Die Bundesregierung gerät wegen der hohen Schulden und der Krise des größten Staatskonzerns weiter unter Druck. Auch im Aufsichtsrat nehmen die Spannungen zu. Jetzt wurden die umstrittenen Verträge mit Ex-Managern gestoppt

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG hat umstrittene Beraterverträge mit Ex-Managern und Politikern „ab sofort grundsätzlich untersagt“. Das teilte der Staatskonzern nach einer Sitzung des Kontrollgremiums am Mittwochabend mit. Der Aufsichtsrat beriet zuvor über eine umfangreiche Untersuchung von Beraterverträgen, die ehemalige Topmanager des Konzerns in den Jahren von 2010 bis 2018 ohne Beteiligung des Aufsichtsrates erhalten hatten.

 

Die Prüfung habe das Thema „umfassend aufgeklärt“, erklärte Aufsichtsratschef Michael Odenwald nach der Sitzung. Und weiter: „Die Praxis der Vergangenheit wird abgestellt.“ Der Konzern-Aufsichtsrat werde keinen der Verträge, die in seiner Zuständigkeit liegen, nachträglich genehmigen, so Odenwald. Für Fälle, bei denen DB-Tochterfirmen betroffen sind, solle ebenso verfahren werden. Die Berater-Affäre hat erheblichen politischen Wirbel ausgelöst. In die Kritik geriet auch DB-Chef Richard Lutz, lange Jahre Finanzvorstand des Konzerns.

Keine Vorwürfe gegen Ex-DB-Chef Rüdiger Grube

Nur in einem Fall will der Aufsichtsrat „rechtliche Schritte“ einleiten. Hier seien „Rückforderungen geboten“. Nach Informationen unserer Redaktion geht es um den Beratervertrag für einen ehemaligen Vorstand der DB-Speditionstochter Schenker, wo kaum Gegenleistung erkennbar sei. Der Konzern beauftragte Anfang Juni die Wirtschaftsprüfer Ernst & Young, auffällige Verträge zu untersuchen. Zuvor hatte der Bundesrechnungshof nachgeforscht, nachdem bekannt wurde, dass der Staatskonzern für Beratungsfirmen in wenigen Jahren mehr als 500 Millionen Euro ausgegeben hat.

Dabei kam auch heraus, dass einzelne Ex-Manager und hochrangige Politiker lukrative Beraterverträge bekamen, teils mit sechsstelligen Jahreshonoraren, am Aufsichtsrat vorbei und mit zunächst unklarer Gegenleistung. Nach einer Sondersitzung im Sommer ließ der DB-Aufsichtsrat verlauten, dass insgesamt 26 Verträge geprüft würden, betroffen seien auch drei ehemalige Vorstände. Gegen Ex-DB-Chef Rüdiger Grube und Ex-Vorstand Ulrich Homburg würden keine Vorwürfe erhoben, berichtete die Agentur Reuters vorige Woche unter Verweis auf den vertraulichen Bericht des DB-Rechtsausschusses.

Beraterkontrakt gestoppt

Pflichtwidrig habe demnach aber der amtierende DB-Vorstand Berthold Huber gehandelt, der den Vertrag mit seinem Vorgänger Homburg unterschrieben und nicht dem Aufsichtsrat vorgelegt habe. Laut Reuters flossen fast eine Million Euro an Homburg, dessen Vorstandsvertrag am 31. Juli 2015 bei der DB auslief und der sogleich als DB-Berater weiter aktiv gewesen sei. Der Beraterkontrakt wäre demnach noch bis Ende 2019 gelaufen, sei aber nach Bekanntwerden der Affäre gestoppt worden.

Der Aufsichtsrat hat zudem die Aufnahme eines weiteren Milliardenkredits beschlossen, um die Finanznot zu lindern. Bis zu zwei Milliarden Euro sollen als Hybridanleihe am Kapitalmarkt aufgenommen werden, wie unserer Zeitung bestätigt wurde. Diese Form einer eigenkapitalähnlichen Finanzierung habe unter anderem den Vorteil, dass sie nur zur Hälfte auf die Schuldenquote durchschlage, hieß es zuvor in Konzernkreisen.

In der Mittelfristplanung des Staatskonzerns klaffen bereits riesige Finanzlöcher. Der Bundesrechnungshof (BRH) beziffert in einem aktuellen Sonderbericht an den Bundestag den Finanzbedarf der DB allein für 2019 auf mindestens 2,8 Milliarden Euro. Die festgelegte Schuldengrenze sei bereits zur Jahresmitte überschritten worden, die Regierung habe die nötige Neuausrichtung versäumt. Der Staatskonzern wies parallel zum Beginn der Aufsichtsratssitzung die Kritik der unabhängigen Finanzkontrolleure jedoch scharf zurück.

Verkauf der britischen Tochter Arriva

Die 20 DB-Aufsichtsräte hatten in ihrer Marathonsitzung zahlreiche weitere Probleme zu verhandeln. Darunter der eingeleitete Verkauf der britischen Tochter Arriva mit mehr als 50 000 Beschäftigten, der mehrere Milliarden Euro bringen soll, aber nicht so schnell vorankommt wie erhofft.