Eine Schule nur für Mädchen? Das klingt nach vorletztem Jahrhundert. Und aus jener Zeit stammt die Schloss-Realschule für Mädchen im Stuttgarter Westen auch tatsächlich. Heute ist sie die letzte öffentliche Mädchenschule in Baden-Württemberg und wirft die Frage auf: Braucht man so etwas heute noch?

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

S-West - Eine Schule nur für Mädchen? Das klingt nach vorletztem Jahrhundert, als das Bürgertum begann, seinen Töchtern etwas Bildung angedeihen zu lassen – als intellektuelle Aussteuer gewissermaßen. Und aus jener Zeit stammt die Schloss-Realschule für Mädchen im Stuttgarter Westen auch tatsächlich. Die städtische Mädchenmittelschule, wie sie damals hieß, wurde im April 1860 mit 151 Schülerinnen eröffnet. Heute ist sie die letzte öffentliche Mädchenschule in Baden-Württemberg und wirft die Frage auf: Braucht man so etwas heute noch?

 

So groß sei der Unterschied zu anderen Schulen gar nicht, sagt Schulleiterin Martina Barnert. „Wir sind eine ganz normale Schule, nur haben wir hier weniger Zerstörung und Gewalt.“ Natürlich sind nicht immer alle Mädchen artig: „Wir haben auch schon ein paar lustige Damen hier gehabt.“ Keilereien auf dem Schulhof kämen aber nicht vor. Mädchen trügen Streit anders aus als Jungen – nicht unbedingt harmloser. „Da geht viel hintenrum“, auch über Internetplattformen wie Facebook, das könne in Mobbing ausarten. Man nehme das Thema sehr ernst.

Das Vorurteil, auf eine Mädchenschule gingen hauptsächlich muslimische Mädchen, weil ihre Eltern das so wollten, wird von der Statistik entkräftet: Nicht einmal die Hälfte der Mädchen hat Migrationshintergrund. Die Fächer und der Lehrplan seien dieselben wie an anderen Schulen. „Die Mädchen sind nicht abgeschottet wie im Internat“, so die Schulleiterin. Beim Sport, in der Theater AG oder in der Freizeit hätten sie ganz normal Umgang mit Jungs.

Und doch käme es vielen Mädchen zugute, dass sie an der Schule unter sich seien. „Jungen sind im Unterricht oft auffälliger. Sie sind lauter, sie stören den Unterricht häufiger und bekommen deshalb mehr Aufmerksamkeit als Mädchen.“ Das brave Geschlecht gehe dabei ein bisschen unter.