Bei jedem zwölften Einwohner im Kreis übersteigen die Ausgaben dauerhaft die Einnahmen. Je nach Kommune ist die Situation sehr unterschiedlich: Wo die meisten, wo die wenigsten überschuldeten Menschen leben, das zeigt der Schuldneratlas.

Rems-Murr-Kreis - Die Stadt Waiblingen ist die rote Laterne los: Die Kreisstadt ist nicht mehr die Kommune mit dem höchsten Anteil an überschuldeten Einwohnern. Die wenig begehrte Spitzenposition nimmt nun die nordöstlichste Kreisgemeinde Großerlach ein. Ein kräftiger Ausreißer in der Farblehre des Schuldneratlas, in dem die orangefarben und rötlich markierten Bereiche mit mehr als zehn Prozent Überschuldeten in der Regel städtischen Gebieten vorbehalten sind.

 

Wie in den vergangenen Jahren ist auch im Jahr 2017 die Zahl der überschuldeten Haushalte im Rems-Murr-Kreis leicht angestiegen. Laut der von der Creditreform alljährlich für den Schuldneratlas erhobenen Daten, gelten 28 471 Personen im Kreis als überschuldet, das sind 379 mehr als im Vorjahr. Angesichts der noch stärker angewachsenen Bevölkerungszahl ist die Schuldnerquote trotzdem leicht gesunken – von 8,4 Prozent in 2016 auf 8,2 Prozent im vergangenen Jahr. Bei gut 18 500 Kreisbewohnern konstatieren die Statistiker eine „hohe Überschuldungsintensität“, bei fast 10 000 Menschen eine geringe.

Großerlach hat die höchste Schuldnerquote

Im Landkreis hat sich Großerlach mit gut 2500 Einwohnern den Schuldnertitel mit einer Quote von 11,66 Prozent an überschuldeten Bewohnern gesichert. Insgesamt handelt es sich in der Kommune aber nur um 250 Menschen mit übermäßigen Schulden, was 23 mehr sind als im Vorjahr. Dies entspricht trotzdem – auch das ist ein kreisweiter Rekordwert – einem Anstieg der örtlichen Quote um knapp ein Prozent. Über zehn Prozent liegen bei der Schuldnerquote im Kreis neben Großerlach nur die Städte Fellbach (10,4), Backnang (10,5), Murrhardt (10,8) und Waiblingen (11,2).

„Wir waren schon immer vorne mit dabei, was das angeht“, sagt der Großerlacher Bürgermeister Christoph Jäger zum eher unrühmlichen Kreistitel. Der Grund sei ein ziemlich einfacher: In der Kommune gebe es unter anderem mit der Obdachloseneinrichtung Erlacher Höhe und diversen anderen Pflegeeinrichtungen eine besondere Situation, die eben zu einem großen Anteil an Menschen mit Schulden führe.

Auch bei der Altersstruktur nehme man regelmäßig eine Sonderposition ein. Jäger: „Es gab Zeiten, da waren bei uns knapp 20 Prozent der Bevölkerung Bewohner von Pflegeeinrichtungen.“ Was ansonsten die klassischen Bereiche der Bevölkerung angehe, bewege sich die Struktur auch im Schuldenbereich im oberen Mittelfeld.

Die wenigsten überschuldeten Bewohner im Kreis weist nach wie vor Alfdorf im äußersten Osten auf. Dort liegt die Quote bei lediglich 5,4 Prozent. Knapp unter sechs Prozent bleiben außerdem auch Allmersbach und Weissach im Tal. An die Rekordwerte in der Region reicht dies aber noch längst nicht heran. Da liegen die Gemeinden Altdorf (Kreis Esslingen) und Deckenpfronn (Kreis Böblingen) mit jeweils nur 3,6 Prozent an Überschuldeten gemeinsam an der Spitze.

Langfristiger Trend zeigt stetig nach oben

In der Region Stuttgart liegt die Zahl der Überschuldeten laut den aktuellen Zahlen bei knapp 190 000, die Schuldnerquote ist binnen Jahresfrist um 0,2 Punkte auf 8,4 Prozent gesunken. Während in fast allen Kreisen die Quote gegenüber dem Vorjahr 2016 leicht zurückgegangen ist, weist die längerfristige Tendenz überall nach oben. Seit 2004 ist zum Beispiel im Rems-Murr-Kreis die Quote von einst 7,0 auf nunmehr 8,2 geklettert. Im Kreis Göppingen liegt der Quotenzuwachs in jenem Zeitraum bei 1,7 Prozentpunkten und in Stuttgart trotz einer aktuellen Verringerung um 0,6 Punkte im langfristigen Vergleich sogar bei plus 2,2 Prozentpunkten.

Laut Schuldnerberatung sind in Region und Kreis zunehmend ältere Menschen von Überschuldung betroffen. Der Grund seien niedrige Renten und verstärkte Kreditvergaben an ältere Menschen. Das Risiko, sich stark zu verschulden, bestehe sonst vor allem im Falle von Arbeitslosigkeit und bei Alleinerziehenden.