten schnell Vertrauen zu ihm.

Seit vier Jahren sei Johnny ein „Schulbegleithund“, erklärt sein Frauchen: „Er begleitet keine Klasse, seine Station ist das Rektorat. Seitdem er da ist, bekomme ich viel mehr Besuch.“ Wenn Gabriele Gollnick im Büro arbeitet oder Gespräche führt, liegt Johnny in seinem Körbchen. Sobald sie vom Tisch aufsteht, ist er im Dienst. Er begleitet die Lehrerin, die häufig erkrankte Kollegen vertritt, in die Klassen. „Dort ist es automatisch ruhiger, wenn er dabei ist“, erzählt Gollnick, die überzeugt ist von Johnnys positivem Einfluss: „Wir haben an der Schule keine auffällige Klasse. Johnny sorgt für Ruhe und eine gute Atmosphäre und er ist sofort integriert, egal, in welcher Klasse.“ Klar, dass er einen feinen Riecher für andere hat: „Er merkt, wenn es Spannungen gibt oder wenn jemand traurig ist und sucht den Kontakt.“

Spaziergang mit Hund

Wenn Gabriele Gollnick und Johnny ihre Mittagsrunde drehen, spazieren meist einige Mädchen und Jungs mit. Nebenbei erfährt die Rektorin so manches, was ihr die Schüler sonst eher nicht anvertrauen würden: „Da bin ich nicht Schulleiterin, sondern Johnnys Frauchen.“

Keine Frage – Johnny macht seinen Job richtig gut und mit vollem Einsatz. Manchmal verausgabt er sich beim Ballsport so sehr, dass Frauchen ihn bremsen muss. „Ich sage immer, er hat ADHS“, sagt Gabriele Gollnick, lacht und erzählt von einem Schüler, der über diese Information sehr erfreut war: „Oh, gut, das hab’ ich auch.“