Wie Schule früher war, zeigt in Hemmingen der ortsgeschichtliche Verein. Ehemalige Schülerinnen und Schüler erinnern sich bestens an ihre Schulzeit in den 50er- und 60er-Jahren.

Einiges eingesteckt haben die Schülerinnen und Schüler in den 1950er und 1960er Jahren. In Hemmingen ist derzeit im Etterhof die Ausstellung „Griffel, Fibel, Ranzen und mehr“ zu sehen. Die Schau zeigt, wie Schule in Hemmingen früher war – und was ehemalige Schülerinnen und Schüler am Rande der Schau von damals erzählen, vor allem von ihren Lehrern, hat es in sich.

 

Acht oder neun Jahre Volksschule

Die Schulzeit sei schön gewesen, darin sind sich die sechs Frauen und Männer einig, zumal sie mit ihren Klassenkameraden auch ihre Freizeit verbracht, Blödsinn getrieben haben. Der Zusammenhalt sei gut gewesen. Otto Honeck (76), Werner Marquardt (72), Birgit Schneider (76), Esther Krauss (63), Erika Tullius (72) und Walter Strecker (70) besuchten bis zum Abschluss acht beziehungsweise neun Jahre lang die Volksschule.

Er habe mit 25 Kindern die Schulbank gedrückt, insgesamt zehn Mädchen und 16 Jungen, erinnert sich Otto Honeck. Mit Letzteren habe er nach der Schule auf dem Sportplatz ums Eck „eine Runde gekickt, das war toll“. Oder auch mal Kirschen geklaut. Ein Lehrer – früher unterrichteten fast nur Männer – habe gern vom Krieg erzählt. „Da ging die Stunde ruckzuck rum“, sagt Otto Honeck und lacht. Es sei aber auch die Kreide durchs Klassenzimmer geflogen, wenn Kinder sich nicht so verhielten, wie die Lehrer es erwarteten.

„Wir waren nicht brav und die Lehrer Autoritätspersonen“

Überhaupt schien jeder Lehrer seine eigene Methode gehabt zu haben, um Schüler zu bestrafen. „Wir haben den Geigenbogen auf den Kopf gekriegt“, berichtet Birgit Schneider – die Seite aus Holz, nicht die mit den Haaren. In den Werkräumen im Schulgebäude in der Eberdinger Straße – es wurde anno 1957 eingeweiht und ersetzte die zwei vorhandenen Schulgebäude – hätten die Schüler die kaputten Geigenbögen repariert, sagt Otto Honeck – der auch erzählt, Lehrer hätten Schülern die Ohren rumgedreht und sie durchs Schulhaus gezerrt, sie an den Haaren gepackt oder Strafarbeiten über fünf Seiten schreiben lassen, die den Nachmittag gekostet hätten. „Wir waren nicht brav und die Lehrer Autoritätspersonen“, sagt Erika Tullius.

Die Lehrer hätten das Sagen gehabt – und von den Eltern stets Rückendeckung. Ärger und Strafen haben die Kinder zuhause bewusst verschwiegen. „Sonst hätten wir von unseren Eltern gleich noch mal eine gewischt bekommen“, sagt Werner Marquardt. Mütter und Väter seien davon ausgegangen, dass ein Lehrer aus gutem Grund bestraft. Freilich, ein Geigenbogen auf dem Kopf habe schon wehgetan, meint Birgit Schneider. „Aber das hat uns nichts ausgemacht. Wir waren alle nicht zimperlich.“ Otto Honeck beschreibt sich, seine Mitschüler, Freunde als „lebendig“. Im Prinzip seien die Schüler damals nicht anders gewesen, als es die Schüler heute sind. „Nur sind wir damals auf Gegenwehr gestoßen.“ Jedenfalls, heute lachen die Hemmingerinnen und Hemminger herzhaft über die Erlebnisse.

Reinhard Kubens, der Vorsitzende des ortsgeschichtlichen Vereins, hat für die Jahresausstellung im Etterhof ein Thema gesucht, das jeden anspricht und an dem sich die Bürgerinnen und Bürger unkompliziert beteiligen können. „Zur Schule ist jeder mal gegangen“, sagt Reinhard Kubens. Und freut sich, dass sich viele Leute bei der Gestaltung der Schau eingebracht haben und alte Erinnerungsstücke aus ihrer Schulzeit leihen. So gibt es in dem Museum in der Eisgasse neben Infotafeln viele Exponate zu sehen. Mittendrin steht eine alte Schulbank. Sie kam einst in der Alten Schule – erbaut im Jahr 1791 zwischen der Linde und der Laurentiuskirche – zum Einsatz. Eine Dorfschule gab es in Hemmingen vom Jahr 1559 an. Bis dato fand Unterricht in der alten Mesnerwohnung statt.

Einschulung mit Obst und Nüssen

In Vitrinen liegen Fotos, Bücher, Hefte mit schnörkeliger Schönschrift, Griffel, Handarbeiten. „Wir Mädchen lernten nähen, stricken, häkeln und kochen, die Jungen hatten Werken“, sagt Birgit Schneider. Otto Honeck schwärmt von den Lesebüchern, den Fibeln mit den „schönen Bildern“. Gut betuchte Eltern hätten die Schulbücher gekauft, die anderen geliehen. „Wir hatten immer alle Bücher im Ranzen gehabt.“

Dass es vor vielen Jahrzehnten keine Taschenrechner gab, geschweige denn Computer, sehen die ehemaligen Schülerinnen und Schüler als großen Vorteil. „Wir haben noch richtig schreiben und rechnen gelernt“, sagt Walter Strecker und denkt ans Kopfrechnen. Das kleine Einmaleins beherrschten die Kinder wie das große: aus dem FF. „Unsere Klasse war die erste, die Rechenschieber hatte“, berichtet Walter Strecker. „Eine Sensation für uns“ sei das gewesen.

Gegessen wurde daheim

Auch die Einschulung war besonders, wenngleich sie nicht ansatzweise so opulent und groß gefeiert wurde, wie das heute der Fall ist. „Wir haben eine kleine Schultüte gekriegt, da waren Obst und Nüsse drin, und nach einer Stunde war alles vorbei“, sagt Werner Marquardt. Die Eltern gingen zurück zur Arbeit, die Kinder spielten auf der Straße. Zur Schule mussten sie sogar samstags, zwei Mal pro Woche war Mittagschule. Mittag gegessen haben die Mädchen und Jungen daheim. Eine Fremdsprache zu lernen, war nicht immer selbstverständlich. „Erst die Klassen nach mir hatten Englisch“, so Strecker, der anno 1958 in die Schule kam.

Die Ausstellung im Etterhof öffnet sonntags von 14 bis 17 Uhr. Sie geht bis 29. Oktober.