Dax und Euro reagieren entspannt auf den portugiesischen Hilferuf. An den Märkten und in der Politik geht der Blick nun nach Spanien.    

Brüssel/Berlin/Frankfurt  - Portugal will in Kürze offiziell seinen Antrag auf Finanzhilfe stellen. Ganz überraschend kommt dieser Schritt nicht. Entsprechend unaufgeregt regieren EU-Kommission, die Finanzmärkte und das politische Berlin.

 

Brüssel

Sobald der Hilfsantrag formal bei der EU-Kommission eingegangen ist, wird der Automatismus in Gang gesetzt, den die Finanzminister vergangenes Jahr vereinbart haben. Sie werden bei ihrem Treffen am Freitag und Samstag bei Budapest von den Brüsseler Finanzexperten eine erste Bewertung des portugiesischen Antrags hören. Sie werden einem EU-Diplomaten zufolge noch dort beschließen, eine Delegation von Vertretern der Kommission, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds nach Lissabon zu entsenden.

Aus dem Umfeld von Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker, dem Luxemburger Premier, hieß es, die Minister könnten schon am Freitag einen groben Finanzrahmen festlegen. Juncker selbst hatte vor zwei Wochen die Summe von 75 Milliarden Euro genannt. Als zeitliches Ziel für die Zahlungen gab der Luxemburger Diplomat Ende Mai an. Dies hat zwei Gründe: Einerseits braucht Portugal im Juni neues Geld, das es an den Finanzmärkten nur mit extrem hohen Risikoaufschlägen bekäme.

Andererseits sollen Portugals Wähler das Strukturanpassungsprogramm kennen, dessen harte Sparauflagen Voraussetzung für die Hilfsmilliarden sind, wenn sie Anfang Juni ein neues Parlament bestimmen. Dass bis dahin eine demokratisch nicht mehr legitimierte Übergangsregierung die Verhandlungen mit Brüssel führt, sieht EU-Währungskommissar Olli Rehn nicht als Problem an. "Wenn die portugiesischen Behörden mit uns reden", so sein Sprecher, "gehen wir davon aus, dass sie ermächtigt sind, dies zu tun."

Außerdem habe die größte Oppositionspartei Unterstützung für den Hilfsantrag signalisiert. Bei der Eurogruppensitzung Mitte Mai soll ein fertiges Strukturanpassungsprogramm für Portugal auf dem Tisch liegen und gebilligt werden. Elemente des vierten portugiesischen Sparprogramms, über das die Regierung von José Sícrates gestürzt war, "bleiben dabei relevant", ergänzte Rehns Sprecher.

Auch Spanien galt schon als Wackelkandidat

Berlin

Die Bundesregierung hat erleichtert auf die Ankündigung Portugals reagiert. "Das portugiesische Ersuchen um finanzielle Hilfe ist angesichts der wirtschaftlichen und finanziellen Lage des Landes ein vernünftiger und notwendiger Schritt", sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in Berlin. Er zeigte sich erfreut, dass die Finanzmärkte die Signale aus Lissabon gelassen aufnahmen. Hinter den Kulissen hatte die Bundesregierung seit Monaten versucht, Portugal zu diesem Schritt zu bewegen. Damit soll die Unsicherheit an den Finanzmärkten beseitigt werden.

Nach Schäubles Meinung werden durch die Hilfen für Portugal auch Zweifel beseitigt, die Schuldenkrise könne sich in Südeuropa ausweiten. So war häufig auch Spanien als Wackelkandidat genannt worden. Schäuble sieht dort bemerkenswerte Fortschritte bei der Etatsanierung. Auch die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute sind der Meinung, Spanien sei mit Portugal nicht vergleichbar.

Die spanische Wirtschaft sei weitaus besser aufgestellt, sagte der Konjunkturforscher Roland Döhrn bei der Vorstellung des Frühjahrsgutachtens. Vertreter der schwarz-gelben Koalition kündigten an, sie würden den Hilfen für Portugal im Bundestag zustimmen. Doch sei die genaue Höhe noch offen. Der CDU-Haushaltspolitiker Norbert Barthle sagte, Portugal müsse strikte Sparauflagen erfüllen.

Frankfurt

Der Hilfsantrag von Portugal war für die Experten an den Kapitalmärkten nur eine Frage der Zeit. Entsprechend gelassen reagierten die professionellen Anleger daher auch auf die Nachricht aus Lissabon. Der Deutsche Aktienindex wurde kaum beeinflusst, und auch der Eurokurs reagierte nicht etwa mit einer Abwärtsbewegung, sondern hielt sich zumindest in der Nähe des 15-Monats-Hochs, das er am Mittwoch mit knapp 1,435 Dollar erreicht hatte.

In Portugal selbst konnten die dortigen Banken sogar profitieren, weil sie nun damit rechnen können, dass ihnen die Regierung im Notfall mit dem EU-Geld unter die Arme greifen könnte. Dennoch ist die europäische Schuldenkrise an den Finanzmärkten noch immer ein Thema. Jetzt konzentrieren sich die Spekulationen auf Spanien, das als nächstes Land in finanzielle Bedrängnis geraten könnte.

Allerdings versichert die Regierung in Madrid, dass die wirtschaftliche Situation des Landes nicht mit der in Portugal zu vergleichen sei und man dies aus eigener Kraft schaffen werde. Diese Ansicht setzt sich auch bei den Analysten zunehmend durch. Und am Kapitalmarkt wurde eine spanische Anleihe über gut 4,1 Milliarden Euro gestern gut aufgenommen, obwohl der Zinssatz dafür mit knapp 3,7 Prozent niedriger lag als bei den vorherigen Ausgaben.