Ein Handyverbot an Schulen ist umstritten. Die Grünen-Landtagsabgeordneten Nadyne Saint-Cast und Swantje Sperling haben sich beim Besuch einer Grundschule in Leutenbach dazu geäußert.

Volontäre: Felix Mahler (fma)

Die Augen werden groß bei den Viertklässlern der Grundschule Weiler zum Stein (Rems-Murr-Kreis). Der Grund: eine Wissensabfrage. Allerdings keine, die einem Kurztest gleichkommen würde, auf dem Papier oder an der Tafel. Die Kinder dürfen nun eine Runde „Kahoot!“ spielen. Über die spielebasierte Lernplattform lassen sich Quizze erstellen. So klicken sich die Schüler auf ihren bereitgestellten iPads durch 16 Fragen zum Thema Herbst. Am Ende gibt es eine Siegerehrung – die besten drei Schüler sehen ihre Namen projiziert auf der Wand.

 

Es sei aber natürlich nicht der Fall, dass die Kinder ständig das Tablet in der Hand hätten, erklärt Rektor Klaus Maier. Gerade „Kahoot!“ zur Lerndiagnostik oder mal etwas zu recherchieren, sei aber drin. Oder auch ganz Grundlegendes wie das Einrichten von Benutzername und Passwort, was für viele Kinder noch fremd ist – „ wir versuchen, solche Dinge einfach zu vermitteln“.

Die Grundschule ist technisch gut ausgestattet

In allen Klassenzimmern gibt es Beamer, es gibt reichlich iPads für die Schüler und Lehrkräfte und auch überall WLAN. „Da sind wir wirklich sehr, sehr gut ausgestattet, muss man sagen“, freut sich Maier. Sein Dank geht auch an die Gemeinde. Dazu ist die Grundschule im Förderprogramm „Lernen mit Rückenwind“. Weitere Hilfsmittel sind die Lern-App „Anton“, die Leseförderung „Antolin“ oder die Lernstandserhebung mit „quop“, berichtet Konrektor Michael Karle.

Landtagsabgeordnete der Grünen zu Besuch

„Super, guten Job gemacht“, lobt Nadyne Saint-Cast, Abgeordnete der Grünen im Landtag Baden-Württemberg. Die Sprecherin für Grundschulen reiste auf Einladung von Swantje Sperling aus ihrem Wahlkreis in Freiburg an. Die 42-Jährige ist ebenfalls Landtagsabgeordnete der Grünen, für den Wahlkreis Waiblingen zuständig. Zusammen besuchten sie die Grundschule in Weiler zum Stein – die Nadyne Saint-Cast als Vorzeigeschule bezeichnete. Die zwei hospitierten in einer zweiten und vierten Klasse und setzten sich mit Akteuren aus der Gemeinde Leutenbach an den Tisch.

Iris Lanwer und Marcus Lenz (beide Gemeinderat Leutenbach, Grüne), Nadyne Saint-Cast, Swantje Sperling, Klaus Maier und Michael Karle (von links). Foto: Felix Mahler/Swantje Sperling

Wichtige Themen sind die Medienschulung und der allgemeine Umgang mit Handys und sozialen Medien – auch an Schulen. In Weiler zum Stein ist das klar geregelt: „In der Schule ist es nicht gestattet. Das haben wir jetzt auch mit den Rektoren im Ort so vereinbart. Es ist wichtig, dass es einheitlich ist“, sagt Karle. Die Rektoren gehen davon aus, dass die Dritt- und Viertklässler zu Hause fast alle ein Handy haben. In der Grundschule werden diese nicht akzeptiert.

Handyverbot für Grundschulen und Unterstufen empfohlen

Nadyne Saint-Cast bekräftigt: „Das haben wir jetzt in der Schulgesetzänderung auch noch mal deutlich klargemacht, dass wir in der Grundschule weder Smartphones, Handys noch Digital Devices empfehlen und den Schulen dann auch den rechtlichen Boden bereiten, dass sie ein scharfes Verbot umsetzen können.“ Da es sich in der operativen Umsetzung de facto nicht wirklich durchsetzen ließe, spreche man als Bundesland kein ganz klares Handyverbot aus, erklärt die 46-Jährige.

Das Ziel sei eine altersentsprechende Handynutzung an den Schulen und die Entwicklung eigener Konzepte. Für die Grundschule und auch die Unterstufe mit der fünften und sechsten Klasse wird ein Handyverbot empfohlen. Parallel dazu finde eine massive Stärkung der Medienbildung statt. Diese „haben wir jetzt von der Fünften bis zum Ende der Schulzeit in allen Schularten verpflichtend integriert“, so Saint-Cast.

Handy- und Social-Media-Verbote an Schulen sind bestimmende Themen. Foto: imago/Wolfgang Maria Weber

Gesetzgebung hinkt der technischen Entwicklungen hinterher

Den Blick richtet die Mutter dreier Jungen aber auch auf die Gesamtgesellschaft, es sei nicht nur die Aufgabe der Eltern und Lehrkräfte. Sperling sieht den „Wandel unserer Kommunikationslandschaft“. Aspekte wie die Schwierigkeit, verlässliche Informationen auszumachen, die Berieselung durch schnelle Bildabfolgen wie bei „TikTok“ oder große Tech-Konzerne, die im Kern inzwischen wie Staaten sind, führten zu einer gereizteren Gesellschaft. Man bemerke auch schon, dass die Lesefähigkeit zurückgeht, beispielsweise durch die Zeichenbegrenzung auf den Social-Media-Plattformen. Es gehe vor allem um das Erlernen eines guten Umgangs statt um das Wegnehmen von Handys. Das Themenfeld der Medienbildung sei omnipräsent und ist den beiden Landtagsabgeordneten sichtlich wichtig. Ein, wenn nicht das Problem beschreibt die Waiblinger Landtagsabgeordnete prägnant: „In diesem Bereich hinkt die Gesetzgebung immer den technischen Entwicklungen hinterher.“

Saint-Cast ist es wichtig, dass die Schule „vom Lern- zum Lebensort“ wird. Hierfür wird in Weiler zum Stein einiges geboten: Ein großer Schulhof, eine freundlich eingerichtete Bücherei und die Betreuung bis hin zum Anpflanzen und Ernten von Kartoffeln. Das ist prägend für die Schüler, denn der Start sei total wichtig, sagt Sperling: „Sie legen den Grundstein, wie Lernen gelebt oder gemocht wird.“