Die gute Nachricht: In Stadt und Region Stuttgart sinken die Prozentzahlen der Erwachsenen, die dauerhaft mehr Schulden als Einkünfte haben. Der Großraum Stuttgart setzt sich damit von der Entwicklung in Bund und Land ein wenig ab.

Stuttgart - An der Schuldenfront hat sich die Lage in Stadt und Region Stuttgart im Jahr 2018 nach neuesten Erkenntnissen entspannt. Im Gegensatz zum Bund und zum Land ging die Überschuldung der Menschen hier erneut merklich zurück – wie schon im Vorjahr. Mit einem Anteil von 8,18 Prozent von allen Erwachsenen liegt die regionale Quote der Überschuldeten erstmals seit 2010 wieder unter der Quote in Baden-Württemberg , die im vergangenen Jahr mit 8,31 Prozent ermittelt wurde. Nach wie vor ist aber etwa einer von zwölf Erwachsenen überschuldet.

 

In Stuttgart ist die Lage, was den Großstadtverhältnissen und auch der Wohnungssituation geschuldet sein dürfte, mit 10,14 Prozent deutlich schwieriger. Jedoch sei gerade hier der Rückgang der Überschuldung so stark gewesen wie in keinem der anderen 43 Land- und Stadtkreise in Baden-Württemberg, sagte am Montag Thomas Schlegel, Geschäftsführer der Wirtschaftsauskunftei Creditreform Stuttgart, als er den Schuldenatlas 2018 für die Region vorstellte.

Leichte Abnahme auch im Landkreis Göppingen

Die Menschen im Großraum Stuttgart hätten die gute Job- und Einkommenssituation offenbar nützen können, um der Überschuldung entgegenzuwirken. In der Region sank die Gesamtzahl der Überschuldeten um rund 2500 Personen (1,3 Prozent) auf 187 347. Die Zahl der drastisch überschuldeten Menschen ging sogar um 3366 auf 112 889 Menschen zurück. Bei den weniger schlimm Betroffenen gab es im Saldo einen Zuwachs von 878 auf 74 458 Personen. Unterm Strich seien die Verbesserungen merklich und erfreulich, hieß es, verglichen mit dem Jahr 2008 – als eine Wirtschaftskrise heraufzog – gebe es aber nach wie vor fast 25 000 Überschuldungsfälle mehr.

Im nunmehr achten Schuldenatlas ist auch für den Landkreis Göppingen – anders als im Vorjahr – eine leichte Abnahme verzeichnet: um 0,04 Punkte auf 8,48 Prozent der Erwachsenen. Im Kreis Böblingen ging die Quote um 0,11 Punkte auf 6,85 Prozent zurück, im Kreis Esslingen ebenfalls um 0,11 Punkte auf 7,29 Prozent, im Kreis Ludwigsburg um 0,12 Punkte auf 7,63 Prozent und im Rems-Murr-Kreis um 0,15 Punkte auf 8,04 Prozent.

In Stuttgart fiel die Zahl der betroffenen Personen um 2,8 Prozent oder 1573 Personen auf 53 790, was den Anteil an der gesamten erwachsenen Bevölkerung um 0,36 Punkte auf 10,14 Prozent fallen ließ. In einigen Bezirken, darunter Brennpunkte, ging die Quote deutlich zurück: in Stuttgart-Mitte um 0,82 Punkte, in Bad Cannstatt um 0,64 Punkte, in Feuerbach um 0,62 Punkte, in Wangen um 0,5 Punkte. Dort gab es 2018 in absoluten Zahlen aber die meisten Fälle: 8002.

Überschuldung eher ein Männerproblem

Nur im Bezirk Münster (+0,10 Punkte) sei die Quote leicht gestiegen, sagte Thomas Schlegel von Creditreform. Auffällig war darüberhinaus die Entwicklung in Untertürkheim. Hier stieg die Zahl der stark überschuldeten Erwachsenen um fünf Prozent von 982 auf 1031 Personen an. Bei den weniger heftigen Fällen gab es aber einen Rückgang um 6,8 Prozent. Die Ursachen sind unklar. Vielleicht sind gerade hier einige bisher wenig überschuldete Menschen in schlimmere Probleme geraten.

Obwohl sich die Hinweise auf die Abschwächung der Wirtschaftskonjunktur mehren, will Thomas Schlegel nicht schwarzmalen. Er sehe 2019 für die Region „weiter positive Möglichkeiten“, was die Wirtschaft und die Entschuldung der Privathaushalte angeht. Aber natürlich gebe es, Stichwort Elektromobilität, Fragezeichen, was den Automobilstandort und den zukünftigen Arbeitskräftebedarf angehe.

Nach wie vor ist die Überschuldung eher ein Männerproblem als ein Frauenproblem. Die Quote der erwachsenen Männer, die betroffen sind, sank in der Region aber etwas stärker als die bei den Frauen und beläuft sich nun auf 10,51 Prozent. Bei den Frauen waren es zum 1. Oktober fast unverändert 5,73 Prozent. Bei den unter 30-Jährigen ging die Verschuldung von 7,26 auf 6,88 Prozent zurück, bei der Gruppe der 40- bis 49-Jährigen stieg sie ebenso wie bei den über 70-Jährigen. Bei den Senioren beträgt die Quote nun 2,74 Prozent. Das scheint wenig zu sein. Allerdings: Vielleicht würden von manchen Jahrgängen mehr hoch verschuldete Menschen in den Ruhestand gehen, als es bei den jetzigen Seniorenjahrgängen der Fall war, meinte Thomas Schlegel. Korrigieren könne man das im Alter, mangels Aufstiegsmöglichkeiten im Beruf, schwerer.

In Bund und Land stagnieren die Verschuldungsquoten

Zum Vergleich: Die Schuldnerquote in Deutschland betrug 2018 genau 10,04 Prozent. Das entspricht 6,93 Millionen Menschen in knapp 3,5 Millionen Haushalten. Die Quoten in Bund und Land blieben 2018 unverändert, wegen Zuzügen gab es aber mehr Überschuldungsfälle. Als überschuldet gilt, wer dauerhaft mehr ausgibt, als er Einkommen hat, und wenn er seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann. Anzeichen dafür können Anträge auf Restschuldbefreiung, Inkassofälle oder Rechtsstreitigkeiten sein. Unter den Begriff Überschuldung fällt nicht, wer stattliche Darlehen für den Wohnungskauf aufnahm und die Raten bedienen kann.